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The Temperance Movement und
Joshua James

30. Oktober 2013, Zoom, Frankfurt

Trouble was my only friend

Der Name „The Temperance Movement“ dürfte aufmerksamen Lesern unserer Seiten nicht unbekannt sein: im Review zu ihrer Support-Show für die Little Angels im Dezember 2012 in London hatte ich sie seinerzeit nach Strich und Faden abgefeiert. Seitdem ist im Lager des Fünfers aus London einiges passiert: man hat sich vor allem im UK den Hintern abgetourt, hat einen Deal beim englischen Krach-Label Earache (!) unterzeichnet, hat der äußerst gelungenen Debut-EP einen großen Bruder an die Seite gestellt und sich zu guter Letzt auf große Europa-Promo-Tour begeben. Ereignisreiche elf Monate. Und da ich Gunther seit London von der Band vorschwärme, ist es klar, dass wir gemeinsam den Weg nach Frankfurt auf uns nehmen, müsste ihm ja auch gut reinlaufen, der Sound.

Das „Zoom“ (ex-Sinkkasten) ist recht gut gefüllt, angesichts der Tatsache, dass hier eine in Deutschland nahezu unbekannte Newcomer-Band aufspielt. Dreistellige Zuschauerzahl bestimmt, freut mich. Die Classic Rock oder „Vintage Rock“, wie er hip gerne mal bezeichnet wird, ist ja auch recht angesagt momentan. Allerdings muss man sich den Genuss der amtlichen Dosis Rock ’n’ Roll heute Abend erst einmal redlich verdienen, denn es gibt eine Vorgruppe: JOSHUA JAMES heißt der US-Folk-Pop-Musiker, der es ins Vorprogramm geschafft hat, so gar nicht zum Hauptact passt und das Publikum 45 Minuten auf eine wirklich harte Probe stellt.

Joshua James

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Joshuas Musiker können durchaus spielen, aber das Gesamtpaket ist in meinen Ohren und auch Augen schlimm. Weinerlicher Folk-Pop, der streckenweise im Selbstmitleid ertrinkt und dazu eine Performance des Protagonisten an der Grenze zur Unerträglichkeit: die Mischung aus Overacting beim Darbieten seiner Texte und „Ich-tanze-meinen-Namen“ mit GItarre bei den Instrumentalparts macht das Ganze zu extrem harten 45 Minuten. Musikalisch bleibt bis auf eine aufgesetzte spanische Nummer wirklich nichts hängen und rocken tut da ebenfalls nichts. Gunthers abschließendes vernichtendes Resümee: „In Austin pflastern die mit sowas die Straßen“.

Gut für THE TEMPERANCE MOVEMENT:

logo

haben sie es leichter dagegen anzuspielen. Nach sehr kurzer Umbaupause schlurfen die Fünf auf die Bühne, stöpseln ein und legen mit „Midnight black“ los: idealer Opener, mit sattem Sound rockt er aus den Boxen und Frontmann Phil Campbell ist gleich in seinem Element, tanzt wie ein Derwisch über die Bühne und rudert wild mit seinen Armen – eine echte Rampensau, in seinem Auftreten an eine Mischung aus Chris Robinson und (Achtung: große Worte!) einen jungen Mick Jagger erinnernd; aber im Gegenteil zu dem Typen vorher vollkommen authentisch und cool – der gehört einfach auf eine Bühne.

TM1

Über seine stimmlichen Qualitäten habe ich ja bereits im letzten Review geschwärmt. Seine Kollegen stehen ihm in nichts nach: die Rhythmus-Gruppe sind Vollprofis, Basser Nick Fyffe groovte bereits bei den unsäglichen Jamiroquai und Drummer Damon Wilson war bereits bei Ray Davies, den Waterboys und Feeder aktiv. Luke Potashnick und Paul Sayer an den Gitarren haben derartige Namen noch nicht in der Vita, aber das kann ja noch kommen. Lässig spielen sie sich Riffs und Licks zu und der Cocktail aus Blues, Rock und Classic Rock zündet in einem solchen Club nochmal besser als in einer größeren Halle. Ein bisschen Black Crowes hier, ein wenig Faces dort, Stones dazu, Humble Pie, einen coolen Frontmann ... ideale Musik für die Bühne. Klar könnte man sagen, das ist alles nicht ganz neu, aber das muss es ja auch nicht – die Versatzstücke sind stilvoll geliehen, zu geilen Songs zusammengesetzt und auch noch super präsentiert. The Temperance Movement reißen das Publikum mit, unter anderem einen Typen, der der Band wohl seit Tagen hinterher reist. Die Setlist stellt sich natürlich fast von selbst zusammen, es gibt nahezu das komplette Album zu hören, teilweise in längeren Songversionen, so dass die Band erst nach einer guten Stunde von der Bühne geht. Das sehr schöne „Lovers & Fighters“ folgt dann noch als besinnliche Zugabe; Phil Campbell ist wieder geerdet, schnappt sich die Akustikgitarre und ruhig klingt der Rock ’n’ Roll-Abend aus.

TM2

Geil war’s und ich bin froh, das auch Gunther von meinem Tipp begeistert war. Kleiner Wehmutstropfen: 25 Euro für das Vinyl am Merchstand sind dann doch ein bisschen happig, für einen Fünfer weniger hätten sie sicher noch ein paar mehr verkaufen können. Aber egal, das lernen die noch, haben ja hoffentlich noch eine größere Karriere vor sich. The Temperance Movement sind das heißeste Ding unter den jungen Retro Rock-Bands, deshalb alle, die seinerzeit meinem Rat nicht gefolgt sind und die EP gekauft haben: auf in den Plattenladen, das Debut holen! Da sind alle EP-Tracks drauf und noch mehr. Und in ein paar Jahren schön ärgern, NICHT auf BBB gehört und mit der EP ein Sammlerstück verpasst zu haben.
Das letzte Mal in kleinen Hallen?

Die Platten:
Pride EP (self released, 2012)
The Temperance Movement (Earache) CD, LP, 2013)

Florian Störzer