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Hail Hail Rock ’n’ Roll
South By Southwest 2012

Sonntag, 4. März

Rückblende: Schon beim Baskery-Gig im Januar (Frankfurt, Brotfabrik) stellen wir die Weichen für das immer wiederkehrende Großereignis – Wolfgang, ein ebenso fester Bestandteil der größten Festivalshow auf Erden hat signalisiert, dass er wieder an Bord ist. Wir (Florian und Gunther) tischen eine komplizierte Geschichte auf, in der ersten Woche, ist unser (Miet-) Wagen beim TÜV. Dumm nur, da ausgerechnet, am 10. März Micky And The Motorcars in der Luckenbach Dance Hall zum Tanz aufspielen. Leider, leider liegt Luckenbach in der Prärie, ca. 90 Autominuten von Austin entfernt. Wer da mutmaßt, das könnte in Verbindung mit dem Genuss des lokalen Grundnahrungsmittels „Shiner Bock“ oder gar mit der Suche nach einem Fahrer gebracht werden, liegt nicht völlig daneben. Luckenbach Dance Hall ohne Shiner – Never Ever!!! Ein anderes Schlitzohr, Buffalo, mailt mir, dass er meine Einladung zum Mitfahren gerne annimmt und er sich und seine Rock ‘n‘ Roll Braut Reni schon mal anmeldet. Alter Schwede – nicht mit uns!

In Houston erwartetet uns prächtiges Wetter, Sonne satt und in der üblichen Schlange bei der Immigrationsbehörde (Immigrant Song) stehen zumindest optisch keine auffälligen „Agenten“ durch deren Äußeres, z. B. Turbane, religiös anmutende Bärte usw. usf., sich die Amis provoziert fühlen könnten. Unsere „Schlangenbeauftragte“, das ist die Dame (naja eher Typ Girlie) die uns den entsprechenden Schalter zuweist, quittiert mit Blick auf unsere Zollerklärung unser Reiseziel, Austin, Downtown, mit drei Worten: Trouble! Trouble!! Trouble!!!
Läuft alles glatt – ab in den Mietwagen, zwei Sechser Shiner an der nächsten Tanke, rauf auf den Highway und rein in einen fast schon kitschigen texanischen Sonnenuntergang. Die Straßen sind gesäumt von saftigem Grün, von der verheerenden Trockenperiode des letzten Sommers ist jedenfalls nichts mehr zu sehen. Nicht zu übersehen ist die gefräßige Mautmaschine mit ihrem gigantischen blechernen Schlund in der Größe einer alten Zinkbadewanne. Und: Da Schulzie in diesem Jahr nicht dabei ist („wir sind schwanger“) hat Florian die Autofahrt an den Hacken. Problem souverän gelöst! Wie geplant, 8:00 p.m. stehen wir am Check In des Extended Stay America, Downtown Austin. Eher zufällig läuft uns Wolfgang über den Weg, der für die Shearwater-Show im Antone‘s sofort verhaftet wird. Die beginnt in ca. 40 Minuten …
Über das Antone‘s muss man nicht mehr viele Worte verlieren, eine der besten Live-Locations in World Capital Of Live Music. Karten hat Florian in Deutschland organisiert, die im Preis inbegriffene Pizza hätte den Sandwichstop im Arby‘s überflüssig gemacht. Die Poster von SRV bis zu Maceo Parker beeindrucken den Betrachter immer wieder aufs Neue!

Dana Falconberry & Band bringen eine intelligente Mischung aus Folk, ganz dezente und nie nervige Jazztupfer verbunden mit leichten, aber nicht seichten, Popanklängen. Das Instrumentarium besteht aus Banjo, Keyboard, Akustik-und Gretschklampfe, Upright Bass und einem minimalistischen Schlagzeug, das ebenso dezent bearbeitet wird. Der Vocalpart wechselt permanent zwischen den Musikerinnen, singen können alle, wobei besonders Frontfrau und Banjomaus bestechen. Guter Auftakt, ohne Frage!

Marmalakes wollen alles und erreichen (fast) nichts. So dezent das Schlagzeug bei D. Falconberry war, so sehr steht es hier im Mittelpunkt. Der Drummer verprügelt teilweise in Hochgeschwindigkeit die Felle, ohne jegliche Raffinesse, völlig frei von musikalischer Inspiration. Überhaupt wirkt die wilde Stilmixtur aus Garage, Psych, Noise (überall ein wenig abgekupfert) ziemlich aufgesetzt, nahezu verkopft. Schlagzeuger und Taktgeber am Bass kommen öfter ohne ihren (akustischen) Gitarristen aus, was bei geschätzten vier Akkorden kein größerer Substanzverlust ist. Die Songdramaturgie ist immer die gleiche, ruhiger Auftakt, Steigerung in eine Schlagzeugorgie verbunden mit Geschrubbe auf der Akustischen (manchmal Gretsch) und einem Abflauen der Gefühlsausbrüche. Nicht beseelt sondern seelenlos, quasi das Verlassen der musikalischen Relevanzzone!

Ganz anders dann der Headliner des heutigen Abends, Shearwater, die einstige Okkerkill-River-Ausgründung von Will Sheff, nur eben ohne Will Sheff. Der Sound orientiert sich nach m. E. immer noch an Jeff Buckley, nur roher, rüder, aber mindestens so sphärisch und anrührend. Die Gitarre ist das zentrale Instrument. Jonathan Meiburg zieht alle Register ohne sich anzubiedern. Angenehm fügt sich das in der „U-Musik“ nur selten verwendete Vibraphon in den Sound der Band ein. Das ist Extraklasse! Florian, der die aktuelle 2012er Studio-LP „Animal Joy“ kennt (übrigens auf dem Sub-Pop-Label erschienen, was ja schon Qualitätsbeweis genug ist) entdeckt eine wesentlich rauere Livedarbietung als auf Platte. Mir knicken zwischenzeitlich die Beine ein, um Mutmaßungen keinen Vorschub zu leisten: das liegt nicht am Shiner sondern an den 28 (!) Stunden, die wir jetzt auf selbigen stehen (sitzen). Die letzte Zugabe geht nicht mehr, da Shearwater während des SXSW einen bunten Strauß an Shows spielen werden, wird das definitiv nachgeholt, evtl. bei der Waterloo-Indoor-Show, kann man gleich Platten signieren lassen. Coole Band, cooler Start!

Montag, 5. März micro 

Duisburg-Thomas, der über Amsterdam-Memphis-Housten um Mitternacht in Austin eingetrudelt ist, greift unsere Frühstücksempfehlung gerne auf: Lucy‘s Retired Surfer Bar, noch gut in Erinnerung von der letztjährigen Motorcars-Show. Das Essen ist so, wie man es erwartet und „Lucies“ springen auch ein paar rum. Opulent!

Im Waterloo-Record-Store gibt es aktuell noch keine Wristbänder, aber, was Wunder, CD‘s. Ich entdecke die lang gesuchte und in Deutschland nicht erhältliche EP der Trishas. Im handballfeldgroßen Cheapo‘s das gleiche Spiel. Wir erledigen heute alles zu Fuß, was den unschätzbaren Vorteil hat, spontane Eingebungen sofort in die Realität umzusetzen. Im Dogwoods erfolgt der Shiner-Stop, denn : „There‘s Is Nothing Finer Than A Shiner!“

Da das Woodrow‘s Pub auf dem Weg zurück zum ESA passiert werden muss und heute fantastisches Biergartenwetter angesagt ist…wie auch immer….wir können allem widerstehen, nur nicht der Versuchung! An der Wand hängen die bedeutenden Worte: Beer is helping ugly people to have better sex since 1862! Florian bekommt noch gratis die Meinung eines cocktailnippenden Feierabendgastes über Obamas Energiepolitik. Wenigstens interessiert sich überhaupt jemand für diese Dinge – immerhin!

Zu viert, Wolfgang und Thomas docken an, ziehen wir heute Abend über die verrückteste Rock ‘n‘ Roll-Meile auf diesem Planeten, The 6th Str., unserer Inspiration folgend. Im „Friends“ spielen in einer völlig leeren, nicht eben kleinen Bar, Rachel Crawford & Band. Der Bassmann hält sein Instrument auf Kinnhöhe, alles klar, das kann nur Funk sein. Mrs. Crawford kann das gut, Stimme passt, nichts Neues, die spielen sich den Arsch ab für ein paar Bucks, was definitiv Anerkennung verdient. Der Junior-Wells-Klassiker „Little By Little“ wirkt allerdings etwas aufgesetzt, unauthentisch, keine Blueser, wie Oettinger Alkohlfrei. Bewegen sie sich jedoch in ihrem Metier, groovt die Band durchaus. Nicht mein Ding und da das Angebot riesig und die Nacht noch lang ist, ziehen wir weiter.

Next Stop im „Blue Moon“ Austins kleiner Bluesladen (vorrangig), der von uns gerne frequentiert wird, was nicht nur an der Mugge liegt. Wir stellen sofort fest, es ist alles noch an seinem Platz, zumindest alle wichtigen Dinge, der aufmerksame Leser der vergangenen Jahre weiß, was mit dieser kryptischen Andeutung gemeint ist. Auf der Bühne stehen die Southside Ramblers und spielen Blues der Extraklasse. Die Band, bestehend aus Sänger, der wie eine Van-Morrison-Parodie rüber kommt (Habitus, nicht die Stimme), Bassistin, Drummer und einem sensationellen Gitarristen (Gretsch), der greift die unglaublichsten Akkorde mit Spinnenfingern, orientiert sich am Original, kerniger, knochentrockener, elektrifizierter Blues aus der Schatzkiste von z. B. Buddy Guy oder Otis Rush. Keine billige Kopie, vielmehr die Verneigung vor den Altmeistern des Fachs ohne Andienung. Auch die Southside Ramblers arrangieren J. Wells‘ „Little By Little“, das kauf ich, die haben den Blues. Wen wunderts, der Laden ist auch nicht sonderlich voll. Einziger Wermutstropfen: Während die „Van-The-Man-Parodie“ die spärlichen Tipps einsammelt, übernimmt der Flinkfinger auch die Leadvocals, was ihm nicht so recht gelingen will. Wir sehen fast die komplette Show, knapp zwei Stunden, mein persönliches Highlight war das unsterbliche „All Your Love“ von Otis Rush. Klasse-Band, zumindest für Bluesfans. Wie hat Junior Wells schon gesagt: „Drinkin‘ TNT and smokin‘ Dynamite… Es gibt keine Musik, die mich mehr bewegt! Obacht: Subjektives Urteill!!

Florian meint auf dem Weg zum Kaloriennachschub aus der „Dirty Dog Bar“ gute „Songwritermugge“ gehört zu haben. Aus der Bluestraum, jedenfalls für mich, hatte ja auch mit fast zwei Stunden die Vollbedienung. Das „Gut“ muss ich relativieren, eine nicht nervige, aber belanglose, austauschbare Stimme, ein paar Griffe, Cross-Canadian-Cover, das reicht in Austin nicht, um jemanden von den leeren Barhockern zu hauen. Wie auch? Trotzdem, recht cooler Typ, der uns anspricht und sich freut, das ein paar Nasen da sind. Ich konnte mir noch nicht einmal den Namen aber dafür die Beschriftung der Restrooms merken: Dirty Bitches & Dirty Bastards. Nächste Ausfahrt Maggie Mae‘s mit Mike Milligan And The Altar Boyz, um es kurz zu machen, schlimmer geht‘s nimmer, da sind wir uns einig. Seelenloser Blues, Kraftmeierei, ein Bassist der fast einpennt, der Drummer ist überall nur nicht an der Arbeit, das Saxofon gut gespielt aber absolut unpassend, Keyboardgeklimper, brauchbarer Leadgitarrist, der woanders besser aufgehoben wäre und ein technisch nicht brillanter Bandleader, der auch nicht durch seine Stimme aufzufallen vermag. Hochglanzblues für After-Work-Cocktailschlürfer. Chance verspielt – da lob ich mir die Southside Ramblers …

Zum Finale geht‘s ins „Chuggin Monkey“ zu einem Dreier, der sich durch die Rockgeschichte covert. Die sind fast noch übler, aber wenigstens lustig. Sänger und Frontmann wirkt wie Obelix auf Acid, der Trommler schaut aus dem hinter ihm liegenden Fenster, der Basser hat einen Hüftschwung der eher zum Musikantenstadel passt. Technisch hat der Gitarrist durchaus Potenzial, allerdings nur nach oben. Der Trick mit den in die Luft geworfenen Drumsticks misslingt auch, diese landen neben dem Schießbudenführer. Dabei hat mit Miller‘s „The Joker“ alles ganz gut angefangen bei dem unsäglichen „Summer of 69“ reicht‘s dann endgültig, Scheißsong einer lausigen Band, die aber irgendwie trotzdem Spaß macht!

Dienstag, 6. Märzmicro

Aufbruch ins Curras, heute bekommt der Magen das volle mexikanische Programm, wie jedes Jahr: The Hungry Ranchero!
Der Einkauf im HEB-Supermarkt endet mit der Erkenntnis, dass Supermärkte super sein können. Wir haben noch nie zuvor eine so große Obst- und Gemüseabteilung gesehen. Man kann, wenn man so will, auch in den USA gesund leben.

