12. März 13. März 14. März 15. März 16. März 17. März 18. März 19. März sxsw2010 12. März 13. März 14. März 15. März 16. März 17. März 18. März 19. März sxsw2010

Hypocrisy – Hate – Essence

5. April 2013, LKA, Stuttgart

Slowly slippin’ away to another dimension …

Hypocrisy, Hate, Essence. Die schwedische Death Metal-Institution, polnischer Black/Death-Underground-Kult und der dänische Thrash-Newcomer. Das klingt nach kurzweiliger Freitagabend-Unterhaltung im netten LKA in Stuttgart. Zwar ein Stück zu fahren und das Bier im Ländle ist auch eher so naja, aber gute Musik ist garantiert und ein tolles Konzert ebenso. Um das Fazit vorwegzunehmen: alles ist eingetroffen, klasse Bands wie erwartet. Und doch ein Konzert, an das man wahrscheinlich ewig zurückdenken wird, leider aus anderen Gründen.

Das LKA ist erstaunlich leer, als wir eintreffen. Vor der Bühne, die ESSENCE bereits wenige Minuten später entern, ist kaum etwas los ... nur am Merchstand ist eine Schlange, ein genauerer Blick zeigt, dass Hypocrisy hier vor dem Gig Autogramme geben. Coole Aktion, leider sind wir zu spät dran, um auch noch eines zu erwischen. Egal, mal den Anheizer antesten. ESSENCE sind eine Newcomerband aus Dänemark, ihr gerade bei einem größeren Label erschienenes zweites Album hat Hypo-Peter Tägtgren produziert ... gute Voraussetzungen. Und Essence machen ihre Sache mit viel Elan; Sänger und Gitarrist Lasse hat viel Spaß, das Publikum anzuheizen, die Songs sind flott, lassen zwar ab und an noch die ganz großen Hooks vermissen, aber man ist ja noch jung und Potential ist auf jeden Fall da. Mal sehen, wie es weitergeht!

HATE bauen Ihre Instrumente zum Teil selbst auf (Gitarrist Destroyer). Corpsepaint und Kapuzenpulli, das schaut ein bisschen witzig aus, aber trotz über 20 Jahren Bandgeschichte sind sie immer noch nicht auf dem Erfolgslevel ihrer Landsleute Vader, Behemoth oder auch Decapitated. Warum, das erschließt sich auch im 45minütigen Gig nicht. Von der ersten Minute an ballern sie aus allen Rohren, ihr sehr angeschwärzter Death Metal erinnert teilweise stark an ihre Landsleute Behemoth, aber das mag der landestypische Sound sein. Finstere Nummern zwischen Blast und Midtempo, ausdrucksstarker Gesang von Frontmann Adam ... was hier aus den Boxen schallt begeistert das mittlerweile recht gut gefüllte LKA und die vier werden zurecht gefeiert.

Hate

HYPOCRISY müssen sich natürlich niemandem mehr beweisen. Peter Tägtgren ist eine Szene-Ikone als Musiker und Produzent und Hypocrisy eine Bank auf Platte wie live. Das neue Album „End of disclosure“ geht wieder ein wenig midtempo-lastiger zu Werke als die Vorgänger und demnach ist auch der Set mit vielen langsameren, hymnischen Stücken gestaltet. Ich als alter Blast Beat-Fanatiker hätte mir vielleicht ein paar mehr alte Klassiker und ein bisschen öfter durchgetretenes Gaspedal gewünscht, aber auch dank des präzisen und wuchtigen Spiels von Drummer Horgh knallen die Midtempo-Nummern heftig aus den Boxen und sorgen für reihenweise rotierende Matten. Sehr stark wie immer, keine Frage, Hypocrisy können „schlecht“ nicht. Spontan wird sogar noch „Killing art“ von „Abducted“ als fünfte, spontane Zugabe eingeflochten, so viele gab es auf der Tour bislang nicht zu hören.

Hypocrisy

Setlist Hypocrisy:
End of disclosure
Tales of thy spineless
Fractured millenium
Left to rot
The eye
The abyss
Fire in the sky
Necronomicon
Buried
Fearless
United we fall
44 double zero
Elastic inverted visions
War-Path
---
Roswell 47
Adjusting the sun
Eraser
Valley of the damned
Killing art

Kurz vor Mitternacht endet ein musikalisch toller Death Metal-Abend; zu diesem Zeitpunkt ahnt noch keiner, heute den letzten Gig von Slawomir „Mortifer“ Kusterka gesehen zu haben. Wenige Stunden später wird der Bassist von HATE leblos von seinen Kollegen im Tourbus gefunden und nach gescheiterten Reanimationsversuchen für tot erklärt. Er ist wohl im Schlaf verstorben. Selbstverständlich treten Hate umgehend die Heimreise an.

In den letzten Jahren hatte die Rock- und Metalszene viele tragische Verluste zu beklagen; darunter viele Namen, deren Bekanntheitsgrad höher war als der Mortifers... und auch Musiker aus Bands, mit deren Material ich mehr vertraut bin als mit dem von Hate. Aber selten, wenn nicht noch nie, hat mich eine Todesnachricht so schockiert. Mortifer war erst 27 Jahre alt und in seinen letzten Stunden stand er in Stuttgart auf der Bühne. Ich wünsche seinen Bandkollegen, dass sie dieses Erlebnis verarbeiten können und sende natürlich auch seinen Verwandten mein Beileid.
Rest in peace, Slawek.

Florian Störzer