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Four (S)Tops
Murphy | Hopkins | Thibaud | Collins

April und Mai 2013, Red River Saloon, Heilbronn

Elliott Murphy Normandy All Stars, 7. April
Rich Hopkins And The Luminiarios, 27. April
Todd Thibaud, 8. Mai
Stacie Collins, 17. Mai

Gegen das Fernweh hilft nur der Red River Saloon: mindestens so abgefuckt wie das Saxon, dunkel, eng, mit einer Bühne die nur für „Real Handmade Music“ zusammengeschustert wurde, also der Platz für Desparados, schwäbischen (meistens) vor und internationalen auf den Brettern. Wenn es einen solchen Laden nicht geben würde, man müsste ihn erfinden …

Um 19:20 Uhr wird die Sonntagsdepression davongejagt, 19:25 drehe ich den Zündschlüssel rum, Punkt 20:00 Uhr stehen wir im Kultclub. Bob Dylan ist wieder nicht gekommen. Bob who? Das Red River braucht keine großen Namen, hier kommen Freaks, die sich über die Musik noch freuen können, für 15 €. Große Namen? Scheiß drauf!

„Unser“ Geschichtenerzähler macht einen kurzen Abstecher nach Blue Rose Capital, lediglich zwei Deutschlandshows stehen bei der Kurztour auf dem Programm. Elliott Murphy hat uns noch nie enttäuscht. Das aktuelle Album „It Takes A Worried Man“ ist ein wiederholter erstklassiger Arbeitsnachweis eines Shouters (!) und seiner Band, die sich traumwandlerisch versteht.

Elliott Murphy

Die neuen Songs kommen rockiger daher wo sie rocken müssen („I’m Empty) auch ohne Patti Scialfa, sind bisweilen so unbekümmert und beschwingt, dass mir bei „Little Bit More“ sogar Nick Drake in den Sinn kommt. Über allem thront der Geschichtenerzähler, der Beobachter, der Songpoet Elliott Murphy. Nicht so räsonierend wie Dylan, der oft als „New-Dylan“ apostrophierte kann das ja auch gar nicht, er ist schließlich Elliott. Und die Stories haben einen ganz anderen Blickwinkel: New York, Ende der 60er, ein farbiger Bluesmusiker mit rechteckiger Gitarre im Hotelzimmer im Sessel sitzend, nur mit Socken und eben jener berüchtigten Klampfe bekleidet, vor ihm eine dunkelhäutige Schönheit in eindeutiger Pose kniend. Matthew öffnet die Tür. Matthew Murphy, übrigens der Bruder (und seinerzeit Roadmanager von BD) unseres Helden. Was Elliott dann zu sehen bekam, war seine persönliche Initialzündung: das will ich auch haben! – und beschloss Rockstar zu werden. Yep, it takes a worried man! Oder der leicht verrückte spanische Fan, der sogar ein virtuelles „Murphyland“ mit eigenen Briefmarken und ohne Steuern gegründet hat. Was sind das für skurrile Stories? Da verzeihen wir auch großzügig ein oder zwei etwas überzogene Ansagen, macht er ja auch nicht wirklich oft. Die Band jedenfalls ist bestens gelaunt, egal ob bei a-capella-Einlagen, oder einer unplugged-Zugabe. Und hier zeigt sich erneut, welch hervorragende Musiker Elliott an seiner Seite weiß, allen voran Saitenzauberer Olivier Durand. Als sich Murphy von seinem schwarzen Sakko trennt, (er ist inzwischen auf Betriebstemperatur) steht er in genauso schwarzer Weste auf den Brettern: „The New Black Is Black!” Last of the Rockstars, really! „Elvis Presleys Birthday“ und „Green River“ (im Red River) noch ein Guiness, dann wieder rauf auf die Autobahn. No Depression! Thanx!