Als „Dayshow“ stehen heute die kleinen Plattenläden auf dem Programm, z. B. „End Of An Ear“, gute Vinylauswahl, Breakaway Records, viel Soul und Jazz, Encore Records, spezialisiert auf Metal, schließen demnächst. Im legendären Saxon Pub, greift heute David Grissom in die Saiten, die aktuelle „Way Down Deep“ ist meine Lieblings-Gitarren-Scheibe der letzten sechs Monate. Steht in der Tradition des Keef-Riff-Rock, mit dem immensen Unterschied, dass Grissom auch noch virtuos spielen kann. So was gibt es (fast) nicht mehr. Florian, der eher andere Präferenzen hat, bringt‘s auf den Punkt:
Gunther hat mir Grissom wohl mal im Auto vorgespielt auf der Fahrt zu einem Konzert; in Erinnerung geblieben ist mir das seinerzeit nicht, was sich aber – um das Fazit vorwegzunehmen – mit diesem Konzert nachhaltig geändert hat. Als Keith Richards-Riff Rock hat er es angepriesen und auch wenn ich mit Richards‘ Solowerken nicht so vertraut bin, erwartet mich doch das, was ich mir darunter vorgestellt habe. Grissom ist ein Vollprofi (wikipedia sagt, er spielte schon mit Größen wie John Mellencamp, den Dixie Chicks und sogar Bob Dylan!) und eröffnet den Gig gemeinsam mit seinen drei Mitstreitern mit zwei überlangen Instrumentalnummern, bei denen er sein ganzes Können gleich zeigt, die Klampfe qualmen lässt, aber trotz des hohen Grades an Soli nie in sinnfreies Gefrickel abdriftet, sondern die Songs im Auge hat. David Grissom wirkt ein bisschen wie ein Musiklehrer, der mit seinen Schülern spielt, ist der unbestrittene Bandleader und wenn die Kollegen auch mal solieren dürfen (z. B. bei einem Klampfenwechsel), dann wird das ganze aufmerksam und vielleicht auch ein bisschen kritisch beäugt und auch mal ein kurzer böser Blick zugeworfen, wenn eine falsche Taste getroffen wird. Im Laufe der rund 90 minütigen Show bringt Grissom viele Songs seiner neuen CD „Way down deep“, nicht alles instrumental, und das ist auch der einzige Kritikpunkt: er ist kein guter Sänger, die Stimme ist austauschbar und durchschnittlich. Aber alles kann man nicht haben. Nach der Show steht er Gunther noch gerne für eine signierte CD und ein Foto zur Verfügung. Notiert auf dem Tourfile für die nächsten Tage, gibt ja noch mehrere Gelegenheiten, ihn zu sehen.
Noch ein Wort: Den Landauklassiker „Ich habe die Zukunft des Rock ‘n‘ Roll gesehen“ kann man ergänzen: „Wir haben die Rettung des Riff-Rocks gesehen“. Ohne Widerrede!

Nach der Show, auf „Bruce-Funk-Hughes“ haben wir keine Lust, verschwinden wir mit Zwischenstopp im Opal Divine Richtung 6th Str und Blue Moon. Kevin & The Krawlers verlassen gerade die Bühne, haben wir ja letztes Jahr gesehen, ein farbiger Zappelphilipp intoniert Sex Machine und fegt dazu in den wildesten Posen über die Bühne. Hoffentlich ist der versichert. Später die Joe Hell Band, Bluesklassiker im Hendrixoutfit (mit mindestens drei Nils-Lofgren-Gedächtnistüchern und Sonnbrille), nicht annähernd die Qualität erreichend. Nach der perfekten David-Grissom-Vorstellung ist es unmöglich, heute Abend musikalisch zu überzeugen. Nach zwei Shiner ist Schluss, mehr geht heute nicht, sonst gibt‘s praktisch einen Overload auf der musikalischen Festplatte.

Mittwoch, 7. Märzmicro

Über‘s Curras auf nach San Marcos ins Factory Outlet, den kommerziellen Teil abarbeiten. Zwischenstopp im Woodrow‘s Pub, dann erfolgt die abendliche Energiezufuhr im „Red Lobster“ in Austin, Seafood der gehobenen Klasse, Preis und Qualität. Allerdings ist es ratsam, die mediterrane Erwartungshaltung an die Küche im Red Lobster zu limitieren. Dennoch, willkommene Abwechslung.

Wir (Thomas und Wolfgang haben sich für unser Programm entschieden) sind für 9:00 Uhr p.m. in der Lobby verabredet, eine kurzer Blick auf die Homepage des Saxon Pub bestätigt, dass Walt Wilkins & The Mistiqueros bereits 9:00 Uhr auf der Bühne stehen. Völlig verpeilt. Mist! Mit Vollgas der Sprung in die Jeans. Als wir eintreffen, hat die Band noch nicht aufgebaut, gerade noch mal gutgegangen. Meine Sicht über das Konzert von W. Wilkins habe ich ziemlich exklusiv, Florian entdeckt zumindest hinter dem Musiker einen coolen Typen, dem Rest des Kleeblattes hat es überhaupt nicht gefallen. Zuviel Country, zu wenig Groove, zu lahm. Wir haben ihn ja schon letztes Jahr in Luckenbach gesehen, gemeinsam mit Kevin Welch und Jason Eady und weiteren Gästen. Im Saxon stehen neben Wilkins sechs weitere Musiker auf der Bühne, der Pedal-Steel-Mann von Blue Mountain prägt den Sound neben den drei Gitarren (1x elektrisch, 2 akustische), die elektrische ist in der Tat unterrepräsentiert. Das ist reine Countrymusic, nix mit „Alternative“ oder „Americana“, die Pedal-Steel winselt und wimmert, erstklassig gespielt, das „halbe Schlagzeug“ (war auch ein Kritikpunkt) bereitet den Boden für den dezenten Countryabend. Das Keyboard nervt nie und der zweite Gitarrist (auch Vocals) fängt perfekt die zugespielten Bälle von Wilkins auf. Überhaupt ist das musikalische Miteinander auffallend gut. Ich ziehe jetzt mal die Vergleichsschublade auf: It smells a little bit like Jamie Johnson. Schöner Set, ohne Highwayromantik. In Luckenbach, auf der Outdoorstage, bei 25 Grad, hätte es allen gefallen – da bin ich mir sicher.

Ich schlage vor ins „Continental“ weiterzuziehen, hat keiner Lust drauf, gehen wir also ins Woodrow‘s und reden über unsere Lieblingsplatten. Ist ja auch mal schön! Der Rock ‘n‘ Roll zeigt heute seine Fratze: Florian steigt um von Shiner auf Margaritas.

Donnerstag, 8. Märzmicro

Als erstes Sandwichstop bei „Schlotzky‘s“, ist zu empfehlen, dann ins Waterloo Wristbänder kaufen, hat Florian gestern Abend auf Facebook entdeckt. Ist also manchmal doch sinnvoll, das Gesichtsbuch. Der Preis ist dann auch nicht um 60 $ gestiegen, wie angekündigt und befürchtet, sondern nur um 10 $. Aktueller Preis liegt nun bei 175,00 Dollores. Da kann man sich jetzt freuen oder ärgern.

Heute wird endlich der lange geplante Shinerausflug realisiert. Vor zwei Jahren sind wir ja grandios gescheitert, weil: Closed on Sundays. Es regnet ein wenig, stört uns überhaupt nicht, wir genießen bei „entschleunigter Geschwindigkeit“ die texanische Weite. Vor Shiner tanken wir unser Auto, im fünften Anlauf klappt es dann endlich, wir verstehen weder warum es erst nicht und dann doch funktioniert hat. Egal, voll ist voll, oder? Im Giftshop kaufen wir etwas Tourikrempel und erhalten jeder insgesamt vier Holzchips die bei Einlösung auf je ein Minishiner berechtigen. Achtung, die sind nicht übertragbar. Da Florian fährt, verfallen einige Chips. Die Führung ist dann unspektakulär. Unser weiblicher Guide hat viel zu berichten, in Highspeed, da kapituliere ich mit meinem ostdeutschen Schulenglisch. Vorteil Florian! Später, als wir die die Abfüllanlage durch ein Glasfenster besichtigen, werde ich nach unserer Herkunft gefragt. „Germany – and we founded it!! Of Course! Und dann die Führerin zur Gruppe mit dem größtmöglichen Respekt: „These Gentlemen are from Germany!“ Coole Show!

Wir nutzen den Rest des Tages um nach New Braunfels, Ortsteil Gruene, zu fahren eine weitere deutsche Enklave in Texas. Sehr schöner Ort, im Western- und Countrystyle, wie authentisch das ist, wissen wir nicht, ist aber alles toll hergerichtet und wie die übliche Touristenabzocke wirkt es eigentlich nicht. Im Lonestar Music Shop bekommen wir das gleichnamige Mag geschenkt. Die Verkäuferin hat einige Zeit in Berlin gelebt und ist der weltgrößte Cross Canadian Ragweed Fan mit unzähligen erlebten Liveshows. Nächste Ausfahrt Outback, kein Liveclub, sondern ein Steakhouse. Die Bedienung hat mir relativ schnell zwei Margaritas verkauft, für 3,99 Dollores wohlgemerkt. Ribeye und Sirloin, medium und gut wie immer.

Das Rechercheergebnis für den heutigen Liveteil führt uns direkt ins „Lambert‘s“, Bar & Grill in der 2. Str., zweigeschossiger, ziemlich stylisher Laden, gediegene Einrichtung, mit Leuten, kaum unter 30 und nie über 40, Yuppies eben, die es irgendwie geschafft haben, man kennt diese Klientel. Preise dementsprechend. Von dem auf der Bühne agierenden Jazztrio (Lounge-/Barjazz, Piano, Schlagzeug, E-Bass) erleben wir noch eineinhalb Nummern, gute Musiker, Jazz ist unsere Sache nicht. Wir sind aus anderen Gründen vor Ort, Southbound Drive, im Austin Veranstaltungskalender als CD-Releaseparty einer Americanaband angekündigt. Zuvor poppt Tucker Jameson & Band die Bühne, junger Musiker, der mehr Zeit beim Friseur als beim Musikunterricht zugebracht haben dürfte. Jameson besticht nicht wirklich durch sein Gitarrenspiel (akustisch) und der Gesang kippt gegen Ende einer jeden Verszeile, bzw. wird merklich höher. Auch die Begleitband (E-Gitarre, Drums, Bass) vermag nicht wirklich zu überzeugen, uns erinnert es an die schlimmsten Momente von Bryan Adams. Fakt ist aber auch, dass hier junge Leute auf den Brettern stehen, die die Ochsentour durch Austin´s Club´s auf sich nehmen, was bei dem riesigen Angebot nicht genug gewürdigt werden kann. Die Mugge stört auch nicht, ist aber unerheblich. Fazit: Lieber zwei Jameson als einer, dennoch Respekt und viel Glück!

Southbound Drive machen ihre Sache dann erheblich besser. Die Releaseparty zur CD findet praktisch ohne CD statt, die Jungs (E-Gitarre und Lead-Vocals, E-Gitarre und Vocals, Bass, Schlagzeug) wissen auch nicht so genau, wann die rauskommt, jetzt, irgendwann halt, egal. Wie schon angemerkt, Americana ist das nur am Rande, schneller gespielt, Alternative-Guitar-Rock, wenn wir diese etwas „verkopfte“ Beschreibung mal so formulieren dürfen. Sänger, Gitarrist und Komponist Scott Collins (wirkt ein wenig wie Stuart Mann von Statesboro Revue) bewegt sich zwischen Adam F. Duritz (Counting Crows, nicht so klagend) und Jay Farrar (Son Volt, nicht so nölend) So auch die „Soundkategorie“ ohne den schon erwähnten Americananteil wie etwa bei Son Volt.
Der zweite Saitenmeister, David Butler, (erinnert mich an Warren Haynes), Leadgitarre, sorgt für den guten Alternativesound, der im kleinen Club optimal gemixt ist. Bassist und Stoiker Ross Falcon macht das für was er engagiert ist, den Rhythmusteppich ohne eine Miene zu verziehen, außer das bedrohliche Malträtieren eines Kaugummis. Zack Boston sorgt mit wildem, organischem Schlagzeugspiel dafür, dass sich die Bassfiguren mit seinem Geknüppel auf diesem Teppich gekonnt ergänzen. CD‘s gab‘s dann doch noch – per Selbstbedienung aus einem Blechkübel konnten sich die Anwesenden mit einer 4-Track-Promo versorgen. Schulzie, keine Angst, ich habe drei organisiert. Morgen Abend in der „Rotäugigen Fliege“ am Riverside Drive, wird wohl nix, wir gehen ins Saxon. Zumal Collins selbst nicht so genau wusste, ob morgen Abend und wo. Dicker Tipp, absolut.

Freitag, 9. Märzmicro

Frühstück bei Curras, es regnet in Strömen, dass in Texas aber auch wirklich alles größer sein muss. Zu allem Übel ist die Temperatur auch um mehr als 10 Grad gefallen, wir haben maximal noch 10 Grad, gefühlt eher einstellig. Den Gruene-Dance-Hall Plan für heute Abend verwerfen wir somit, bei Nacht über die Autobahn, bei schlechtem Wetter, da haben wir beide keine Lust drauf. Es müssen noch ein paar Dinge erledigt werden, Kauf neuer Gitarrengurte usw., das geht auch bei miesem Wetter, ggf. noch etwas sightseeing, Capitol etc. Heute Abend dann ins Saxon, ist ja auch ein wirklich schöner Laden. On Stage Malford Milligan (Blues), später David Grissom, aha (siehe oben), zuvor evtl. noch zu Earl Pool Ball & The Cosmic Americans, mal sehen.

Es regnet immer noch, ziemlich lästig, aber nicht zu ändern. Wir haben dem „Friends Of Sound“ (nur Vinyl, große Auswahl und vernünftige Preise, allerdings schlecht sortierte Ordnung) und später noch dem „Antone‘s Record Shop“ (sehr viel Vinyl, klasse Auswahl, kleineres CD-Angebot) unsere begrenzte Kaufkraft zur Verfügung gestellt. Da ich aufpassen muss und nicht um eine weitere Kleidergröße anbauen möchte, gibt‘s maximal einen Salat, so geschehen bei Schlotzky‘s, dann den Text einklopfen und per Taxi ins Saxon. Neue Gitarrengurte gab‘s dann auch noch für Florian (modern) und mich (retro), jetzt müsste man nur noch spielen können (Gunther).

Auf dem Weg ins Saxon erklärt uns der Taxifahrer, dass das Wetter für‘s SXSW schlecht, für die Natur aber dringend notwendig ist. Im letzten Jahr ist wegen der großen Dürre, das Vieh verendet. So relativiert sich alles!

Eigentlich war für heute die Gruene Hall mit James McMurtry (Americana) geplant, aber den Plan hatten wir beim Frühstück verworfen. McMurtry spielt Mittwoch bei der Guitartown Party umsonst, 300 Meter von unserem Hotel entfernt; und Gruene bzw. New Braunfels ist schon ein gutes Stück zu fahren. Alternative dann Saxon, erst Milligan, dann Grissom. Am Morgen kurz im Internet Karten klargemacht für beide Shows und dank der heutigen technischen Möglichkeiten den Beleg per Internetfax an die Hotelrezeption geschickt. Was hat man nur früher ohne Internet gemacht?

Was uns bei Malford Milligan erwartet, wussten wir nicht. Namen schon einmal gehört, Gunther hatte ihn 2011 auf der erweiterten Liste, aber nicht gesehen. „Country“, meint er sich zu erinnern, aber wikipedia sagt „Blues/Rock/Soul“ und verrät auch, dass er mit David Grissom zusammen eine Band namens „Storyville“ hatte. Optisch sieht er auch nicht nach Country aus. Mal sehen!

