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Ein Robin Trower Abend

Lorsch, 02. Oktober 2010, Rex

Short Misty Nights

Ein weißer Fleck auf meiner Konzertlandkarte ist geschlossen. Kein Moment für die Ewigkeit, dafür waren die 70 Minuten einfach zu wenig. Da steht ein Mann auf der Bühne, gertenschlank, sehr gut aussehend, (die 65 Jahre sieht man ihm nicht an) der die Fender nicht als Selbstzweck missbraucht. Ein Kommunikationsmedium, brilliant ge- aber nie verspielt.

Der könnte auch Englischlehrer sein, oder Sozialarbeiter, oder bester Freund. Robin Trower nimmt sein Publikum mit, ohne Worte, nicht mit der schon an Ablehnung grenzenden Manier eines Bob Dylan, nein, Worte sind an diesem Abend nicht erforderlich. Er steht vor seinem Publikum – hier bin ich, ich kann nicht anders, jetzt nehmt es auch mit, Bitteschön! Klar, machen wir, Dankeschön.

Über Procul Harum Worte zu verlieren (später hat er auch mit dem Soul-Shouter Frankie Miller gespielt) ist überflüssig. „A Salty Dog“ dreht sich gelegentlich im 33er Rhythmus auf dem Plattenteller. Viel wichtiger aber, Mr. Trower hat uns zwei der wichtigsten Gitarrenalben aller Zeiten geschenkt, „Bridge Of Sighs“ (1974) und „Long Misty Days“ (1976) u. a. mit der nahezu epochalen „Sailing“-Version von Snoddy-Roddy. Genau diese Alben werden auch „zelebriert“. Ein paar neue Songs müssen dabei sein (the new Cd is coming out in a few weeks), geändert hat sich nichts. In fast 40 Jahren!

Die sechs Saiten werden nicht geprügelt, hier wird Musik gearbeitet. Das Attribut „der weiße Hendrix“ erscheint mir dagegen überzogen, gelegentlich entdecke ich Parallelen, es handelt sich aber meist um Robin Trower. Meine „Provokation“, ich habe mich für den heutigen Abend für ein Walter-Trout-Shirt entschieden, kann der Meister nicht wahrnehmen, wir stehen am Ende des Clubs. Ich bin jetzt fast ein wenig froh darüber. Außerdem spielt er einen völlig anderen Sound. Was ist besser als zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug? Klar, eine Gitarre, Bass und Schlagzeug. So tritt er schon seit Jahren auf, einige Zeit auch mit Jack Bruce, der ja nicht unbedingt triounerfahren ist. Im Rex steht die Band, obwohl in Quartettbesetzung, ebenfalls als Trio auf der Bühne. Der Sänger Davey Pattison kann nicht überzeugen. Keine Interaktion mit dem Publikum, schlimmer aber, er liest die Texte ab, muss also ständig nach unten blicken. Verwunderlich, ist er doch seit dem 87er Album „Passion“ mit an Bord. Am Anfang des Sets war seine Stimme eher dünn, das könnte aber auch daran gelegen haben, dass der Sound zu Beginn nicht optimal gemischt war. Auf jeden Fall wurde auch der Vocalpart nach drei bis vier Songs deutlich besser. Die Rhythmusfraktion, bestehend aus Glenn Letsch am Bass und Pete Thompson am Schlagwerk, spult routiniert ihr Programm ab. Dies darf durchaus als Kompliment verstanden werden. Sie halten sich zurück, wenn die Fender singt und sägt und geben kontrolliert Gas wenn es erforderlich ist. Die Songs sitzen ohnehin perfekt. Bei der der quasi Best-Of-Auswahl auch nicht verwunderlich. Kein Risiko eben. Schwer einen Song herauszuheben. Am ehesten „Can‘t wait much longer“. Dem Publikum jedenfalls hat's riesig Spaß gemacht, der Band auch. Sie waren vom frenetischen Schlussapplaus fast ein wenig überrumpelt, aber mindestens überrascht. So gab es dann auch keine Pause vor den leider nur zwei Zugaben. Nach 70 Minuten geht das Saallicht an – strahlende Gesichter – auf beiden Seiten. Einen Platz auf dem Gitarrenolymp hat er sicher. Zweifellos!

Am überzeugendsten für mich, neben der absolut unstrittigen musikalischen Qualität, soweit sich das überhaupt sagen lässt, war Robin Trower selbst. Ein Abend ohne Anbiederung. Gibt es nicht mehr so oft – schade.

Gunther Böhm