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Crucified Barbara + NitroDive

17. Oktober 2012, 7er Club, Mannheim

Für die einen sind es Crucified Barbara …

… für die anderen die wohl netteste Band der Welt!!!

Lange überlegten wir ... 17. Oktober 2012. Zwei Konzerte zur Auswahl an einem Mittwochabend. Crucified Barbara in Mannheim oder Overkill in Karlsruhe? Die heißen schwedischen Rockchicks oder die New Yorker Thrash Metal Legende? Die Barbaras hätten ganz klar den optischen Vorteil und würden auch näher spielen, aber Blitz & Co. sind live eine absolute Bank und hauen auf der Bühne immer alles weg. Eine der besten Livebands der Szene. So schlug das Pendel doch Richtung Overkill aus, der Finger zuckte öfters auf der Seite des Substage über dem Bestell-Button, bis dann wenige Tage vor den Gigs die E-Mail von Andreas kam: Karten gewonnen! Und nicht nur das: Meet and Greet! Ui, das ist natürlich ein Hammer. Sorry Blitz, aber der Laden in Karlsruhe wird auch ohne uns zwei voll.

Anderthalb Stunden vor Konzertbeginn sollen wir uns einfinden; natürlich ist noch niemand da, auch der Tourmanager, der warten soll, ist nicht zu sehen. Ein Mitarbeiter des 7er Clubs sieht uns am Tor, lässt uns rein und macht sich auf die Suche nach dem Verantwortlichen. Hm, was macht man bei so einem Meet and Greet? Musiker getroffen und auf ein Autogramm oder ein Foto angequatscht habe ich schon öfters... aber so etwas Organisiertes? Was redet man mit Musikern vor ihrer Show? Nerven wir die vielleicht, weil sie nur vor dem Auftritt noch ein wenig relaxen wollen anstatt gezwungen mit Preisausschreiben-Gewinnern zu quatschen? Kriegen wir ein „Hallo“, ein Autogramm und dann ab? Fragen wie diese haben wir schon vorher ein wenig diskutiert ... schauen wir mal! Wenige Augenblicke später kommt die wohl deutsche Promoterin, bringt uns in den Backstage-Bereich und Bassistin Ida begrüßt uns mit einem netten „Hi! I’m Ida!“ und einem „I love your shirt!“. Kleine Taktik, mein Hellacopters-Shirt, Landsleute der Barbaras. Frontröhre Mia trifft als nächste ein und versorgt uns mit Bier ... Nikki (Drums) und Klara (Gitarre) folgen wenige Minuten später und entschuldigen sich erst einmal für ihr zuspätkommen. Im Backstage-Bereich des 7er Clubs ist Catering aufgebaut sowie eine chillige Sofaecke und Bierbänke; laut den Mädels die größte und gemütlichste Backstage-Area, die sie auf dieser Tour haben. Wir nehmen auf den Bierbänken Platz; die vier sind bestens gelaunt, und alle unsere Bedenken über Meet and Greets innerhalb weniger Augenblicke weggefegt; auf der Bühne geben sie sich gerne als „Bad girls“, abseits der Bretter sind alle vier wahnsinnig nett (und sehen „in natura“ noch besser aus als auf den Plattencovern oder in den Bühnenoufits!), nehmen sich Zeit für Ihre beiden Fans und erwecken in keiner Sekunde den Eindruck, sie hätten keinen Bock darauf oder so ... im Gegenteil, eine gute Stunde trinken wir Bier und reden über Musik, in erster Linie über alle möglichen schwedischen Bands, oder lauschen ihren witzigen Tour- oder Festival-Anekdoten, die meistens etwas mit Mia und Alkohol zu tun haben, oder mit dem Rock Hard Festival. Oder mit beidem. Kurz vor halb acht signalisiert Tourmanager Magnus leider schon das Ende ... natürlich muss noch ein bisschen „Fan-Stuff“ sein, Alben signieren, Fotos machen und so, bevor wir durch einen Seiteneingang in die Halle dürfen und die Band sich noch ein bisschen stärken kann vor dem Gig. Schon jetzt bin ich heilfroh, hier zu sein... haben die vier doch auch erzählt, nicht von der Musik leben zu können und sich z.B. mit Kellnern in Stockholm über Wasser zu halten. Da wir ja umsonst reingekommen sind, ist für mich klar, nach der Show irgendwas am Merchstand mitzunehmen, um die Mädels ein bisschen zu supporten. Leider schaffe ich es nicht mehr, per SMS noch die daheim gebliebenen Freunde zu mobilisieren, rüberzukommen ... alle haben irgendwelche Ausreden parat ...