Den ersten Musiker, den wir sehen, ist sein farbiger Keyboarder. 200 kg Lebendgewicht, bestimmt, noch 15 mehr und er kommt mit den Armen nicht mehr an sein Instrument. Milligan‘s Drummer ist ein ähnliches Kaliber, aber min. 1,95 Meter groß. Passenderweise heisst er „Tiny“. Als dann auch noch der Basser auf die Bühne kommt (figurtechnisch zwischen beiden und mit langen Rastas) und sie Anwesenden mit weit aufgerissenen Augen und einem herzhaften „PEOPLE!!!“ begrüßt, wird klar: nix Country. Daran ändert auch der weiße Gitarrist, ein Hänfling nichts. Milligan spielt grob eine Mischung aus Funk, Soul und R + B und obwohl das normalerweise so gar nicht meine Baustelle ist, kommt das live mächtig rüber. Die Rhythmusgruppe groovt wie selten gehört (nein, ich bringe hier jetzt keinen schlechten Kalauer von wegen: 850 kg und ein fetter Groove oder so…), eine Gitarre reicht aus, wenn man sie so spielt wie Milligan‘s Mann und Malford selbst ist der geborene Frontmann; dirigiert ständig seine Musiker, hat einfach Musik im ganzen Körper und eine super Stimme. Hätte mir vor ein paar Jahren nicht vorstellen können, mal von einem Funk- oder R + B-Konzert begeistert zu sein, aber das war ganz großes Entertainment.

Schwerer Stand für David Grissom danach? Im Grunde schon, nach so einem Inferno aufzutreten, aber Grissom schafft es, das Stimmungslevel zu halten, auch wenn seine Show natürlich musikalisch ganz anders gelagert ist. Setlist ist ähnlich, viel instrumental und Lehrer Grissom beäugt seine Mitstreiter wieder, aber Strafarbeiten in Form von stundenlangem Tonleiterüben muss keiner fürchten, denn das Zusammenspiel klappt bestens. Malford Milligan kommt dann auch noch für zwei Nummern auf die Bühne, und mit einem Klassesänger wächst das Ganze noch einmal. Alles in allem ein toller musikalischer Abend, der gespannt macht auf den kommenden Dienstag: free Show @ Saxon Pub, als „Power Trio“, ohne den Keyboarder, der hat eine Entschuldigung der Eltern abgegeben. Vielleicht lässt er es nochmal einen Tick mehr krachen?
Die abendliche Schlussbetrachtung findet im Woodrow‘s statt.

Samstag, 10. Märzmicro

Der proppenvolle Parkplatz vorm Curras läßt es schon erahnen, es ist DAS Wochenende vorm SouthbySouthwest, einen Tisch bekommen wir trotzdem, wir sind ja quasi Stammgäste. Später streichen wir durch die Stadt. Das Capitol zu besichtigen, muss zeitlich drin sein. Kurzer Check am Metalldetektor, dann kann die selbstgeführte Entdeckungsreise in die amerikanische Geschichte im Allgemeinen und in die texanische (auch Südstaatengeschichte) im Besonderen beginnen. Aufgereiht sind alle Gouverneure, auch die, deren Namen ich bereits vergessen habe. Am imposantesten waren jedoch die beiden, für Publikum geöffneten (!) Sitzungssäle, Senat und Repräsentantenhaus. Sehr stilvoll eingerichtet, edel, alles in Holz, die können Geschmack haben, wenn sie wollen, die Texaner. Insgesamt sehr schöne Anlage, außen wie innen. Sehenswert!

Inzwischen ist ein weiterer kleiner Teil der deutschen Rock ‘n‘ Roll-Liga in Austin eingetrudelt, Buffalo und Reni, wir besprechen auf meinem Zimmer die „Vorgehensweise“ der nächsten Tage.
Es regnet immer noch. Wir laden unsere Akkus für Luckenbach. 17:00 Uhr Aufbruch, Wolfgang fährt, Florian und Thomas navigieren, ich genieße das stille Dahingleiten bei Hazeldine, später Black Keys – nicht mehr sooo still. Pünktlich zur Ankunft beginnt es wieder stärker zu regnen. Im beheizten Souvenirshop wird gerade ein Geburtstag zelebriert. Wir stören nicht, starten mit einem Shiner. sind alle sehr gespannt auf die Bands, die die „Tanzhalle“ heute rocken. Vorher noch „German Bratwurst“, war o.k.
Die Luckenbach Dance Hall ist ein 150 Jahre alter Holzstadel, mit ein paar Tischen, einer Tanzfläche und einer Bühne. Im Einfachen verbirgt sich neben der Tradition oft die Genialität. Am Einlass werden wir vom Luckenbach-Sheriff, der wie Willie Nelson anmutet, begrüßt: This is German-Texas! Jawoll!!

Die Dirty River Boys aus El Paso, Texas, eröffnen den Tanzabend, der als solcher zu verstehen ist, es handelt sich nicht um Konzerte! Der Sound der dreckigen Flussjungen will nicht so richtig in eine Schublade passen. Es wird die komplette Südstaaten-/Alternativschiene geboten, dazu noch ein paar ziemlich punkige Zitate. Die führen mit ihrem wilden Instrumentarium (Upright-Bass, Akustikgitarre, Snare, Cajon-Drum, Banjo, E-Ukulele, Harmonica) alle Stile formidabel zusammen: Hillbilly, Bluegrass, Country-/Westernstyle, Rockabilly, Alternativcountry, Red Dirt, das alles dann in Punkgeschwindigkeit. Spielen dürfen (können) alle alles, es wird öfter durchgewechselt, Bassist an die Ukulele, Gitarrist an den Bass, Rhythmusvorstand gleichzeitig Cajon, Snare und Harp. Eine musikalische Reise nach Jerusalem, nur dass hier kein Musiker übrigbleibt, bestenfalls ein im Moment nicht benötigtes Instrument. Alles in allem, vergleichbar, nur am Rande weil mir nichts anderes einfällt, mit „Highspeed-Uncle-Tupelo“. Die Tanzfläche ist gut genutzt, Cowboyhüte drehen sich im Kreis, die Texaner flippen völlig aus. Keine Band für den Plattenschrank, live aber der Hammer! Was für ein Auftakt!!

Auf Kevin Welch‘s Sohn Dustin Welch sind Florian und ich sehr gespannt. Den Vater haben wir ja letztes Jahr auf der Outdoorstage mit der „Kartoffelpistole“ gesehen. Wir rätseln, was das wird, sind uns dann einig, Country und Peripherie, die Violine (weiter: E-Bass, E-Gitarre, A-Gitarre, Steel-G, Banjo, Schlagzeug) bestätigt uns. Viel läßt sich über den Gig nicht sagen, sie haben wahrhaftig Besseres verdient, der Auftritt wird aber auf dem „Altar des miesen Sounds“ geopfert. Ein eindeutig zu lauter Bass (Oberposer) der obendrein auch noch ziemlich funky gezupft wurde, eine alles überlagernde Violine, der Schlagzeuger, wenn man freundlich sein möchte, ist nur Durchschnitt. Gitarren? Fehlanzeige, nicht zu vernehmen, weggemixt, wie in Deutschland Gitarren im lausigen Radioprogramm. Dustin Welch‘s Stimme erinnert mich ein wenig an Jakob Dylan, Florian meint in höheren Lagen Billy Corgan zu vernehmen, ich krame schon seit 24 Stunden in meinem Kopf, nach einem Sänger einer ziemlich angesagten 90er Gitarrenpopband, der Name will mir nicht einfallen. Wird nachgereicht, versprochen. Umschreiben kann man das mit Alternativcountry, evtl. etwas Sixteen Horsepower/Wovenhand, nur eben schneller. Hätte gerne „freundlicher“ zusammengefasst, war leider nicht möglich. Eigentlich eine gute Band. Applaus gab es auch kaum, die Tanzfläche blieb leer, irgendwie wurde es an einem kühlen Abend kälter. Neue Chance erspielt.

Die Adam Hood Band sagt uns nichts, reiht sich nahtlos in das schier unerschöpfliche Reservoir der „Texas Trios“ ein (Gitarre, Bass, Schlagzeug) auf eine Auflistung wird an dieser Stelle aus gebotener Ehrfurcht verzichtet. Musikalisch kommt das wie „Roscoe-Schule“ daher, erinnert an „Go To Blazes“ auch etwas an Bottle Rockets, gute Sache, aber unspektakulär. Die Soli wirken berechnend und unspontan, erst bei ZZ-TOP-Style und einer Reihe Bluesrocknummern springt der Funke. War ganz o.k, muss man aber nicht gesehen haben.

Zum Finale dann der eigentliche Grund unserer Anwesenheit, Micky And The Motorcars, Countryrock, Alternativcountry und Red-Dirt-Schule, bisher der vierte Motorcarstermin, schiedlich-friedlich zwei in Deutschland, zwei in Texas. Wir sitzen im hinteren Bereich der Halle, der Sound erscheint uns etwas dünn, auch aus diesem Grund ab zur Bühne. Wir stehen quasi an vorderster Front, rein mit den Ohrenstöpseln. Neu an Bord sind Dustin Schaefer (Gitarre) und Joe Fladger (Bass), beide wahre Jungspunde und insbesondere Dustin Schaefer wirkt wie eine Frischzellenkur und läßt seinen manchmal lethargischen Vorgänger Kris Farrow schnell vergessen. Und überhaupt haben die sich zu einer richtig guten Band gemausert. Heute Abend gibt’s das volle, spielfreudige und energiegeladene Programm, nur Micky‘s Bruder Gary wirkt an diesem Abend manchmal etwas unlustig und desinteressiert. Er verschwindet samt Gitarre hin und wieder im Backstagebereich um kurz an seiner Fluppe zu ziehen. In Luckenbach genießen die Motorcars inzwischen mittleren Heldenstatus, die Tanzfläche ist voll, die Cowboys und Cowgirls sind textsicher, jeder Song wird gefeiert. Florian und ich werden von einem jüngeren Texaner, der offensichtlich etwas zu viel Leichtbier erwischt hat, angerempelt, nicht schlimm, uns hat es nicht weiter interessiert, den Willie-Nelson-Sheriff allerdings schon, sofort war er sein Einlasskontrollband los, damit die German Gentlemen ungestört abrocken können. Saugute Liveband, gelungenes Finale, Shinerflasche und Texashorns nach oben!
Hier noch (gibt es auch nicht überall) die Setlist der Luckenbach-Show:

Any Longer Any More
Rocksprings
Big Casino
Never Been Out West
Nobody
Bloodshot
July, You're A Woman
Bo
Seashell
Guts
Lawyers, Guns & Money
Sister Lost Soul
Which Way From Here
How Far I'll Go
A Thousand Tears
Grow Old
Twilight
Bandvorstellung
Raise My Glass
Ain't In It For The Money
Love Is Where I Left It
Carolina Morning
Stay With Me (Faces)
Encore:
Careless
Naive

Wolfgang fährt uns durch die verregnete texanische Nacht zurück ins Hotel. Das dafür avisierte Steak ist mehr als verdient. Vielen Dank!

Versprochener Nachtrag zum 10. 03. 2012, Dustin Welch
Die Stimme, an die er mich erinnert, ist der Sänger der Crash Test Dummies Brad Roberts.

Sonntag, 11. Märzmicro

Frühstück im Magnolia Cafe, wir haben Glück, in der Niederlassung an der Congress Ave ist gerade ein Tisch frei, vorher sind wir gescheitert. Läuft gut der Laden!
Florian schlappt ins Waterloo, ich tippe, und beschrifte Bilder, irgendwie soll das ja alles ab Mittwoch online sein. Später stehen „Shearwater“ und „Peelander Z“ auf dem Programm.
Ein Wunder, es hat aufgehört zu regnen, die Sonne lacht uns an und lädt uns ein, zu, ja wozu wohl…??? Innerhalb weniger Stunden ist die Temperatur 20 Grad gestiegen, gestern waren Handschuhe, Mütze und Regenjacke angesagt, heute die Sonnencreme.

Mit Blue-Rose-Edgar, sind jetzt alle vor Ort. Im Waterloo besucht die versammelte deutsche Liga den zweiten Gig von Shearwater. Ebenso betörend wie im Antone‘s, kleinere Bühne, für die schwierigen Verhältnisse gut gemixter Sound. Vergangenen Sonntag ist mir nicht aufgefallen, dass der Vibraphonist zusätzlich eine Snare und ein Becken beackert. Grundsätzlich gilt der sehr positive Eindruck vom vergangenen Montag, zwei zusätzliche Schubladen möchte ich dennoch aufmachen: Dinosaur Jr. (die spielen übrigens auch beim SXSW) und die weniger bekannten australischen The Drones (die Besetzung ohne James McCann) Florian läßt signieren, ich verschwinde sofort nach der Show ins Hotel.

Für die abendliche Unterhaltung steht ein Gratis-Konzert der aus dem Vorjahr bekannten japanischen Comic-Punks Peelander-Z auf dem Zettel, die uns mit ihrer witzigen Bühnenshow von Roky Erickson's Showcase noch in bester Erinnerung sind. Die haben in den Beauty Ball Ballroom geladen, um die Premiere ihres neuen Videoclips „Star bowling“ zu feiern und dazu noch ihre Landsleute Electric Eel Shock sowie Ghost Knife aus Austin im Gepäck. Ein Blick auf den Stadtplan zeigt, dass der Laden ein gutes Stück außerhalb des Zentrums liegt und der freundliche Taxifahrer, der uns in die Outskirts bringt, erläutert auch warum: die Mieten in Austin steigen rasant, und der eine oder andere Club wie das Emo‘s oder oben die Zweitniederlassung der Beauty Bar weichen nach außerhalb aus.

Dort angekommen ist noch kaum was los, nur Peelander-Z-Frontmann „Peelander Yellow“ lungert am Merch-Stand rum und begrüßt uns freudig aufgeregt mit einem enthusiastischen „Thank you for coming! Palty! Palty!“ Netter, lustiger Vogel, der auch gerne ein Foto mit uns macht. Wir inspizieren den Club (schön, neu und gemütlich), testen die Qualität des hiesigen Shiner an und bald stehen auch schon Ghost Knife, der Anheizer, auf der Bühne. Anheizen tun sie das Publikum aber nicht. Gunther gefällt ihr recht gleichförmiges und unspektakuläres Punk-Indie-Rock ‘n‘ Roll-Gemisch von Anfang an nicht, ich finde es anfangs nicht schlecht, im Laufe des Sets wird es aber doch recht langweilig. Dass Mike Wiebe mehr drauf hat, als er hier zeigt, wissen wir aber aus dem Vorjahr, als er mit den Riverboat Gamblers ebenfalls bei Roky Erickson‘s Showcase das Threadgill‘s auseinandergenommen hat. Schwamm drüber!