Die rudimentäre Setlist:

Setlist Murphy


DIE BAND:
Elliott Murphy (voc, ac-g, 12string ac-g, solo-g, harmonica, banjo)
Olivier Durand (g, e-g, voc, slide-g, b-voc, mandolin)
Alan Fatras (drums)
Laurent Pardo (bass)
DIE WERKSCHAU:
Aquashow (1973)
Lost Generation (1975)
Night Lights (1976)
Just a Story from America (1977)
Affairs (EP, 1980)
Murph The Surf (1982)
Party Girls And Broken Poets (1984)
Milwaukee (1986)
Aprés le Déluge (1987)
Change Will Come (1988)
Hot Point (Live, 1989)
12 (1990)
If Poets Were King (1991)
Diamonds By The Yard (Best Of, 1992)
Paris/New York (Best Of, 1993)
Unreal City (1993)
Selling The Gold (Blue Rose, 1995)
Going Through Something (Best of 1978–1992/1996)
Beauregard (Blue Rose,1998)
April (Blue Rose, 1999)
Rainy Season (Blue Rose, 2000)
La Terre Commune, (Blue Rose, 2000 mit Iain Matthews)
Last Of The Rock Stars (Blue Rose, 2001)
Soul Surfing (Blue Rose, 2002)
The Next Wave (2002)
Strings Of The Storm (Blue Rose, 2003)
Never Say Never (Blue Rose, 2005)
Murphy Gets Muddy (Blue Rose, 2005)
Coming home again (Blue Rose, 2007)
Notes from the Underground (Blue Rose, 2008)
Elliott Murphy (Blue Rose)
Just A Story From New York
It Takes A Worried Man (Blue Rose, 2013)


Normalerweise bohrt Rich Hopkins die ganz dicken Wüsten-Rock-Bretter, wenn du vor den Resonanzkörper seiner Klampfe klopfst, rieseln dir mindestens 16 oz original grobkörniger Arizona-Sand entgegen. Beste Ware versteht sich, Desert-Auslese! Ein Blick in den Rückspiegel: Es ist der
1. August 1998, das Heilbronner Roots-Label „Blue Rose Records“ feiert gerade mal den dritten Geburtstag, große Namen hatten die damals nicht am Start. Wenn aber nur, sagen wir mal die Hälfte der angekündigten Attribute auf Rich Hopkins zutrifft, dann wird die geplante Open-Air-Show im Langenauer Pfleghof zum „Must Have“! „Paraguay“, von einem der frühen Rolling-Stone-Sampler ist jedenfalls Grund genug für den Wüsten-Rock-Trip auf der schwäbischen Scholle. Und „mein“ damaliger Gralshüter der harten Gitarrensounds (Nirvana und Co., die ganze Seattle-Fraktion) und der Gesetze, Alex, (Bulle) vertraut meinem Urteil, dass ich mir nach dem einzig bekanntem Wüstenopus, „Paraguay“ gebildet habe. Ein „Open-Air“ wird’s nur zum Teil, es zieht ein Gewitter auf, die Luminarios in den Pfleghofsaal um, das nächste Donnergrollen kracht brachial aus den Amps, die kontrollierte Feedbackorige einer Band, alle Neil-Young-Schranken einreisend. Kompromisslos, die Gitarre sägt, „Cherry Betrayel“ und vor allen Dingen das schon zitierte epische „Paraguay“ kommen so daher wie das Album nur titeln kann: „The Glorious Sounds Of Rich Hopkins & Luminarios“. Metallist Alex erteilt mir Absolution, mit heruntergeklappten Kinnladen, ja sogar unser Bier vergessen wir, schauen wir uns an: Was zur Hölle geht hier ab? Danach fange ich an die Alben zu sammeln …

Rich Hopkins

Fast 15 Jahre später bin ich wieder mit einem Schwermetaller unterwegs. Florian hat jedenfalls einen Vorteil: er kennt zumindest die Sand Rubies aus der Tonkonserve (während einer stilechten Fahrt zum Mexikaner ins Curras) und hat, soweit ich das erinnere, ein paar Takte der Sand Rubies in 2012 live erlebt. Führt zu dem Urteil: war ganz ok., kann „man“ sich auch mal ’ne komplette Show ansehen …

Nichts leichter als das, Blue-Rose gibt es zum Glück immer noch, Rich sowieso, ich liefere noch ein paar Argumente, is ‘ne Wochenendshow, können ja noch ein paar Bier abziehen … vorher in Heilbronn Bundesliga glotzen und dann ab ins schwäbische SAXON PUB – friedlicher Desert-Storm.