Dann ist mal Zeit für Musik. NITRODIVE aus Schweden dürfen den Anheizer machen. Das Trio spielt Punkrock, leider noch vor einer relativ leeren Halle, so dass leider einige der Ansagen des Frontmanns, z.B. nach ein bisschen Pogo, weitestgehend ignoriert werden; aber gut ankommen tut der Sound des Dreiers dennoch. Ist ihnen auch zu gönnen, denn sie spielen mit viel Spaß und Enthusiasmus, haben mit ihren lustigen Ansagen den einen oder anderen Lacher auf ihrer Seite und auch den einen oder anderen kleinen Hit im Repertoire. Ob es für die ganz große Karriere reicht, das bleibt abzuwarten ... aber auf jeden Fall ein sympathischer und kurzweiliger Auftritt, der natürlich beim Ramones-Cover „Blitzkrieg bop“ den meisten Applaus erntet.
Nach einer halbstündigen Umbaupause stürmen dann CRUCIFIED BARBARA die Bühne ... und mit den ersten Takten des Openers „The crucifier“ vom neuen Album „Midnight Chase“ zeigt sich, dass die vier seit dem letzten Gig, den ich sehen durfte, noch einmal deutlich musiklisch zugelegt haben: der Sound kracht knallhart aus den Boxen und Nikki tritt eine ordentliche Doublebass, die die Barbaras noch ein gutes Stück in Richtung Motörhead bringt. Überhaupt haben sie in der Szene natürlich den großen optischen Bonus, müssen sich aber musikalisch in keinster Weise vor ihrer Konkurrenz verstecken! Oder andersrum formuliert: die können alle spielen und sehen zudem super aus! Der 7er Club ist mittlerweile recht ordentlich gefüllt, vielleicht 150–200 Nasen, und die Mädels rocken sich durch einen klasse Querschnitt ihrer drei Alben ... die Songs knallen live noch deutlich mehr als auf Konserve. Natürlich wissen sie auch ganz genau, wie sie sich auf der Bühne präsentieren müssen ... exstatisches Headbanging sieht bei ihnen natürlich sehr cool aus, gerne zeigt man sich auch mal in der „Rückansicht“ und dass die holde Männlichkeit bei einem Song wie „Sex action“ steil geht und grölend vor der Bühne steht (inkl. zweier Kerle, die zwei Stunden vorher beim Meet and Greet saßen ...), das ist auch völlig klar. Das Konzept geht zu 100 Prozent auf. Zum Abschluss des regulären Sets wird der Legende Motörhead noch mit „Killed by death“ Tribut gezollt, wobei Klara einen bemerkenswerten Lemmy macht, ehe der „Rock ’n’ Roll Bachelor“ (straight from hell) und „In distortion we trust“ (sic!) das aufgeheizte Mannheimer Publikum in die kalte Nacht entlässt.

Am Merchstand nehme ich für 15 Euro noch die DVD mit ... auch die Jungs von NitroDive stehen dort rum, und auch ihnen kaufen wir für einen Fünfer jeweils eine EP ab, lassen sie signieren und quatschen ein paar Takte.

Ein legendärer Abend. Solche Bands müssen unterstützt werden; sie verkaufen zwar Platten und haben schon einen gewissen Namen in der Szene, aber in Zeiten, in denen die heranwachsende Musikhörer-Generation Musik nicht mehr als Kunst sieht, sondern als ein Produkt, das halt so aus dem Radio herauskommt, müssen sie mehr denn je kämpfen. Und wenn man dann auch noch mal mitbekommt, was für nette Menschen dahinterstecken ... sollten sich die Barbaras nochmal in diese Rock ’n’ Roll-arme Region verirren ... HINGEHEN!!!!!!

Die Platten:
In distortion we trust (2005)
’Til death do us party (2009)
The Midnight chase (2012)

Florian Störzer