Electric Eel Shock machen dann das, was Ghost Knife nicht schafften, nämlich anheizen. Schon beim Stimmen der Instrumente und dem Anblick der Musiker (Gitarrist mit halblangen wallenden Haaren und Flying-V/Drummer mit Hanoi Rocks-Shirt) ist sich Gunther sicher: „Das wird richtig guter Heavy Metal“. Der erste Aha-Effekt dann gleich zu Beginn der Show: der Drummer steigt auf seine Bassdrum und hat außer dem Hanoi Rocks-Shirt nur noch eine Socke an, über einem Meter lang und in bester Chili-Peppers-Manier über sein bestes Stück gezogen. Der alte Angeber! Das Shirt ist dann auch noch relativ schnell weg und mit nacktem Drummer rockt sich der japanische Dreier durch seinen Set; die großen Posen haben sie alle drauf und dazu können sie richtig spielen und bringen mit ihrem hochexplosiven Rock ‘n‘ Roll/Punk/Metal-Cocktail den Laden zum Toben. Dazu noch eine leicht wahnsinnige Bühnenshow (Klettern und Springen von doch recht hohen Boxen, Stagediving) und wohl ziemlich sinnfreie Texte zum Mitgröhlen á la „I can hear the sex noise“... super Auftritt! Mal sehen, ob die gekaufte CD auch was kann!

War das schon das Abgefahrenste an diesem Abend? Natürlich nicht, denn die völlig Durchgeknallten vom Planten Peelander sind gelandet. Im Landeanflug gibt es noch kurz ihr neues Video „Star bowling“ zu bestaunen... trashig, und über den Song (eine schräge Disco-Nummer) decken wir mal den Mantel des Schweigens, aber hey ... wenn anschließend fünf Japaner mit silbern-bunten Raumkostümen auf der Bühne stehen, mit dem ersten Song schon einen ordentlichen Moshpit lostreten und beim zweiten (dem Bandklassiker „Mad Tiger“) und dauernden „Mad Tiger“-Sprechchören zwei Bandmitglieder, Peelander Yellow und Peelander Red, als Tiger und Oktopus (?!?) verkleidet ins Publikum springen und die Anwesenden zum Limbo-Tanzen animieren, wer kann da ernsthaft irgendwas über vielleicht eher durchschnittliche Musik sagen? Die Band ist einfach total witzig anzusehen, das ist eine riesige sympathische Freakshow mit hohem Unterhaltungswert! Ganz so schlecht ist die Musik auch nicht, „Medium rare“, „Ninja highschool“, nette Punknummern mit immer viel Action auf der Bühne, und wenn‘s dann doch mal richtig mies wird (wie eben bei der neuen Single), dann wird eben mit dem Publikum gebowlt, mit Peelander Yellow und Peelander Red als Bowlingkugeln. Die Freakshow perfekt macht dann das Finale als Electric Eel Shock dann nochmal auf die Bühne kommen und acht Japaner gemeinsam „Girls just wanna have fun“ von Cindy Lauper covern. Unfassbar. Muss man gesehen haben, kann man eigentlich nicht treffend in Worte fassen.

Entgegen den Befürchtungen bekommen wir anschließend recht schnell ein Taxi, dass uns wohlbehütet wieder ins Zentrum bringt, wo wir das Gesehene noch einmal im Woodrow‘s Revue passieren lassen.

Montag, 12. Märzmicro

Begründet durch die gute Lage in der Nähe zur Interstate bevorzugen wir wieder das Curras, danach brechen wir nach San Antonio auf, ungefähr 70 Meilen westlich von Austin. Sehr schöne Stadt, spanisch-mexikanisches Flair, war ja auch mal in beider Hand. Vor dem Hintergrund der relativ kurzen amerikanischen Geschichte, werden die aus texanischer Sicht positiven Ereignisse geradezu zelebriert. Im Fort Alamo ist der Weg Texas‘ in die Südstaatenkonförderation (7. Beitrittsstaat) und später in das vereinigte Amerika gut nachvollziehbar dargestellt. Sehr schöne Anlage, leider proppevoll, Touristenmagnet Nummer Eins in San Antonio. Dies gilt auch für den legendären Riversidewalk, auf die Bootsfahrt verzichten wir ebenso, wie auf die Fahrstuhlfahrt auf den Tower Of The Americas, der sich in unmittelbarer Nähe befindet. Die spanische Kirche San Fernando bietet das, was katholische Gotteshäuser gemeinhin zu bieten haben, viel Gold usw. Der Bau ist vielmehr durch seine Architektur den Abstecher wert. Der Gouverneurspalast war leider montags geschlossen.
Fazit: Auch wenn wir nur an der Oberfläche kratzen konnten, San Antonio ist uneingeschränkt zu empfehlen. Wirkt nicht wie 1,6-Millionen-Einwohner-Stadt.

Das Tanken bereitet uns wieder Probleme, da wir uns als „stupid Germans“ identifizieren, bekommen wir sofort Nachhilfe. Später geht’s zu den Lambert-Yuppies essen, war schon sehr gut, hier treffen sich wirklich nur die „Außerwählten“ – mal von den Schreibern dieser Zeilen abgesehen.

Da wir vom Auftritt der Statesboro Revue nichts mitbekommen haben, ziehen wir ins Blue Moon. Die Southside Ramblers geben zweieinhalb Stunden das volle Bluesbrett. Eigentlich wollten wir nur auf ein Shiner bleiben. Die Zeit verging wie im Flug, so haben wir die komplette Show auf uns wirken lassen. Nahezu identisch mit dem Auftritt der vergangenen Woche, hochenergetischer Chicago-Blues, dieses Big-City-Ding, hier einige der Hohepriester: Buddy Guy, Junior Wells, Otis Rush, Elmore James, Muddy Waters, Howlin Wolf, Canned Heat und branchenübergreifend auch z. B. Chuck Berry. Mich würde schon interessieren, ob die auch das Zeug für eigenes Material hätten, technisch gut genug sind die ohne weiteres. Der Flinkfinger vom letzten Montag (Gretsch) war nicht an Bord, wurde aber kongenial durch einen anderen Gitarristen ersetzt. Solide Arbeit. Auffällig waren einige Gäste, die sich trotz der zweieinhalb Stunden Show, (die ja auch noch gut war) nicht in der Lage sahen, ein paar Bucks in den Tipkübel zu werfen. Müsste sofort mit Lokalverbot geahndet werden. Dekadentes Volk, das Kultur als allzeit verfügbare, kostenlose Dienstleistung begreift. Auch immer schlimmer werden die Toiletten, wenn mit einer Pipette eine „Bodenprobe“ gezogen würde, kann man seinen eigenen Urin identifizieren, aus 2010! Leider ist wohl das Geld für die Renovierung an der Tür ausgegangen oder in die Silikonkunstwerke der Bardame investiert wurden. Yer Blues! Der Farbige, der mir meine Schuhe putzen möchte, wird missverstanden. Shoeshine! Shoeshine!! Suicide!? Bitte nicht wegen uns….!!!

Die 6th Str. ist schon gesperrt und die Rock ‘n‘ Roll-Termiten fallen über die Stadt her. Ausnahmslos alle Clubs der Rockmeile werden schon bespielt. Da morgen Auftakt ist, beschließen wir noch einen Absacker in Hotelnähe, dann geht’s früher in die Kiste. Das vor uns liegende Programm erfordert ein Mindestmaß an Kondition.

Dienstag, 13. Märzmicro

Wir wechseln den „Frühstücksdienstleister“ und gehen ins „Kerbey Lane“ am Lamarboulevard. Alternativer Laden, auch glutenfreies oder vegetarisches Futter. Gerne wieder!

Heute steht das „David-Grissom-Powertrio“ (so angekündigt, ohne Keyboarder) und die umformierten Heathens (nachdem Colin Brooks ja leider verschwunden ist) auf dem Programm. Sind auf beides sehr gespannt. Pünktlich um 18:00 Uhr im Saxon Pub betritt der musikalische Oberlehrer (dies durchaus mal im positiven Sinn) mit seinen für diese Show zahlenmäßig verringerten Novizen die Bühne. Das Dumme ist nur, wir sind nicht dabei, haben leider kein Taxi bekommen, hier geht‘s drunter und drüber. Vielleicht gibt‘s ja einen „Gastkommentar“, mal sehen.

Wir ändern also ad hoc unsere Pläne und ziehen gleich weiter Richtung „Threadgill‘s“, Barton Springs, Ecke Riverside Drive. Ein sehr schöner Biergarten, die Heathens sind gerade beim Soundcheck. Hört sich gut an, unsere Befürchtung, dass nach dem Ausscheiden von Colin Brooks die Rockattitüde gänzlich verloren geht, scheint sich nicht zu bestätigen. Vorher essen wir noch Indoor Florian Liver, ich The Five Vegetables Platter. Naja … aber, unglaublich, am Nebentisch sitzt Hayes Carll mit Familie, ja genau, der Hayes Carll, kein einziger Auotgrammwunsch wird abgelehnt, wir respektieren die Privatperson und stören ihn nicht. Cooler Typ!

Als Support eröffnen „Shovels & Rope“ den Abend. Gemischtes Duo, bestehend aus Drums (Snare, Bass, Becken) akustische Gitarre, Harmonica, mehrfach wechselnd, den Gesangspart übernehmen beide, wobei ihr der Groove an den Drums fehlt. Hat aber eine angenehme Stimme, Sound lässt sich mit Alternativ-Country, klassischem Country, etwas Rock ‘n‘ Roll am besten beschreiben. Versprühen durchaus Romantik, dies ohne aufgesetztes Pathos. Klingt nach den deutschen Hitchin‘ Post, wenn sich an die noch jemand erinnern kann. War gut.

Inzwischen ist der Garten gut gefüllt, es werden noch zusätzliche Stühle organisiert.
Beim Schreiben dieser Zeilen überlegen wir, wie oft wir die „Band Of Heathens“ jetzt live gesehen haben, ich locker zweistellig, Florian nah dran. Um es vorwegzunehmen: Der befürchtete musikalische Aderlass durch den Weggang von Colin Brooks hat nicht stattgefunden. Ed Jurdi übergibt den Keyboardpart an den neuen Kollegen Trevor Nealon und konzentriert sich auf seine Gitarre und Gesang. Dem Bandsound kommt dies sogar zugute, ich meine, durch das zusätzliche Instrument etwas mehr Gospel und Südstaaten-Soul zu entdecken, immer noch die Quersumme aus Little Feat und „Exile…“, nicht „Rock‘s Off“ wie Edgar zu bedenken gibt, aber schon Sweet Virginia oder z. B. Let It Loose. Ab der ersten Nummer „You‘re Gonna Miss Me“ wird gejammt, geht fast zehn Minuten. Exzellent, auch wenn Labelchef Edgar das als Gitarrengefrickel abtut. Die ohnehin schwachen „Polaroid“ und „Free Again“ fallen etwas ab, mit „Judas Scariot Blues“ wird ein erstes musikalisches Ausrufezeichen gesetzt. Der Kracher „Medicine Man“ groovt wie in besten „Colin-Tagen“. Es gelingt, die laue Vorstellung bei der letztjährigen Releaseparty im Antone‘s und auch den dürftigen BRCP-Auftritt, der von bandinternen Problemen gezeichnet war, endgültig zu vergessen. Mit „Jackson Station“ das garantiert nicht vorbereitet war, endet ein fulminanter Auftritt einer fulminanten Band. Zum Schluss gibt‘s noch bereitwillig Fotos und eine von allen Bandmitgliedern signierte Setliste. Fast vergessen, für ein Stück war Trisha Kelly Mickwee mit auf der Bühne. Saustark!

Hier die Setliste:
• You‘re Gonna Miss Me
• Polaroid
• Free Again
• Judas Scariot Blues
• Nine Steps Down
• Right Here With Me
• This I Know
• Ain‘t No More Cane
• Handbags And Gladrags (Michael D‘Abo)
• Medicine Man
• Talking Out Loud
• Maple Tears
• I Ain‘t Running
• Nothing To See Here
• L. A. County Blues
Encore:
• Jackson Station

Titel 5 oder 6 steht nicht auf der Liste, war das neue Stück „Transit Wind“, typisch Heathens eben.

Mittwoch, 14. Märzmicro

Frühstück bei Curras, Bericht tippen (seit gestern ist unsere Seite online), dann geht's auf zur Guitartownparty. Ein Auszug gefällig:
STAGE OUTSIDE

11:30 AM–11:55 AM Deadman
12:30 PM–12:55 PM James McMurtry
01:30 PM–01:55 PM The dB's (w/Mitch Easter sitting in)
02:30 PM–02:55 PM Jon Dee Graham
03:30 PM–03:55 PM Ruthie Foster
04:30 PM–04:55 PM The Silos
05:30 PM–05:55 PM Nakia (from NBC's The Voice)
06:30 PM–06:55 PM Thomas Dolby
07:30 PM–08:00 PM American Aquarium
08:15 PM–08:45 PM Dash Rip Rock
09:00 PM–09:30 PM The Blackbirds

STAGE INSIDE

11:00 AM–11:25 AM Josh Buckley
12:00 PM–12:25 PM Chip Robinson
01:00 PM–01:25 PM Buggaboo
02:00 PM–02:25 PM Henry Wagons (from Wagons)
03:00 PM–03:25 PM Hobart Brothers und Lil‘ SIs Hobart (Freedy Johnston, Susan Cowsill, Jon Dee Graham)
04:00 PM–04:25 PM Anne McCue
05:00 PM–05:25 PM Miles Zuniga
06:00 PM–06:25 PM Shurman
07:00 PM–07:25 PM Steve Poltz

Wir sind rechtzeitig im Dogwoods, die Sonne scheint, das Line-up passt, Rockerherz was willst du mehr? Das Dogwoods besteht aus einem Außen- und einem Innenbereich, zwei Bars, außen rechteckig und direkt vor der Bühne, was es unmöglich macht einen guten Platz mit Sicht auf die Bühne zu erwischen – sofern man höflich bleiben möchte. Gute Bar, als Venue völlig ungeeignet. Das wäre doch ein Wunsch…

Kurzer Blick nach links, da sitzen sie wieder, unsere texanischen und kalifornischen Freunde, Karl F. Jones mit Schwester, Schwager und weiteren Verwandten, die wir seit vier Jahren regelmäßig auf der Guitartownparty treffen. Überschwängliche Begrüßung ohne gekünstelte Freude, eine Runde Shiner, dann schnell vor die Bühne!