Rich Hopkins + Edgar

Was dem Micky sein Gary, ist Rich’s Muse Lisa. Das unhörbare Album „Loveland“ (wer sich mehr als drei Durchläufe auferlegt hat, bitte melden, schmeiße ’ne Runde Shiner als Abstandszahlung) noch düster im Ohr bahnt sich mit dem Opener „Dark Side Of The Spoon“ (wohl eher „Dark Side of The Room“) schon Schlimmes an. Der Song pendelt zwischen Belanglosigkeit und „einfach nur ganz nett“ ein geplanter Wüstensturm der zu einem lauen Lüftchen in einer süddeutschen Oase verkommt, Lisa am Fächer stoisch und gelangweilt heiße Musikluft herbeiwedelnd, zumindest die Vocals passen zum Sound. Du lieber Himmel, das ist ja gar kein Fächer, das is ’ne Akustikgitarre, mein Gott! Die Novak nervt noch nicht mal richtig, und, das ist das übelste aller Urteile: die Luminarios treten 90 Minuten musikalisch auf der Stelle. Gegen die Darbietung ist Resentments-Bruce ja fast ein Rocker.

Lisa Novak + Rich hopkins

Dabei sind wir uns sicher, dass die Lisa was drauf hat, Haare in Houston schneiden, z. B., oder von mir aus auch Rich auf Tour bei Laune halten, für frische Handtücher sorgen während sich ihr Ehemann im zehn-Minuten-Brett „Paraguay“ abschuftet und die Saiten glühen lässt, das der Wüstensand kristallin wird. Doch so sehr wir das Erlebnis herbeisehen, wird heute nichts mehr. War der Tiefpunkt bisher in 2013 und mein Live-Abschied von den Luminarios, die Hintertür Sand Rubies oder gar Sidewinders bleibt geöffnet. Und: sorry, Florian, denk einfach an meinen Tipp Howlin’ Rain …

Dass uns Wüsten-Rich heute nicht überzeugen konnte, ist die eine Sache, dass er immer wieder die Finger nicht nur verbal in die Wunde sozialer Missstände legt und mehrere Obdachlosenprojekte, eine ganz andere. Hierfür ziehen wir unseren Hut. El Otro Lado/The Other Side!

RICH HOPKINS & THE SIDEWINDERS:
!Cuacha! (1987)
Witchdoctor (1989)
Auntie Ramos’ Pool Hall (1990)
RICH HOPKINS & SAND RUBIES:
Sand Rubies (1993)
Live (1996)
Return Of The Living Dead (Blue Rose, 1998)
Release The Hounds (Blue Rose, 1999)
Goodbye: Live At Alte Mälzerei (Blue Rose, 2002)
Mas Cuacha (Blue Rose, 2007)
RICH HOPKINS & UNDERBELLY:
Mumblypeg (1993)
RICH HOPKINS & LUMINARIOS:
Personality Crises (1992)
Dirt Town (1994)
Dumpster Of Love (1995)
Paraguay (1995)
El Paso (Blue Rose, 1996)
The Glorious Sounds Of ... (Blue Rose, 1997)
3.000 Germans Can’t Be Wrong (Blue Rose, 1998)
Devolver (Blue Rose, 1999)
My Lucky Stars (Blue Rose, 2001)
Ka-Ju-Tah (Blue Rose, 2003)
Tinitus (Blue Rose, 2003)
The Horse I Rode In On (Blue Rose, 2006)
El Otro Lado / The Other Side (Blue Rose, 2010)
Buried Treasures (Blue Rose, 2012)
RICH HOPKINS & BILLY SEDLMAYER:
The Fifty Percenter (Blue Rose)
RICH HOPKINS & BARRY „THE FISH“ MELTON:
Duel In The Desert (TAXIM, 2007)
RICH HOPKINS & LISA NOVAK:
Loveland (Blue Rose, 2008)
TRIBUTE:
A Tribute To The Godfather Of Desert Rock: Rich Hopkins
DVD:
Rich Hopkins & Luminarios „Live at ROCKPALAST/Crossroads“
(Live DVD)


 

Ganz anders der Bostoner Todd Thibaud, grundsympathisch, manchmal zwischen den teutonischen Bierhelden fast schüchtern wirkend, ein Könner vor dem Herrn, der nie großes Aufsehen um seine Person macht und einen wunderschönen relaxten Set im Red River abliefert.

