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B. B. & The Blues Shacks

14. September 2012, Cave 54, Heidelberg

„Eigentlich bin ich ein Schnulzensänger“
(Michael Arlt)

Kennt ihr Heidelberg? Hier steht ein Schloss für die Touristen, für den „Walkalong“ bietet die Neckarstadt die längste Fußgängerzone Europas, für eine konstante Einwohnerzahl (Zuzüge) eine Uni, diverse Fakultäten, Wohlstand, für den Rock-und Bluesfan…? Nothing, Niente, Nada… Wo es den Menschen gutgeht, entsteht selten Underground, hier gibt es Klassik, schlimmer noch, Andre Rieu, bestenfalls „Enjoy Jazz“, das war‘s dann auch schon. Nix mit Enjoy.

Das Cave 54 ist auch eher eine Studentenkneipe mit Jazzanstrich, sehr atmosphärisch und unorganisiert, ein schräger Club für schräge Leute. Hier eine kleine Kostprobe unserer Ticket-Odyssee:
B.B. & The Blues Shacks sind am Neckar gestrandet, logisch, da geht‘s hin. Karten im Internet per Mail vorbestellt, keine Antwort erhalten, Konzertbeginn ist wohl ein gut gehütetes Geheimnis. Jedenfalls können wir auf der Cave-Homepage nichts entdecken, auf der Bandseite steht 20:00 Uhr. Das passt. 19:45 vor Ort, erhalten wir die Erklärung, Laden zu, weil Einlass 20:30 Uhr, Beginn 21:00 Uhr. Abhängen im Altstadt-Cafe, 20:45 Uhr wieder vorm Cave, immer noch zu, Einlass 21:10 Uhr, Beginn dann endlich 21:45 Uhr. Geschafft. Aber: schöner Laden auf zwei Etagen, sehr klein, guter Sound und ein eigenartiges Publikum, dass man sonst eher an anderen (auch komischen Plätzen) trifft und schon gar nicht bei Tageslicht. Übrigens startete vom Cave aus der berühmteste Pate der Unterhaltungsindustrie, Ticketverkäufer und Impresario Fritz Rau seine Weltkarriere.

Nun aber zur Musik: Die Blues Shacks aus Hildesheim sind eine perfekt eingespielte Band um die Brüder Michael und Andreas Arlt. Das Repertoire reicht von Blues, über Soul, Motown, Rockabilly, Rock ‘n‘ Roll zurück zum Blues. Eine reine Genreband, wie der Name vermuten lässt, sind sie nicht, wollen sie nicht sein. Sänger und Zappelphilipp Michael Arlt ist eher ein Soulshouter mit Bluesfärbung, spielt eine gnadenlose Harmonica, im Stil der großen Chicago-Southside-Musiker. Michael Arlt ist der unbestrittene Frontmann der Band, die musikalischen Fäden allerdings hat sein Bruder Andreas fest in der Hand. Der spielt alles, was du dir vorstellen kannst, die schwierigsten Läufe traumwandlerisch sicher, ein halbakustisches Solo wird zum musikalischen Höhepunkt des Abends. Andreas Arlt hat schon reichlich Preise und Nominierungen für sein großes Können eingeheimst. Dass bei mir der Funke weder im ersten noch im zweiten Set so recht springen will, liegt nicht an der ohne Zweifel hohen Kompetenz, es liegt einfach am Sound, der ist mir zu oft zu soulig. Vorrangig wird die neue CD „Come Along“ runtergespielt und das ist auch das Hauptproblem des Abends: Zündet bei mir nicht! Die Songs sind eher im Stil eines Otis Clay, Otis Redding oder auch Al Green. Clay und Green kommen diesen Abend auch zu Songehren. Eine Clarence-Gatemouth-Brown-Nummer befindet sich dicht am Original, „Funk-Soul-Blues“, komische Sache. Auch das 40er Jahre Instrumental „Shotgun Wedding“ ist über jeden technischen Zweifel erhaben, verkommt aber leider teilweise sogar zu „Gefrickel“. Unstrittiger Höhepunkt des Abends (neben dem erwähnten Solo von Andreas Arlt) ist jedoch „Sugarbaby“ keine Ahnung von wem das im Original ist, jedenfalls bläst Michael Arlt ein diabolisches Harmonicasolo im Sinne von „Divin‘ Duck Blues“ (Mississippi Fred McDowell in der Version von Livin‘ Blues). Der pustet sich auf zwei Harmonicas fast die Seele aus dem Leib, keine Frage, das Feeling ist auf jeden Fall da und die Begleitband um den freundlich grinsenden Bassisten (auch Upright) Henning Hauerken, den souveränen Schlagzeuger Bernhard Egger (spielt viel mit geschlossenen Augen) und den Organisten Dennis Koeckstadt (etwas zu viel Soloanteil, aber sehr überzeugend) wird dem erreichten Festivalstatus durchaus gerecht. Und wenn Michael Arlt etwas augenzwinkernd einräumt, dass er eigentlich ein Schnulzensänger ist, trifft das irgendwie den musikalischen Nagel auf den Blueskopf. Gute Band an einem Abend mit Hindernissen, für eine CD hat‘s nicht gereicht, dennoch, die waren den Eintrittspreis wert. Ein anderes Programm und ein zweiter Versuch wäre drin, in Alt-Heidelberg sowieso, denn hier gibt‘s ja nur…

Die Platten:
Feelin‘ Fine Today (1994)
Jive Talk, Slow Walk (1995)
Reality Show (1997)
Live at Lucerne Blues Festival (1998)
Straight Blues Big 1994 Swing: The Blues Edition (1999)
Straight Blues Big Swing: The Swing Edition (1999)
Midnight Diner (2001)
Blue Avenue (2003)
Live at Vier Linden (2006)
Unique Taste (2008)
London Days (2010)
All-Time Favorites (2011)
Come Along (2012)

Gunther Böhm

 

 

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