Die immer noch als Newcomer einzustufenden Deadman rocken den Laden. Sehr sympathischer Sechser, drei Gitarren, Bass, Schlagzeug, Hammond, der Sound bewegt sich zwischen den musikalischen Punkten Gospel, Countrysoul, Jamrock und Roots, Little Feat und Allman‘s, Frontmann, Gitarrist und Sänger Steven Collin‘s Stimme erinnert ein wenig an „Van-The Man“. Beide Alben dringend zu empfehlen. Beide Daumen nach oben. Kommen nächsten Monat auf Deutschlandtour! Hingehen!!

James McMurtry kommt solo, dafür mit gut gefülltem Whiskeyglas, es ist mittags 12:00 Uhr, die Zwölfseitige zupft er gekonnt, die Texte und der Auftritt sind leicht mürrisch, wie McMurtry selber, seit eh und je. Man könnte fast denken, der geht sich selber auf den Geist. War aber gut, origineller Typ, mit kritischer Botschaft.
Danach reicht‘s fürs Erste, der Laden wird immer voller und zu sehen ist ohnehin nichts.

Edgar fährt ins Threadgills zu Ray Wylie Hubbard, ich (Gunther) schließe mich an. Fehlentscheidung, Indoorauftritt ohne jegliche Chance auch nur einen Blick auf Ray Wylie zu werfen. Da Reckless Kelly weit und breit nicht zu sehen sind, zurück ins Dogwood. Jetzt ist‘s richtig voll.
Bekomme noch geringfügig die dB‘s mit, habe einen schlechten Platz, die spielen in Originalbesetzung, mir persönlich gefällt es nicht so, liegt aber eher an den Umständen. Eine neue Platte soll auch kommen. Wir bleiben gespannt.

Florian ist zwischenzeitlich im Waterloo:
Wie schon fest auf meinem Tourfile geplant, mache ich (Florian) kurz vor 13 Uhr einen Abstecher zum nahe gelegenen Waterloo Parking Lot, wo heute ebenfalls das Programm loslegt. 1:00 a.m. für mich das erste „Must See“: Foxy Shazam. Noch nie live gesehen, haben die dennoch für mich eine kleine SXSW-Historie: 2010 kaufte ich bei Waterloo Records das Debut „Introducing ...“, 2011 das zweite, selbstbetitelte Album und nachdem ich nun 2012 am ersten Tag bei Waterloo das neue, dritte Album „The church of Rock ‘n‘ Roll“ (sic!) gekauft habe, bringt Waterloo Records mir sie noch live. Schöne Sache. Wie klingt die Band? Schwierig zu sagen... man stelle sich vor, Queen treffen Meat Loaf in einer 70er Disco und beide schlucken Acid. Abgefahrener Stoff und abgefahren ist auch die Show des Sechsers... man stimmt 10 Minuten Instrumente auf der Bühne, Frontmann Eric Sean Nally (mit schickem Vokuhila und 70er-Pornobalken) brabbelt eine durchgeknallte Ansage á la „Foxy Shazam is such a dark band, that you might even think that your eyes are closed. But they are wide open!!“ ins Mikro und wie auf Knopfdruck rasten alle sechs Mann aus. Vor allem Keyboarder Schuyler Vaughn White, der im Minutentakt auf sein Keyboard springt und Trompeten-Psycho Alex Nauth, der gerne aerobicartige Sprünge vollführt. Dabei ist die Musik, vor allem die neuen Songs, gar nicht sooo abgefahren (die Songs des Debuts waren noch die verrücktesten), sondern lässt sich gut hören, aber in der Verbindung mit der Bühnenshow der sechs Irren ist das eine äußerst unterhaltsame Angelegenheit. Nally übertreibt es zwar ab und an ein bisschen mit der Falsettstimme (spätestens hier hätte Gunther sie abgrundtief gehasst) und ich weiß nicht, ob sich diese Art von Show vielleicht ein bisschen abnutzt, wenn man die Band drei-, vier- oder fünfmal gesehen hat, aber trotzdem von meiner Seite beide Daumen hoch für eine unterhaltsame und unerwartete halbe Stunde.

Anschließend geht‘s kurz zurück ins Hotel, Speicherkarte leeren und die Videos der Show sichten. Da das schneller geht als erwartet, kehre ich mit nur einer Band Pause zurück zum Waterloo; der südafrikanische Rapper Spoek Mathambo spielt hier gerade. Fachlich bin ich hier völlig raus, das ist überhaupt nicht mein Gebiet und nicht meine Musik; man kann ihm aber zu Gute halten, dass sein Hip Hop-Elektro-Reggae-Gemisch live gespielt ist mit voller Band, und handgemachte Musik kann man immer begrüßen. Ganz schlecht tönt es auch nicht.

Grund meiner Rückkehr dann aber um 4 p.m. Trivium. Schon Wahnsinn, dass eine Band, die sogar in Deutschland locker vierstellig Zuschauer zieht, hier umsonst auf einem Platz spielt. Dementsprechend rappelvoll wird es hier und ehe ich mich versehe, bin ich mit meinen 33 Jahren einer der ältesten. Trivium sind mit ihrem modernen (Thrash) Metal eine Band für die Jugend, aber eine verdammt gute. Denn im Vergleich zu vielen derzeit angesagten Deathcore-Bands können sie richtige Songs schreiben mit großem Hitcharakter und spielen wie die Teufel. Die Jungs um Frontmann Matt Heavy brauchen dann auch keine 30 Sekunden des Openers „In Waves“ um den Waterloo Parking Lot in einen riesigen Moshpit zu verwandeln. Ein besorgter Vater neben mir beobachtet das Geschehen, da sein 16 Jahre alter Sohn im Pit zugange ist. Meine nett gemeinte Beschwichtigung, dass da nichts passiert, weil alle aufeinander aufpassen, glaube ich mir in der selben Sekunde selbst nicht mehr, so wild gehen die Kids ab. Matt Heavy heizt die Stimmung immer mehr mit gezielten Ansagen an und das Publikum frisst dem charismatischen Frontmann aus der Hand. Die leider nur sechs Songs lange Setlist besteht zur Hälfte aus Material des 2005er-Überflieger-Albums „Ascendancy“ und nach knapp 30 Minuten legt sich mit dem Rausschmeißer „Throes of perdition“ der Staub. Habe Trivium jetzt einige mal gesehen, und sie sind immer spitze!

Setlist:
• In waves
• Pull harder on the strings of your martyr
• Rain
• Like light to the flies
• Down from the sky
• Throes of perdition

Anschließend geht es zurück ins Dogwoods, wo ich zu American Aquarium wieder eintreffe und alle anderen wieder finde.

Edgar fährt zu Colin Brooks, ins Guero‘s auf der South Congress, die Gelegenheit packe ich (Gunther) sofort beim Schopf. Super-Soloauftritt des einstigen Heiden, in sich gekehrt und gleichzeitig befreit spielt er alles was sechs oder mehr Saiten hat, Dobro, Akustikklampfe, Lap-Steel. Schöne Setliste, viele seiner Heathenssongs:

• Motherland
• Mexico
• Blood In The Water
• Cornbread
• Hangig Tree
• All Your Love
• Enough
• Jenny Was A Keeper

Edgar, der ein Band-Of-Heathens-Shirt anhat, darf es anbehalten.

Es schließt sich ein Auftritt mit Nels Andrews (Gitarre, Gesang) und einem Kontrabassisten (das Instrument wurde wie bei einem Selbstbausatz vor der Show zusammenmontiert) an. Ebenso qualitativ wertvoll. Habe mir gleich die neue Nels Andrews CD gekauft.

Wieder zurück ins Dogwood, die Silos nehme ich nicht wahr, dafür aber Nakia, junge Band mit krachenden Gitarren, die man durchaus empfehlen kann! Kaloriennachschub mit Florian und Edgar bei Lucy‘s, an der Theke hängen Willie Braun von Reckless Kelly und Joe Fladger, der neue Bassist von Micky And The Motorcars, ab. Flagder spielt dann auch gleich den Bass einer Countryrock-/Americanakapelle, kannte ich nicht und den Namen der Band habe ich leider auch vergessen. Es wird immer unübersichtlicher.

Wir haben noch Zeit, die mit American Aquarium im Dogwoods, guter Gitarrenrock mit Hang zum Stadion optimal genutzt wird. Vorher rockt Thomas Dolby den Laden, zumindest versucht er es, zur Tat kommt es nicht und da der Versuch noch nicht strafbar ist, lassen wir Barmherzigkeit walten und schweigen. Das Auffälligste an ihm ist sein Spacecar.

Wir verabreden uns noch mit dem sichtlich gezeichneten Karl für Sonntag im Curras, mal sehen, wie groß sein Erinnerungsvermögen ist. Seine Schwester schenkt Florian und mir noch zwei Zugangsberechtigungen für die morgige New West Party. Hoffentlich ist ihr klar, was sie da gerade aus der Hand gibt. Mit geschätzter fünfmaliger Nachfrage beruhige ich mein schlechtes Gewissen.

Nach American Aquarium verlassen wir das Dogwoods; bei einem kurzen Dinner berschließen wir, trotz unterschiedlicher Bands am Abend gemeinsam durch die 6. Straße zu ziehen. Die Tourfiles werden kurzerhand zusammengewürfelt, das eine oder andere wird gestrichen (ich verzichte u.a. auf die großartigen Nachtmystium)und der Plan steht: Pennywise, Marit Larsen, Broken Teeth und Todd Snider. Viel unterschiedlicher könnte es nicht sein.

Pennywise sollen in einem Laden in der Red River Street spielen; der Hausnummer nach recht nah an der 6., aber zu finden ist das Ding nicht. Wir irren die Red River erst ein Stück nach oben, dann nach unten, bis wir einen freundlichen Polizisten fragen, der uns den Weg weist: direkt erstes Haus nach der 6., dort sollen wir „The Main“ finden, 603 Red River. Da steht aber was anderes außen dran... des Rätsels Lösung: in einen andern Club rein, dann durch den Hinterausgang, über den Hinterhof und dann quasi in den Keller. Das muss man wissen. Anscheinend sind wir aber die einzigen, die Probleme hatten, der der Laden ist brechend voll, so dass wir ein bisschen erhöht am Eingang stehen bleiben. Ist auch besser so, Notausgänge sind keine zu sehen, das Ganze ist ein vielleicht 3 Meter hohes Kellerloch, allerdings ein großes. So ein Club würde in Deutschland nie genehmigt werden. Pennywise sind wohl auch bessere Läden gewohnt, jedenfalls ätzt Gitarrist Fletcher Dragge, ein Zeitgenosse, den ich nicht im Dunkeln begegnen möchte, erstmal gegen „South by Southworst“, ehe sie 40 Minuten lang ihren eingängigen California-Punk/Melodic Hardcore ins begeisterte Publikum pfeffern. Eingängige Songs, kompetent gespielt... keine Hexer, v.a. der Gitarrist, aber für diese Musik reicht es. Mir gefällt das ganze auch recht gut, vom Hocker gerissen hat es mich aber nicht... das ganz große Hitpotential von z.B. Bad Religion hat die Band nicht, und ein bisschen sympathischer könnte man auch sein. Zumal diese ganze Fuck Off-Attitüde ein bisschen im Gegensatz zu den mehrfachen Lobpreisungen ihres Sponsors Van‘s steht, der ja ach so toll ist. Na ja, immerhin verschenkt Van's beim Verlassen des Areals (es gibt noch einen zweiten Eingang zu dem Laden, wie wir dann feststellen) USB-Sticks mit Musik. Punkrock von heute!

Marit Larsen spielt dann nur einen kurzen Fußmarsch entfernt, im Beale Street Cafe, direkt auf der 6. Unsere Befürchtungen, da nicht reinzukommen, sind unbegründet, es sind in dem aber auch recht Laden vielleicht 50 Mann anwesend. Anscheinend ist die gute Marit trotz ihres 3. SXSW-Auftrittes immer noch nicht wirklich bekannt. Ändern wird der Gig daran sicherlich nichts, aber was sie in ihren 40 Minuten zeigt, ist wirklich toll. Mit ihrer charmant-schüchternen Art gewinnt die süße Norwegerin das Publikum sofort für sich, sie ist äußerst gut gelaunt und erzählt viele Backgrounds zu ihren Songs, die sie rein akustisch, unterstützt von ihrem Sidekick an der zweiten Gitarre, performt. Schöne Popmusik, der das reduzierte Arrangement sehr gut steht. 40 Minuten vergehen wie im Fluge und man gönnt ihr der warmen Applaus am Ende des Gigs voll und ganz.

Zwei Blocks weiter tobt derzeit das Texas Rock Fest, eine unabhängige Veranstaltung, die Bands, die es nicht aufs SXSW-Billing schaffen, eine Plattform bietet. Kostenlos spielen hier hauptsächlich Bands des härteren Kalibers, bis zum Thrash- oder Death Metal reicht die Palette. Der eigentliche Tagesheadliner Agony Column musste absagen, so dass heute Broken Teeth kurzfristig einspringen. Auch eine SXSW-Band für mich... alle Platten hier gekauft und letztes Jahr vor dem Festival im Red Eyed Fly gesehen. So richtig voll ist es nicht auf dem TRF, als Jason McMaster und seine Mitstreiter auf die Bretter steigen; schade eigentlich, denn Broken Teeth machen Musik für die Bühne. AC/DC standen natürlich deutlich Pate, dass das ganze nun wirklich nicht innovativ ist, ist total egal; Broken Teeth rocken wieder alles weg, einfache Riffs, ein guter Groove und eine hundertprozentig passende Stimme. Und die Songs können auch so einiges... Nummern wie „Exploder“, „Twister“ oder „Electric“ hätten auch... na ja, vielleicht nicht auf „Back in Black“ oder „Highway to hell“, aber zumindest auf „The razor‘s edge“ oder „Ballbreaker“ absolut keine schlechte Figur abgegeben. Sehr geil wieder! Kurz vor Ende des Gigs verlassen wir das Texas Rockfest... die Kirche ruft!