Todd Thibaud

Die Songs stehen im Mittelpunkt, die Band ist Katalysator herrlicher Mid-/Uptempo-Songs, die gelungene Verschmelzung von Indie mit harmonieseeligem Gitarrenrock-/Pop, nicht vor Sentimentalität triefend, aber immer berührend. Russel Chudnofsky als kongenialer Gitarrensidekick Thibaud’s sorgt für eine gehörige Portion „Heartland“ und als dann noch Markus Rill die Bühne entert um was wohl (?) zu covern, genau, „Dead Flowers“ hat niemand sein Kommen bereut. Thibaud mit Band ist immer eine echte Live-Option. Ach ja, auch im Pfleghof 1999 schon Extraklasse. My Favorite Waste Of Time!

Todd seitlist

DIE ALBEN:
TODD THIBAUD WITH THE COURAGE BROTHERS:
Something Strong (Eastern Front Records, 1993)
Wood (Eastern Front, 1994)
TODD THIBAUD SOLO:
Favorite Waste of Time (Blue Rose, 1997)
Little Mystery (Blue Rose, 1999)
Church Street Live (Blue Rose Records, 2001)
Hot FM Sessions (Blue Rose, 2001)
Squash (Tone Cool, 2002)
Northern Skies (95 North, 2005)
Best of Todd Thibaud (Blue Rose, 2006)
Live (Blue Rose, 2006)
Broken (Blue Rose, 2009)
Lakewest Sessions (Blue Rose Rec. 2009)
Live at the Rockpalast – Crossroads Festival (BlueRose Records
DCD + DVD 2011)
Waterfall (Blue Rose Rec. 2013)
TODD THIBAUD WITH JOSEPH PARSONS:
Joseph Parsons & Todd Thibaud (Blue Rose Rec. 2007)
Transcontinental Voices (Blue Rose Rec. 2011)
TODD THIBAUD WITH SEAN STAPLES:
Music Star, Live in April (Blue Rose Rec. 2012)
TODD THIBAUD WITH HARDPAN:
Hardpan (Blue Rose Rec. 2002)


Zum Abschluss „Harp-Howlin’“ aus Nashville: Stacie Collins & Band heizte dem Publikum schon 2011 in der Wunderbar gehörig ein, so nach dem Motto: „Rock out – Cock out“.

Stacie Collins

Warum das heute anders werden soll? Keine Ahnung – und anders war es bestimmt auch nicht, zumal mit Jason Graumilch an der Gitarre und Ehemann Al Collins (im ersten Job der Tieftöner bei der Cow-Punk-Legende Jason & the Scorchers) die Arbeitsplätze optimal besetzt sind. Nur, es war eben nicht mehr neu, der Live Überraschungseffekt war futsch, die etwas härtere Rhythm ’n’ Blues-Gangart vorhersehbar, auch die wahrhaftig fulminanten Harp-Heuler bekannt. „Hey Mister“ ist der Kick-off, das Schema wirkt irgendwie kopiert, einen gehört alle gekannt. Aber immer dann wenn ich mich auf einen mittelmäßigen Abend einrichten will, da haut sie einen raus die Stacie: „Happy“ von Keef „Radar Love“, „Baby Please Don’t Go“ (Oh Well) „JJF“ als Blues-Inferno und ein entfesseltes AC/DC Cover „Long Way To The Top“. Also, mal ehrlich: „Baby Please Don’t Go …“ …war doch ganz ok der Abend, war ja eh klar.

DIE BAND:
Stacie Collins (voc, harmonica, tambourine)
Al Collins (bass, voc)
Jason Graumilch (g, voc)
Brad Cummings (drums)
STACIE COLLINS:
Stacie Collins
The Lucky Spot
Sometimes Ya Gotta (Blue Rose)
Shinin’ Live (Blue Rose, 2013 CD + DVD)

Gunther Böhm