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Neil Young & Crazy Horse
plus The Magic Numbers

28. Juli 2014, Mainz, Cafe Zollhafen

Down by the river – An evening with Uncle Neil

(eigentlich erwarten unsere Leser unter diesem Review das andere Bild: den Mann mit der Sonnenbrille. Aber der war nicht dabei – deshalb hier mein Versuch einer Rezension als über den Pearl Jam-Zug totaler Neil Young-Quereinsteiger ...)

Was war für den 28. Juli alle angesagt: heftigste Unwetter, Starkregen, Hagel ... die pure Apokalypse laut den zahlreichen süddeutschen Wetterwarnungen. Am Ende wurde es ein lauschiger Sommerabend am Rhein und die einzige Naturgewalt an diesem Abend: des Meisters Feedback-Orgien. Aber der Reihe nach.

Zwei Tage vor dem Konzert endlich grünes Licht: wir haben Karten. 80 Euro im VVK waren ein wenig too much, deshalb ebay sondiert und pro Karte 25 Euro gespart. Vielen Dank an die nette Nina, die leider kurzfristig aufgrund eines Meetings am nächsten Tage verzichten musste. Der Weg zu den Tickets in die Mainzer Innenstadt ist schnell gefunden, trotz leichtem Berufsverkehr, und auch von dort ist es nicht weit an den Zollhafen; Parkgelegenheiten sind reichlich vorhanden an der anderen Seite der Mole (Südmole?), ein kleiner Fußmarsch mit den Horden an Menschen mit Stirnbändern und Vintage-Shirts (The Doors mit Iron Butterfly im Vorprogramm) und schon stehen wir vor den Toren des sehr schönen Konzertareals, das sicherlich Platz für 20.000 Leute bietet. Ganz so viele sind es heute nicht, die dem Ruf des Meisters gefolgt sind, die Hälfte dürfte es aber locker sein. Der Einlass geht fix, jeder Besucher bekommt zudem ein Gratis-Shirt; "Protect" steht auf dem für die Damen, "Earth" auf dem für die Herren, zudem ein kleiner Neil Young-Schriftzug auf dem Ärmel. Nette Aktion mit einer guten Botschaft, passt irgendwie auch zu Herrn Young. Die Vorband spielt bereits, wir bewaffnen uns mit einem kühlen Bier und einer noch kühleren Bratwurst und schauen mal, was THE MAGIC NUMBERS können.

Das Quartett aus London macht seine Sache auch recht gut; Indie-Folk-Pop, wenn man denn eine Schublade suchen möchte, kompetent dargeboten. Einige Nummern gehen ganz gut ins Ohr, andere (die ruhigeren) kommen vielleicht in kleinerem Rahmen besser als auf einer großen Bühne, aber das spricht ja nicht gegen die Band. Ab und zu muss ich ein wenig an Shearwater denken, geerdeter, ohne dieses Entrückte. Auf jeden Fall erhalten The Magic Numbers mehr als Höflichkeitsapplaus, als sie nach knapp 40 Minuten die Bühne verlassen.

Aber eigentlich sind ja alle eh nur wegen Neil Young da. Die ersten süßlich duftenden Schwaden wehen während der Umbaupause zu uns rüber und Punkt fünf nach acht schlendert der Meister mit Crazy Horse auf die Bühne, einmal in Publikum gewunken, die Gretsch angeworfen und in einen kleinen Jam-Rausch gespielt. Passend zur Location eröffnet man mit "Down by the river"... Young, Gitarrist Frank Sampedro und Aushilfs-Basser Rick Rosas stehen im Halbkreis und spielen sich in Ekstase – der erste Gesangseinsatz folgt nach knapp 10 Minuten, der Schlussakkord des Openers erklingt nach genau 25 Minuten.

Fast eine halbe Stunde für den Eröffnungstrack – wer, wenn nicht der kauzige Kanadier, darf das? Das kompaktere „Powderfinger“ im Anschluss bringt die Zuhörer wieder ein wenig auf den Boden, auch hier glühen die Klampfen, schön zu sehen auf den sehr guten Videoleinwänden, die das Geschehen auf der Bühne super einfangen: nicht hektisch, schöne Aufnahmen lassen den fast in Trance versunkenen Musikern auf die Finger schauen. Anschließend muss ich setlist-technisch ein wenig aussteigen, Quereinsteiger und so halt. „Standing in the light of love“ sagt mir nichts, ist wohl ein unveröffentlichter Song, „Living with war“, auch das gleichnamige Album kenne ich nicht, genauso wenig ist mir das CSNY-Cover geläufig. Da schon eher die zwei gespielten „Ragged Glory“-Songs (nicht die offensichtlichen), von denen „Love to burn“ nach einer guten Stunde einen vorübergehenden Rock-Schlusspunkt setzt ... „Name of love“, das erwähnte Cover, leitet zu Neil Youngs-Soloteil mit einem grandiosen und emotionalen „Blowin’ in the wind“ (mit Akustikgitarre und Mundharmonika) und einem nicht minder tollen „Heart of gold“. Die Fans sind begeistert, Neil Young selbst entfleucht immer wieder ein leichtes Grinsen und als Crazy Horse zum furiosen Schlussspurt die Gitarren wieder einstöpseln, erwischt man ihn tatsächlich bei einer witzigen Ansage zum Titeltrack des letzten Albums. Nach „Psychedelic pill“ dann ein nahezu oskarreifes Finale mit einer ausschweifenden Version von „Cortez the killer“ und „Rockin’ in the free world“, das Mainz dann endgültig Kopf stehen lässt. Nach wenigen Minuten gibt es dann noch einen neuen Track, der das Motto der eingangs verteilten Gratis-Shirts noch einmal in Erinnerung ruft, ehe nach genau 135 Minuten Schluss ist.

Hammer-Auftritt einer unglaublich coolen Rocklegende: mit 68 Jahren so ein Feuerwerk abzufackeln, ohne, dass eine große Show benötigt wird – Respekt! Hier spricht einfach nur die Musik.

Eine halbe Stunde, nachdem die letzte Rückkopplung verklungen ist, darf dann schließlich auch der Himmel die Schleusen öffnen und Rheinland-Pfalz unter Wasser setzen. Was für ein Timing.


Die Setlist
Down by the river
Powderfinger
Standing in the light of love
Days that used to be
Living with war
Love to burn
Name of love (Crosby, Stills, Nash & Young Cover)
Blowin’ in the wind (Bob Dylan Cover)
Heart of gold
Barstool blues
Psychedelic pill
Cortez the killer
Rockin' in the free world
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Who’s gonna stand up and save the earth

Florian Störzer