Mit dem mitternächtlichen Finale beginnt dann auch der sakrale Teil: Todd Snider & Band in der St. Davids Cathedral. Was für ein Venue, eine Kirche mit Bierausschank, Toiletten und sehr guten akustischen Verhältnissen. Die neue Platte „Agnostic Hymns And Stoner Fables“ wird mit Ehrungen sachverständiger Magazine überschüttet. Wir sind jetzt 13 (!) Stunden auf Tour, da ist ein objektives und vorurteilfreies Fazit nur noch eingeschränkt möglich. Die Sitzplätze verursachen den Dämmerzustand zwischen Wachsein und Schlaf. Florian hat es nicht so sehr gefallen. Für den Teil den ich erleben durfte kann ich sagen, dass er mit dylaneskem Charisma auftritt, die Gitarre und sein Gesang sind ebenfalls gleichmütig, ja sogar stoisch, es wird permanent der gleiche (elektrische, er spielt mit Band) Akkord bedient, die Stimme ist nicht sonderlich variabel. Wir sind uns sicher, dass ein wesentlicher Bestandteil Snider´s Schaffens in der Aussage zu finden ist. Dies ist uns heute leider nicht möglich. Dennoch: ich bin froh, den Weg gefunden zu haben. Zum Schluss belohnt das Publikum mit Standing Ovations. Denkwürdiger Ausklang eines spannenden Tages. Für Joe Pug reicht die Kraft nicht mehr, jetzt nur noch schnell zurück ins Hotel.

Donnerstag, 15. Märzmicro

Inzwischen ist auch der Boss in Austin. Springsteen wird eine Show vor 2.000 Auserwählten spielen, Tickets gab es ausschließlich per Verlosung oder durch gute Connections. Wird ein Traum bleiben, einen der größten Stars unserer Zeit in diesem vergleichsweise kleinen Rahmen zu bewundern.

Wir fahren mal wieder ins Kerbey Lane, mit dabei die Soulfood-Leute Steve und Jochen, die ja u. a. für Blue Rose vertreiben, sind aber auf Metal spezialisiert.

Edgar hat Karten für die New-West-Label-Party im Threadgill‘s organisiert, wir können unsere weitergeben, dank Karl‘s Schwester, der wahrscheinlich nicht bewusst war, welchen Fehler sie begeht. New West Party bedeutet ein Fest für Leute, die in irgendeiner Weise mit dem Label verbunden sind. So gesehen ist es auch völlig o.k., dass wir dabei sind, in meinem Schrank wimmelt es nur so von New-West-Platten, John Hiatt und Steve Earle, um nur mal zwei zu nennen. Ein nicht zu unterschätzender angenehmer Nebeneneffekt: Heute ist alles „for free“, Shiner, Rita‘s, selbst das B-B-Q und nicht zuletzt Tom Morello, ja, der Gitarrist von Rage Against The Machine. Soviel läßt sich an der Stelle sagen: Wir nutzen das Angebot pflichtschuldig. Aber hier sind wir vorrangig wegen der Musik, soviel ist sicher.

Los geht‘s mit Thomas Hardy, einem Vierer bestehend aus Pedal Steel, Gitarre, Schlagzeug, an den Keyboards sitzt eine Frau, spielen mit der Wehmut von Giant Sand, allerdings größerer Country-/Westernanteil, sehr langsamer schleppender Sound, guter Auftakt für den Tag.

Es folgen White Violet, auch in Quartettbesetzung, zwei Gitarren, dr, b, klassische Rocksache, etwas Indie, erinnern an Shearwater, identifizierbarer und wiedererkennbarer Sound, war sehr gut.

Dies gilt nicht für den Soloauftritt von Kalen Nash, dem Frontmann von Ponderosa, der wirkt an Gesang und Gitarre so saftlos wie Matt The Electrician, also quasi „Kalen The Plumber“, entbehrlich.

Die Wild Moccasins bieten Schul-Power-Pop, abgeschmeckt mit leichten Indieeinflüssen, bestehend aus zwei Gitarren, Schlagzeug, Bass, den Keyboardpart und den Gesang übernimmt ganz passabel (nicht nur optisch) ein „Schulmädchen“. Ich erkenne Heartless-Bastards-Parallelen, nur schneller. Geht in Ordnung.

Max Gomez‘ akustischer (Gitarre) Soloauftritt war brauchbar, schöne Stimme, pendelt zwischen Country und Folk, nichts Alternatives und schon gar nichts Neues.

Die Mastersons bestechen zuerst durch die Optik, gemischtes Doppel, der weibliche Anteil geht an Gitarre und Gesang sowie an den Bass, wobei die Bassdame insbesondere durch ein tief dekolltiertes Kleid besticht, dass den darin befindlichen Inhalt mit letzter Mühe bändigt. Der maskuline Part geht an die Gretsch und ans Schlagzeug. Da wir uns nicht auf die erwähnten Ausblicke und Eindrücke konzentrieren (wollen) auch noch ein paar musikalische Verweise: Ich würde das als eine Mischung aus Gitarrenpop und Gitarrenrock, mit etwas Countryseeligkeit (nicht Radiokompatibel) umschreiben. Hier mal ein gewagter Vergleich: Die Mastersons sind die nicht kommerzielle Quersumme aus Dixie Chicks und den Bangles, die Stimme kommt schon sehr nah an die Bangles ran. Hat uns gut gefallen.

Inzwischen bricht sich das Gerücht Bahn, dass Bruce heute als Überraschungsgast im Threadgills auftritt. Schwierige Entscheidung, ich wäre gerne zu Rich Hopkins, aber Springsteen im Biergarten – das hat schon was. Also „All In“ und (nicht) alles verloren, nein, nur eben Springsteen nicht gewonnen. Als die Anzahl der Securityleute nicht zunimmt, ist mir klar, es wird ein Gerücht bleiben. Leider. Selbst das Gitarren-Line-In von Morello, auf dem B.S. steht, wird zum phantasievollen Orakel, für den Wunsch, der Vater des Gedankens ist. Das Tom Morello mit einer akustischen Klampfe spielt, auf der in großen Lettern Black Spartacus zu lesen ist, wird geflissentlich übersehen. Ich hätte ihn ja auch gerne gesehen…

Nächster Act sind Buxton aus Houston, Texas. Bestehen aus zwei E-Gitarren, akustischer Klampfe und Leadvocals, Schlagzeug, an den Tasten sitzt eine veritable texanische Schönheit, die ebenso singen kann. Ein wenig geschätztes Akkordion (von mir) kommt auch zum Einsatz, hat aber nichts mit Folk oder gar Irish Folk zu tun, mehr Pop als Rockzitate, klingen ein wenig (nicht immer!) nach Buffalo Tom. Das Publikum strömt zum ersten Mal an diesem Tag vor die Bühne. Hat allen gefallen und stehen auf der Liste.

Ponderosa, wieder mit Kalen Nash, Gitarre und Vocals sowie Bass und Vocals, Schlagzeug, Tasten werden dem eigenen Anspruch (und unserem) nicht gerecht. Spielen eine nicht näher definierbare, ziemlich substanzlose Gitarrenmugge.

Für mich (Florian) bot die New West-Party jetzt zwar gute Musik (stimme Gunthers Ausführungen in allen Punkten zu), aber der einzige für mich wirklich interessante Teil ist dann doch Tom Morello, dessen Platten mit RATM ich schon vor rund 20 Jahren gehört habe. Bahnbrechendes Zeug damals, und ein sensationeller Musiker. Momentan ist er solo unterwegs, als „The Nightwatchman“, mit dem Solokram bin ich noch nicht vertraut, habe aber nicht nur gutes gehört und erwarte eher Songwriterstoff. Dementsprechend groß die Überraschung, als der Opener „It begins today“ mit RATM-mäßigem Riff aus den Boxen donnert und Tom wie in alten Tagen über die Bühne tobt. Klasse Musiker, das wusste man, starker Frontmann und Entertainer, der das Publikum anheizt, das ist schon eine kleine Überraschung. Dass die Stimme nicht unbedingt den totalen Wiedererkennungswert besitzt, da kann man drüber hinwegsehen, zumal die Songs, die dann doch ein bisschen gezügelter aus den Boxen schallen (er wechselt von der RATM-Klampfe zu seiner akustischen „Black Spartacus“) wirklich gut sind. Kritikpunkt vielleicht, dass der Set sehr politisch gefärbt ist… auf seiner Gitarre prangen Hammer und Sichel und „Save the hammer“ steht auch auf der Setlist. Ich persönlich mag Musik lieber politikfrei. Woody Guthrie wird auch noch mit „This land is your land“ gehuldigt (mit Gastauftritt von Shooter Jennings), das Spingsteen-Cover „Ghost of Tom Joad“ lässt doch nochmal kurz die Hoffnung auf einen Gastauftritt des Bosses aufkeimen und zum furiosen Finale bittet Tom das Publikum auf die Bühne, um „World wide rebel songs“ zu singen. Klasse Gig und ich kann nun behaupten, einen Meter neben einem echten Rockstar auf der Bühne gestanden zu haben.

Nach Tom Morellos Auftritt trennen sich unsere Wege; der Großteil der Gruppe zieht Richtung Innenstadt/6th Street, nur Thomas und ich (Florian) begeben uns in die andere Richtung, Ziel Continental Club. Kurz davor macht Thomas bei der „Snack Bar“ halt, auf dem Parkplatz spielen nun die Sand Rubies mit Rich Hopkins an der Gitarre. Thomas wird gleich wiedererkannt (er war vor ein paar Stunden bei Hopkins‘ erster Show), ich höre mir einen Song an, der gut klingt, gehe dann aber weiter zum Parkplatz an der nächsten Ecke hinter dem Continental Club. Auch hier ein kleines Fest… diese Tage in Austin gibt es einfach kein Fleckchen, an dem keine Livemusik zelebriert wird.
„Meine“ Location ist der Parkplatz eines Gemeindezentrums, an dem Lone Star Music (bei denen wir ja ein paar Tage vorher in Gruene eigekauft haben) einen 3-tägigen Showcase veranstaltet. Headliner des Abends sind die Dirty River Boys, bekannt aus Luckenbach. Mit rund 30 Minuten Verspätung gehen auf die … na ja, eine Bühne ist es eigentlich nicht, eher eine Ecke des Parkplatzes. Ähnlich wie in der Luckenbach Dancehall sind Sitzgelegenheiten aufgebaut und eine Tanzfläche freigelassen, und das aus gutem Grund, denn wiederum zielt ihre Musik direkt auf die Tanzbeine ab. Stillstehen geht nicht bei dieser wüsten Mischung aus Country, Rockabilly und einer leichten Punk-Attitüde, die (erfreulich zahlreichen) Anwesenden sind zurecht begeistert und plündern anschließend den Merch-Stand der durchgeknallten Jungs. Auch Gunther kann seine Aussage aus dem Luckenbach-Part des Berichtes nun revidieren („keine Band für den Plattenschrank“), denn nun hat er beide EPs in der Sammlung, auf Bestellung versteht sich.

Dann heißt es auch für mich zurück in die Innenstadt, das erste ganz große Highlight steht an: THE D is in town!! Tenacious D, das Akustik-Rock-Projekt von Hollywood Star Jack Black und seinem kongenialen Partner Kyle Gass. So richtig beworben wurde der Gig im recht neuen Club „Haven“ nicht, im Internet stand‘s, in den Printmedien (Austin Chronicle) nicht; das lässt mich hoffen, in diesen Laden reinzukommen. Auf dem Weg dorthin komme ich an einem japanischen Fast Food-Laden vorbei, in dem eine blonde Sängerin mit ihrer Akustik-Gitarre Songwriter-Musik zum Besten gibt. Habe ich schon erwähnt, dass man diese Tage nicht an Livemusik vorbekommt in Austin?

Das Haven ist schnell gefunden, unscheinbarer Laden im ersten Stock… nur ein handschriftliches Schild „12 am: TENACIOUS FUCKING D!!!“ deutet auf das Event hin. Keine Schlange vor beim Eingang … kein Wunder, die meisten sind schon drin; aber ohne Probleme darf ich auch rein, bewaffne mich mit einem 6-Dollar-Shiner (neuer Preisrekord) und drängele mich ein bisschen nach vorne nach links vor das Mischpult. Gute Sicht von dort, nicht einfach in diesem etwas ungünstig geschnittenen Laden. Schlauchfömig, Bar hinten rechts, die Bühne irgendwie nicht ganz hinten, sondern „nur“ im letzten Drittel der Halle, dafür links und rechts der Bühne noch reservierte Plätze für VIP‘s.

Die Plätze links sind wohl für die Kumpels der ersten Band The Workout reserviert, unsympathische Yuppie-Typen, die wohl noch nie auf einem Rockkonzert waren. Ihre Kumpels auf der Bühne wirken netter, haben ehrlichen Spaß, gefallen mir aber nicht. Langweiliger Pop-Rock mit Klavier, ein bisschen progressiv, aber nur in kleinen Maßen. Hits sind keine auszumachen, aber zumindest machen sie Stimmung und freuen sich über ihren Auftritt.

Mittlerweile nähert sich das Haven gefährlich der Überfüllung, an einen Weg zurück zum Getränkenachschub (nicht schlecht bei Saunatemperaturen…) ist nicht zu denken. Aber da die USA ja ein sehr serviceorientiertes Land sind, bekommt man die Getränke gebracht. Eine kleine Blondine mit einem Sektkübel, der fast so groß ist wie sie, läuft durch die Reihen und bringt eine Auswahl von Bieren an Mann/Frau. Ganz durchdacht ist das nicht, beim ersten mal hat sie kein Wechselgeld dabei, beim zweiten mal keinen Flaschenöffner (!), aber alles in allem eine klasse Sache.

Die Zeit für den Anheizer von The Mighty D naht und das hätte keine bessere Band sein können als die wiedermal völlig geilen Riverboat Gamblers. Waren im Threadgill‘s letztes Jahr schon klasse, aber in einem Club legen sie noch einmal eine Schippe drauf, dort zündet ihr ruppiger Punk Rock besonders. Von der ersten Minute an ist Action und Bewegung auf der Bühne, besonders Frontmann Mike Wiebe rastet komplett aus und springt im Minutentakt ins Publikum, auch von den Boxentürmen aus. Die Gamblers räumen komplett ab und sind eine Band, die für die Bühne geschaffen ist; es gibt nicht viele intensivere Livebands. Lustiger Höhepunkt der Show: die Sitze rechts der Bühne sind wohl für Freunde von The D reserviert, u.a. für Matthew McConaughey. Dieser VIP-Bullshit gefällt Mike Wiebe nicht, kurzerhand zerreißt er das „Reserviert“-Schild für Jack Blacks-Hollywood-Kollegen, schmeißt die Reste ins Publikum um dann gleich wieder vom Boxenturm in die Masse zu springen. Hammer Auftritt!

