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Midnight Tokers

2. August 2014, Schwetzingen, Cafe Montreux

Heartblood & Handcraft

Cause I’m a picker
I’m a grinner
I’m a lover
And I’m a sinner
I play my music in the sun

I’m a joker
I’m a smoker
I’m a midnight toker
I sure don’t want to hurt no one

Ich bitte um Absolution, schon wieder ’ne Cover-Band, die’s drauf hat, wer da Methode des Rezensenten vermutet, täuscht sich gewaltig. Die Frage nach der Qual der Wahl stellt sich erst gar nicht.

Welde-Fest? Eine Promo-Veranstaltung auf dem eigenen Firmengelände mit dreifuffzig für´s Bier? Neverever!
Backfischfest? Gerangel und Geschubse mit postpubertären Biertrinkern am Basislager, die nach 3 x 0,33 l kapitulieren (weil entweder die Kohle alle oder, was wahrscheinlicher ist, zu viel vorgeglüht wurde) und die Innung blamieren. Die völlig entblödet „Alice? Who the fuck is Alice?” grölen. Plebse und Prolls die Identität bestenfalls für ’nen Perso halten?
Nein, das brauchen wir nicht, niemals.

Also, auf zu Pitsches, dem letzten echten Rock-Biergarten in der Umgebung. Flagge zeigen gegen die Walldorfer Umklammerung.
Ein paar Songs von den Midnight Tokers verpassen wir. Sind spät dran heute, es ist voll. Wochenende, Sommer, Sonne, alles lacht … und „Quinn The Eskimo“ – bei 30 Grad. Einer der wenigen Songs, der schon gecovert wurde (1967) bevor der Komponist ihn überhaupt veröffentlichte (1970). Die Leser unserer Seite kennen beide. Davon ist unbedingt auszugehen.

Die knappe Zeitungsankündigung verspricht „… mehrstimmigen Gesang der durch viel gemeinsames Musizieren seine besondere Note erhält …“ (Schwetzinger Woche) Genau! Das pure Anblicken einer Klampfe reicht eben nicht immer aus.

Die „Mitternachtskiffer“ (absolut frei nach Steffen Müller) „liefern“ eine akustische Zeitreise durch die Rockgeschichte (und anverwandter Stile – R ’n’ R, Blues, Country), Songs von immenser Strahlkraft, die nicht unbedingt 1:1 abgekupfert werden, was bei einem Akustik-Dreier (bestehend aus Petra Arnold-Schultz am Upright-Bass, Günter „Gag“ Geisinger, Gitarre und Jürgen „Mojo“ Schultz Gitarren) fast nicht möglich ist. Die Songauswahl pendelt von logisch (für dieses Instrumentarium und drei Sänger) bis absolut überraschend.

„Mighty Quinn“, klar, damit muss man rechnen, „These Boots Are Made For Walkin’“ schon weniger. Erster realer Gänsehautfaktor noch vor der Pause, „Well Allright“, nein, eben nicht von Blind Faith, das hat der unvergessene Buddy Holly schon 1957 aufgeschrieben. Im Kopf ist freilich die Version vom leider einzigen Blind-Faith-Studio-Album. Das gefällt.
Schwieriger rüber kommt für das geübte „Stones-Ohr“ der schwüle Südstaaten-Soul „Sweet Virginia“, ohne Harp und ohne Sax und leider auch ohne dieses unnachahmliche Gram-Parsons-Feeling, das auf dem kompletten Album spürbar ist. Funktioniert nicht hunderprozentig.

Dafür überraschen die Midnight Tokers auf anderem Terrain mit absoluter Stilsicherheit und Klasse, fantastisch Little Feat’s „Willin“ fast unglaublich, weil auch nicht gewöhnlich, Mac’s Albatross, und Albtatrossgleich schwingt der Sommerabend langsam in die Nacht, durchzuckt von Blitzen.
„Anyway The Wind Blows“ souverän und identifizierbar JJ Cale gecovert, überhaupt sind die an ihren Instrumenten richtig cool, Geisingers Gesang ist grundsympathisch, „Mojo“ Schlutz liefert mehr „Reibeisen“, und das nächste Mal auch bitte etwas mehr „Mojo“.

Die Kicking-Ass-Lady hat ihren Kontrabass fest im Griff und treibt ihre Jungs an, manchmal auch bei den Anmoderationen.

Das edelste Teil wird bei und mit JJ Cales (neinnein, nicht von Johann Jakob Karle, da läßt mich mein Sinn für Kurpfalz-Humor komplett im Stich) „After Midnight“ zelebriert – Mojo’s Weissenborn. Das ist Kult. Und wer es noch nicht wusste: „After Midnight“ ist tatsächlich von JJ Cale ohne Punkte und ohne Strich.

Finale Perlen „Good Night Irene“ (vom großen Hudson William Ledbetter), It’s All Over Now, der Stones-Part gilt endgültig als gerettet, und Wait’s „Ol’ 55“ schaffen die „akustische Quadratur des Klassikerkreises“ aus drei Jahrzehnten.

Wer sich Country-Roads wünscht, fliegt raus, droht Gag Geisinger. Ein Statement, das entschädigt für alle „Johann-Jakob-Ansagen“.

Danke!

Ein Abend voller Herzblut und Handwerk – The Band aus der Kurpfalz
Mehr davon!

Setlist Teil I
Call me the Breeze (J.J. Cale)
Bad, Bad Leroy Brown (Jim Croce)
Mighty Quinn (Bob Dylan)
One After 909 (Beatles)
These boots are made for walkin' (Nancy Sinatra)
Brown Eyed Girl (Van Morrison)
Hello Josephine (Fats Domino)
Well Allright (Buddy Holly)
Sweet Virginia (Rolling Stones)
Setlist Teil II
Carry On (J.J. Cale)
Moondance (Van Morrison)
Bad Moon Rising (C.C.R.)
Looking Out My Backdoor (C.C.R.)
Get It On (T. Rex)
Ubangi Stomp (Stray Cats)
Run For Your Life (Beatles)
The Weight (The Band)
That’ll Be The Day (Buddy Holly)
Down On The Corner (C.C.R.)
I saw the Light (Hank Williams)
Setlist Teil III
Anyway The Wind Blows (J.J. Cale)
Cover of the Rolling Stone (Dr. Hook and the Medicine Show)
Yaya (Ray Dorsett)
After Midnight (J.J. Cale)
Stuck in the middle with you (Stealers Wheel)
Albatros (Fleetwood Mac)
You ain’t going nowhere (Bob Dylan)
Get Back (Beatles)
Hot Love (T. Rex)
I hear you knocking (Dave Barthelomew)
Willin’ (Little Feat)
Let’s work Together (Willbur Harrison)
The Joker (Steve Miller)
Jambalaya (Hank Williams)
Irene Goodnight (Leadbelly)
Zugabe
It’s all over now (Bobby Womack)
Ol’ 55 (Tom Waits)


Gunther Böhm