Pünktlich um 12 stehen dann Tenacious D auf der Bühne. In so einer kleinen Location wird man die beiden nicht wieder so schnell zu sehen bekommen. Sie werden begeistert empfangen und können das Stimmungslevel locker halten, obwohl musikalisch natürlich völlig anders… nur zwei Akustikgitarren und dazu humorvolle Lyrics. Sie eröffnen mit einem ganzen Haufen neuer Songs (eigentlich ungeschickt, aber bei so einer Band, wo viel über die Texte geht vielleicht gar nicht schlecht!), ehe die Klassiker (Tribute, F**k her gently, Wonderboy, Kickapoo) ausgepackt werden. Klar die Rollenverteilung auf der Bühne: beides erstklassige Musiker, aber Kyle Gass klar der musikalische Kopf und Jack Black der Entertainer, der (natürlich berufsbedingt) viel über Mimik und Gestik machen kann. Nach einer kurzweiligen Stunde verlasse ich dann das Haven, vorbei an einer langen Schlange von Menschen, die auch alle noch gerne dabei gewesen wären.
Cooler Abend, mit den Gamblers als überraschendem Tagessieger!

Mit Gunther hatte ich noch einen Tagesabschluss in der Bat Bar bei Kid Congo ausgemacht, aber auf halbem Wege treffe ich ihn, war wohl nix, deshalb gleich zurück ins Hotel.

Nach Morello trennten sich ja unsere Wege (Florian und Gunther) Reni und Buffalo entscheiden sich für mein (Gunther) Programm. Wir ziehen weiter Richtung Red River in den „Club de Ville“, einen schöneren Hinterhof. Der Grund meiner Anwesenheit ist Sarah Jaffe & Band, die eine perfekte Melange aus Elektronik-Pop, leichtem Folk, Loungemusic, etwas Jazz bietet. Tolle Frau, spielt Bass und Gitarre, singt wunderschön, anrührend, kühlt mich ab und schickt mich gedanklich auf die Reise. Musik zum Gleiten. Reicht leider nur für fünf Stücke.

Nächster Stopp ist der 100. Geburtstag von Woody Guthrie, der große amerikanische Folksänger, der Bob Dylan, Billy Bragg und ungezählte weiter Musiker inspirierte und auf ihre persönliche Reise schickte. Alle anwesenden Künstler ehren den amerikanischen Nationalhelden mit max. zwei Stücken, eigentlicher Grund meiner Anwesenheit war der Auftritt von Ray Wylie Hubbard, der dann leider abgesagt hatte. Wir erleben die Auftritte von David Garcia mit Begleitung (Piano und Viloine), Hobart Brothers/Lil‘ Sis (Jon Dee Graham als Ray-Wylie-Ersatz (zwei Gitarren) Carrie Rodriguez (kann mehr als Country) und Ray Benson, (jenem Texas Troubadour, der eigentlich aus Oklahoma stammt). War mal eine schöne Abwechslung und mir hat jede Sekunde gefallen. Die St. David‘s Cathedral/Bethel Hall hat den Abend optimal inszeniert bis hin zur Moderation.

Und wieder ein Kontrast: The Two Gallants im Parish. Die Befürchtung in das häufig hoffnungslos überfüllte Parish nicht reinzukommen, bestätigt sich nicht. Die Scheibe „What The Toll Tells“ habe ich im Schrank, waren RS-Lieblinge, seither kaum noch gehört. Klingen schon sehr nach Black Keys, bestehen aus Gretsch und Schlagzeug, beide singen, so eine Art Psychodelic-Speed-Blues. Krach. Kawumm. Schepper-Schepper! Gretsch!! Yeah- Two Gallants! War ‘ne Hammershow.

Nächstes Ziel: Nada Surf im Red Eyed Fly, der Einlass ist ewig zäh, die Badgeleute (kostet immerhin 500 $) werden bevorzugt abgefertigt. Inzwischen ist auch Wolfgang wieder aufgekreuzt, die Nada Surf Empfehlung kam auch von ihm. Spielen so eine Art „Semiakustischen-R.E.M.-Indierock“ als R.E.M. noch „Indie“ waren, vielleicht auch etwas Rainravensanteile, nicht übel, haut mich aber auch nicht aus den Schuhen und die Stimme gefällt mir nicht. Egal, Reni, Wolfgang und Buffalo fanden‘s gut, is‘ ja auch o.k.

So, nun haben wir die Qual der Wahl, Howe Gelb oder Kid Congo. Wir entscheiden uns erstmal für die Beale Street Tavern, da „indie-/garagerocken „Wooden Wand“ den Laden. War laut, war schräg, war gut.

In direkter Nachbarschaft die „Bat Bar“, „Kid Congo & The Pink Monkey Birds“, cooler Bandname, die Musik weniger, war ein Punk-/Garagengeschrammel. Brauchen wir heute nicht mehr. Also zurück in der Beale Steet Tavern zu Howe Gelb, das Blöde ist, ich habe meinen Tourfile nicht aktualisiert. Gelb spielt gar nicht und für die auf der Bühne stehenden Twerps, ebenfalls ein Geschrammel, soweit ich das überhaupt noch beurteilen kann, sehen wir eher schwarz. Für heute reicht´s endgültig. Auf dem Rückweg sammeln wir Florian noch auf der 6. ein und ziehen uns geordnet zurück.

Freitag, 16. Märzmicro

Frühstück Im Kerbey Lane, das Magnolia war voll. Später stimmen wir stabsmäßig unseren Festivalplan ab, dann stehen zwei Stunden Bericht an. Zwischenzeitlich verliere ich völlig die Kontrolle über meine Handlungen und bekämpfe meinen Sonnenbrand mit Rasierschaum.

Der Waterlooparkplatz ist ziemlich voll und die Sonne brennt senkrecht. Der Trip, der jetzt folgt, ist so unglaublich, dass alle anderen Wahrnehmungen ausgeknipst werden. Ein absolutes „Must See“ für mich sind Howlin‘ Rain aus San Francisco. Habe mir 2009 das 08er Meisterwerk „Magnificent Fiend“ gekauft. Ein Album, das alle Genreklischees im besten Sinne erfüllt. Eine wilde Stilmixtur aus Psychedelic, Blues, Jam-/Stonermugge, Hippie-/Kiffersound. Musikalisch perfekt inszeniert. Der aktuelle Output, „Russian Winds“ bietet die Grundlage des denkwürdigen Sets – in ungeheurer Lautstärke. Messerscharfe Riffs jagen einander, eine Improvisation wird durch die nächste abgelöst. Die Band spielt sich in Trance, besonders Keyboarder und Gitarrist Joel Robinow ist völlig weggetreten und befindet sich offensichtlich in einem traumatischen Zustand. Sänger Ethan Miller (auch Gitarre), ebenfalls ein Oberfreak, der mutmaßlich nicht nur von Obstsalat lebt, hat keine große aber für diesen Sound genau die passende Stimme. Ein Charismatiker. Bassist Cyros Comiskey und sein Alter Ego an der Schießbude Raj Ojha halten den Grooveladen mit Druck perfekt zusammen. Fehlt noch Isaiah Mitchell an der dritten Gitarre, optisch vielleicht der „Normalste“ aber technisch keineswegs verlierend. Auf Mätzchen lassen die sich nicht ein, weder klanglich und schon gar nicht kommerziell. Die donnern sofort nach dem Soundcheck los, der übliche Promohinweis des Waterloopersonals wird abgewürgt. So geht authentische Rockmusik, an deren Wirkung man nicht vorbeikommt. Ich betreibe jetzt mal „Tempelschänderei“: Besser als Gov‘t Mule! Es zeigt sich wieder einmal, welch Händchen Rick Rubin hat. Wir haben die Gralshüter der Jammusik gesehen! Halluzination – Hallelujah!
Später, als die Band wieder geerdet ist, geben sie bereitwillig Autogramme, so als ob nichts gewesen wäre.

Wir ziehen weiter Richtung Lucy‘s Retired Surfer Bar – Kalorien fassen um die wichtigsten Körperfunktionen aufrecht zu erhalten, oder, nach der Show von Howlin‘ Rain, wieder herzustellen. Der Laden ist inzwischen auch offizieller SXSW-Venue, sodass, während wir mit unseren Krabben kämpfen auch noch ordentlich was auf die Ohren bekommen. Oder unordentlich! The Tins, furchtbare Band, furchtbarer Sound, US-Highschool-Rock, verschlimmert durch Elektronikeinflüsse und dann durch einen wirklich lausigen Gesang zugrunde gerichtet. Da hilft wirklich nur ein Margarita. Nicht der Band. Uns!

Auf dem Open-Air-Gelände am Ladybird Lake steht mit dem Melancholiker Adam F. Duritz und seinen Counting Crows ein nächstes „Must See“ auf der Liste. Vorher ein Duisburg-Thomas-Tipp, Diamond Rugs. Keiner weiß wer die sind und was die wollen, die Band anscheinend am wenigsten. Mit ca. 9 Musikern eine Bigband oder so etwas? Keine Ahnung! Einer der Sänger probiert sich an Dylan, misslingt, ein anderer, ein Cobain, misslingt noch mehr. Noch dämlicher die gefühlt „35fache-Miller-Lite-Anmache“. Peinlich und nervend zugleich. Singen kann keiner, spielen, zumindest im Sinne einer Rockband? Fehlanzeige! Es gibt fast kein Instrument, das nicht malträtiert wird: Saxofon, Trompete, Harmonica, alle Arten von Gitarren, Schlagzeug, mehrere Tasten und ein riesiges Arsenal ein Rhythmusinstrumenten. Klingt wie die Weihnachtsfeier der Heilsarmee mit zwei Flaschen billigen Fusel intus. Aufhören! Ich relativiere hiermit offiziell meine Kritik zu den Tins. (siehe oben)

Nach der Show der Counting Crows steht für mich fest: Um ein halbwegs objektives Ergebnis zu erzielen, ist Florian hierfür eindeutig der bessere:
Die Counting Crows stehen auf Gunthers und meinem Tourfile, Pflichtprogramm, habe sie als sehr gute, melancholische Rockband im Ohr und in Deutschland sieht man sie nur sehr selten. In den letzten Jahren haben sie musikalisch aber nicht mehr viel bewegt und ein Live-Album, auf dem das erfolgreichste Bandalbum in Gänze gespielt wird, zeugt irgendwie auch nicht von überbordender Kreativität. Die Auditorium Shores sind gut gefüllt, als die Krähen mit „Round here“ vom „August...“-Album loslegen und diesen Song in einer Extended-Version mit einer extra-Dosis Seelenpein von Frontmann Adam Duritz versehen. Guter Song, den alle kennen, aber dann folgt meiner Meinung nach ein dramaturgischer Fehler, denn Song 2 und 3 sind zwei den Fans unbekannte Coverversionen vom kommenden Album, recht ruhige Stücke ... hier hätte man nachlegen müssen, spätestens bei Song vier, „St. Robinson in his Cadillac dream“, dem Rausschmeißer der „This desert life“-CD, den auch nicht alle kennen, wie der eifrig SMS-schreibende Fan neben mir beweist: „Third bad, prob. new song in a row. Shit‘s gonna hit the fan if they do not turn this around“. Klingt hart, vielleicht zu hart, trifft aber irgendwo schon zu: die Counting Crows sind eine gute Band, alles erstklassige Musiker, aber irgendwie springt der Funke nicht so richtig über. Das liegt zum einen an der Setlist, ich denke das kann man objektiv sagen, die war schwach. Viel zu viele ruhige Nummern, und insgesamt fünf Coverversionen, das ist für einen Festival-Headliner-Gig ungeschickt. In meinen Ohren driften auch einige Nummern, die auf CD funktionieren, in der „Big Band“-Besetzung mit sieben Mann ein bisschen in die Belanglosigkeit ab; Nummern die auf CD mit reduziertem Arrangement funktionieren werden ein bisschen überfrachtet und „totgedudelt“. Zu guter Letzt ist Adam Duritz heute auch ziemlich angeschlagen, nicht perfekt bei Stimme und vom stressigen SXSW gezeichnet; bestes Beispiel: seine Gesangsleistung beim größten Hit „Mr. Jones“, da trifft er mehr Töne nicht, als dass sie sitzen. Das klingt jetzt alles negativer, als es war, der Gig ist alles in allem OK, bleibt aber doch hinter unseren Erwartungen zurück, da die Band die Zuschauer nicht wirklich erreicht; das fühlen nicht nur wir so, als wir gegen halb zehn Richtung Saxon Pub aufbrechen, sind schon Zuschauerströme Richtung Ausgang zu sehen. Schwamm drüber, ein schwächerer Gig kann mal passieren, sind trotzdem ‘ne gute Band.

Setlist:
• Round here
• Untitled (Love song) (The Romay Rye cover)
• Hospital (Coby Brown cover)
• St. Robinson in his Cadillac dream
• Hard candy
• Meet on the ledge (Fairport Convention cover)
• Sullivan street
• Children in bloom
• Colorblind
• Return of the grievous angel ( Gram Parsons cover)
• You ain't goin' nowhere (Bob Dylan cover)
• Mr. Jones
• Like teenage gravity
• A long December
• Rain king
-----------
• Washington square
• Holiday in Spain

Wir laufen ins Saxon Pub, Ray Wylie Hubbard, steht auf der Liste, hat ja schon zweimal nicht geklappt. Der Club ist knallvoll, unsere Wristbänder bringen nur begrenzt was, da zuerst die Badgeträger reingelassen werden. Durch die Tür hören wir seinen Klassiker „Snakefarm“ und „Drunken Poets Dream“ (Hayes Carll) und irgendwie schaffen wir es dann doch noch reinzukommen. Ray Wylie spielt mit Band, weniger countrylastig, ziemlichen druckvollen Americanasound. Dass, was wir noch erleben durften, war gut.

Der inzwischen 72-jährige Billy Joe Shaver, auch eine Legende der Austin-Area, bietet dann den musikalischen Kontrapunkt. Reiner Klassischer Country, sehr gut gemacht, unglaublich, dass ihm an der rechten Hand zwei Finger fehlen – er ist Rechtshänder. Selber nur semipopulär, haben sich viele der ganz Großen bei ihm bedient, u. a. Waylon Jennings und auch der King. Nicht unbedingt unsere Musik, wir verneigen uns dennoch vor seinem Lebenswerk. Einer der letzten Aufrichtigen!

Wir beenden den Tag mit Shooter Jennings, der ja schon einen Gastauftritt bei Tom Morello hatte. Wieder ein Jennings, diesmal der Sohn, siehe oben. Hat den unschätzbaren Vorteil, genetisch bevorzugt zu sein. Was er heute spielt, ist dann nicht der Country im Sinne eines Billy Joe Shaver oder seines Vaters, eher schon Alternative Country. Kommt unseren musikalischen Vorstellungen näher. Ein Tausendsassa der Musik, nicht nur Tom Morello hat seine Künste genutzt. Schon wieder dreizehn Stunden Livetour, wir gehen etwas früher und erwischen sogar ein Taxi in´s Hotel.

Samstag, 17. Märzmicro

Der letzte Festivaltag bricht an, jetzt reicht‘s dann auch allmählich und es wird Zeit, dass ich nach Hause komme. Inzwischen grüßen mich in den Clubs Leute, die ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen habe. Austin ist ein Ort voll wunderbarer Magie!

Zum Frühstück ins Kerbey Lane, Bericht tippen, dann ins „Hole in the Wall“ zu Shurman. Wir erleben vorher fast den kompletten Set von Lo Quat, Gitarre, Bass, Schlagwerk., Keyb., und eine hübsch anzusehende Sängerin (auch Gitarre) die ihr Pulver in den höheren Tonlagen schnell verschießt. Die wollen so ein bisschen Indie und etwas Wave sein, heraus kommt eher ein Laid-Back-Radio-Pop-Sound, den man gut beim Ausräumen der Spülmaschine hören kann. War nicht schlimm, aber auch nichts, was hängenbleibt.

Ganz anders der Auftritt von Shurman:
Die haben unter den vielleicht 20 Anwesenden sogar den einen oder anderen Fan mit Shurman-Shirt. Shurman haben zwar zeitplanbedingt nur knapp 20 Minuten, die nutzen sie aber bestens und rocken den Laden. Aaron Beavers hat die passende Stimme (nicht zu glatt, genug Dreck drauf), Leadgitarrist Harley Husbands füllt jedes drohende Soundloch mit coolen Licks aus seiner Klampfe und die Rhythmusgruppe hält das ganze gut zusammen. So einfach und effektiv kann geiler Gitarrenrock sein. Dass Shurman auch lautstärketechnisch auf ihre Vorgänger einiges drauf packen, versteht sich von selbst. Nach dem Gig kaufe ich noch die neue CD für faire 12 Dollar und lasse sie von den sehr netten Typen signieren. Ich habe das Gefühl, dass die sich auch über nur 20 Zuschauer und eine verkaufte CD freuen. Klasse Band!
Wir legen, gemeinsam mit Thomas, eine kurze Pause im Woodrow‘s ein, dann auf zum Waterloo-Parkplatz!

Ich verlasse das Woodrow‘s ein bisschen früher; Gunther und Thomas wollen als nächstes im Waterloo Chuck Prophet sehen, bei mir hingegen steht sein Namensvetter Ragan ganz weit oben auf dem Tourfile. Der Mastermind der Punk-... na ja, heute nennt man das wohl eher „Post-Hardcore“-Truppe Hot Water Music (wobei, als sich die Band gründete, hätte man bei dieser dämlichen Stilbezeichnung eher an gelbe Autos gedacht...) ist seit geraumer Zeit auch solo und akustisch unterwegs und begeistere mich bereits vor 2 Jahren im Vorprogramm von The Gaslight Anthem. Alle drei Soloplatten sind klasse (folkiger Songwriter-Stoff), also ab zum Waterloo-Instore-Gig! Neben Geiger Jon Gaunt hat er als zweiten Sidekick heute Joe Ginsberg am Upright Bass dabei und was die nächste halbe Stunde folgt, ist für mich das absolute Highlight des gesamten Festivals. Teilweise atmen seine Songs die Energie des Punk, so fegen Ragan und Gaunt über die kleine Bühne (Nomad by fate, der Opener), aber natürlich gibt es genügend ruhigere Momente, in denen auch die obligatorische Mundharmonika zum Einsatz kommt. Aber egal ob flott oder balladesk, Chuck Ragans Songs leben zum einen von seiner unverkennbaren Reibeisenstimme und zum anderen von dieser unglaublichen Ehrlichkeit und Authentizität, mit der er sie vorträgt; ich habe glaube ich NOCH NIE jemanden gesehen, der mit einer dermaßenen Inbrunst seine Songs lebt. Völlig zurecht wird Chuck Ragan vom proppenvollen Waterloo abgefeiert, viele Punkfans sind den Shirts nach im Publikum, und dass Songs wie „The boat“ von vielen textsicher mitgesungen und abgefeiert werden, zeigt sein Standing in einer Szene, in der der Kommerz auch schon lange Einzug erhalten hat. Nach dem Gig stehen Chuck, Jon und Joe noch zum Signieren bereit und da der Gig so fantastisch war, kaufe ich das neue Album „Covering ground“, das in Deutschland eigentlich schon im Plattenschrank steht, noch einmal für Unterschriften. Verdient hat er jede einzelne verkaufte CD. Und um die Huldigung nun komplett zu machen: Chuck Ragan bekommt von mir offiziell die SXSW 12-Auszeichungen „Bester Gig“, „Bester Musiker“ und „Coolster Typ“ – verbunden mit dem Aufruf an alle, die das hier lesen, sich mit seinen Platten zu beschäftigen!!

Ein musikalischer Prophet war er ja schon viel früher, der Chuck, mit der Garagenband Green On Red wurden einige Blaupausen für das 10 Jahre später beginnende Roots-/Americanarevival produziert, so. z. B. „Gas Food Lodging“. Absolut stilbildend war jedoch Chuck Prophet´s 97er Meisterwerk „Homemade Blood“ – das heute aus der Rootsszene nicht mehr wegzudenken ist. Unüberhörbar ist Keith Richards‘ Einfluss. Ein solches Album wird er wohl nie wieder machen, beschäftigt er sich inzwischen eher mit dem Austüfteln des optimalen Sounds. Dennoch: Jedes seiner Alben hat einen hohen Qualitätsstandard, auf Prophet ist einfach Verlass! Vor einigen Jahren auf Clubtour in Erfurt erlebt, sehr schwieriger Auftritt, da er ein ignorantes Publikum beleidigte, hätte er nicht machen dürfen, auch nicht, wenn er im Recht ist. Spätere Chancen zur Reha bieten sich nicht, in Austin war es immer knallvoll, egal in welchem Club. Muss also was dran sein an ihm, auch live. Ich überlege ca. eine Stunde, ob ich mir am Nachmittag nochmals die guten Shurman anschaue, da weiß ich was ich bekomme, oder das Risiko in Kauf nehme, mir einen evtl. lauen Prophetenvortrag anzutun. Zumal die neue CD „Temple Beautiful“ ja ein Konzeptalbum geworden ist und diese immer irgendwas mit Selbstverwirklichung zu tun haben. Schwierige Sache! Alles richtig gemacht, und wie! Wir erleben einen völlig gelösten Musiker, gut aufgelegt, in Spiellaune, der auch technisch zu überzeugen vermag. Aus der neuen Scheibe werden nur drei Songs präsentiert, aus dem Meisterwerk gar nichts. Ist völlig ok., außer den inzwischen üblichen zwei Mikrofonen (eins wird zur Verfremdung seiner Stimme eingesetzt) und einer keyboardlastigen Nummer (Stephie Finch) von „Brother Aldo“ (dem Erstling) sind keinen Soundmätzchen hörbar. Das ist schon nahe dran an sehr guter Live- Rootsmusik, so möchte man ihn hören. Die Chuzpe früherer Tage, „Wir sind die beste Band der Welt“, ist vorbei, genauso wie die Tage dieser Band, sieht man von der kurzfristigen 2005er Reunion mal ab. Es ist ihm zu wünschen, dass der kommerzielle Erfolg nicht permanent einen großen Bogen um ihn macht – wie es ja leider bisher der Fall war. Manchmal gilt der Prophet im eigenen Land eben doch was. Steht ganz weit oben auf meiner Liste mit den positiven Eindrücken des 20212 SXSW! Let Freedom Ring!

Ich folge Florians Schwärmerei und ziehe mit zu The Cult ins Auditorium, zumal es mir absolut unmöglich erscheint, bei Norah Jones reinzukommen. Alternativ wäre noch Justin Townes Earle im Programm. Wir essen noch etwas auf den Upper Decks, im Umkreis von ca. 100 Metern spielen zeitgleich vier Bands ihre Amps heiß. Es wird immer chaotischer.

The Cult haben ihre erfolgreichste Zeit auch hinter sich, bei mir sind sie auch ein bisschen in Vergessenheit geraten. Die Bestätigung für drei Gigs kurz vor dem Festival hat mich aber sehr gefreut, Platten wie „Love“, „Electric“ oder „Sonic temple“ sind schon klasse, Samstags-Headliner auf der Auditorium Shores Stage fand ich anfangs mutig, aber siehe da: der Platz ist bestens gefüllt, vielleicht 20000 Leute. Aber gut, kostet ja auch nix. The Cult legen mit ein paar Minuten Verspätung los und schon nach den ersten Takten des Openers „Lil‘ devil“ ist klar: das wird gut! Ian Astbury und Billy Duffy stehen ganz klar im Mittelpunkt, der Rest der Band hat eher den Charme von Mietmusikern, aber technisch guten ... das reicht aber auch, denn Astbury, vom klassischen Rockstar-Schlag, unterhält das Publikum mit launigen Ansagen oder gerne auch mal ein paar Beschimpfungen und singt erstaunlich gut, während das musikalische Mastermind Duffy schon alleine mit seiner weißen Gretsch der Blickfang ist und ein trockenes Hard Rock-Riff nach dem anderen rausfeuert. Im Gegensatz zu den Counting Crows am Vorabend stimmt auch die Songauswahl absolut; die neuen Songs „Honey from a knife“, „Lucifer“, „Embers“ und „For the animals“ überzeugen durch die Bank, mit ihrem düsteren Hard Rock-Style fügen sie sich nahtlos in den Backkatalog ein, und die wichtigen Hits sind alle an Bord; der Altfan neben mit hält sich bei „Rain“ und „Fire woman“ noch einigermaßen im Zaum, bei „Wildflower“ tickt er dann aber endgültig aus, unter den besorgten Blicken seiner Freundin. Als „Special Guest“ darf dann auch noch Hollywood-Star Matthew McConaughey auf die Bühne und bei zwei Songs Congas spielen. Rhythmusgefühl hat er zwar eher weniger, aber freuen tun sich schon viele über den Star auf der Bühne. Nach 80 Minuten und ohne Zugaben verabschieden sich Astbury und Duffy und man kann ihnen in jeglicher Hinsicht einen erfolgreichen Auftritt bescheinigen: ein würdiger Headliner für die Seebühne und rechtzeitig vor dem Release des neuen Albums wieder nachhaltig in Erinnerung gebracht: „Choice of weapon“ steht weit oben auf dem Einkaufszettel für Mai!

Als Abschluss für 2012 steht ein weiterer Besuch des Texas Rockfest auf dem Programm; Justin Black mit seinen Big Heart stehen an, bekannt aus 2010 und 2011. Das Texas Rockfest hat mal wieder munter die Running Order durcheinander gewürfelt und bevor Justin auf die Bühne darf, steht für Gunther aber erstmal der musiktechnische Belastungstest an: The Hectic heißt das sechs- oder siebenköpfige Lärmkommando auf der Nebenbühne, die seine Nerven und Gehörgänge strapazieren. Slipknot-mäßiger Nu Metal mit Thrash-Schlagseite, dafür ist er noch nicht bereit ... und gut war das auch nicht wirklich. Ihre mangelnde Klasse versucht die Band dadurch zu kaschieren, dass der Keyboarder (innovativ mit Maske ...) mit einem Art umgedrehten Staubsauger Rauch in Publikum schießt. Nee, Jungs ...

Witzigerweise sind die Zuschauer auf dem TRF aber eher auf so etwas gepolt, bei Justin steht kaum wer vor der Bühne. Schade eigentlich, denn der hat was drauf. Zwei Songs vom „Devil Tree“-Album zeigen, dass unsere Prognose des Vorjahres (weniger überproduzieren, mehr natürlichen Sound) nicht verkehrt war und auch die neuen Songs, „Good times“, „Wishing well“ oder „Son of the preacherman“ klingen sehr gut, toller Gitarrenrock mit melancholischem Einschlag. Beispiel gefällig? Eigentlich müsste der doch was reißen können, aber vielleicht fehlt auch ein bisschen der Antrieb; die neue CD, die er mitbringen wollte hat er doch nicht dabei und verspricht sie uns zu schicken; wieder ohne ein paar Dollar dafür zu nehmen. Immerhin hat er ein paar Gratis-Sampler dabei und findet vielleicht den einen oder anderen Interessierten an seiner Musik. Zu wünschen wäre es ihm!

Länger plaudern können wir leider nicht mit ihm, da das nächste Krachgeschwader naht, diesmal in Form von 13:1. Komischer Name, und was das genau sein soll, weiß ich nicht. Würde auch grob Modern Thrash sagen, aber so wirklich mit Talent gesegnet hat der Herr sie auch nicht. Gunther kapituliert und für uns endet der musikalische Teil des SXSW 2012 an diesem Punkt kurz nach Samstag Mitternacht.

 

Sonntag, 18. Märzmicro

Frühstück bei Curras, dann nach San Marcos, Bestellungen abholen. Wie immer, Bericht schreiben, Homepage pflegen, Korrekturen vornehmen. Ich fange an Koffer zu packen und mich beschleicht ein komisches Gefühl. Später ist die deutsche Rock ‘n‘ Roll-Riege im Red Lobster zur Schlussbetrachtung verabredet. Außerdem müssen wir ja noch die Wolfgang-Luckenbach-Fahrschuld begleichen. Essen gut, Hummer (!!!) ab in´s Woodrows, Edgar will unsere Meinungen haben, bekommt er gerne. Nun sind wir zu acht, die komplette deutsche Delegation, Edgar, Reni und Buffalo, Dieter Hoffmann, Duisburg-Thomas, Wolfgang Scholz, Florian und ich.
Ist auch auf der Seite www.bluerose-records.de nachzulesen.

Montag, 19. Märzmicro

Frühstück, offroad, weiter nach Houston. Auf dem Airport treffen wir Duisburg-Thomas und münzen die letzten Dollores in Shiner um. Ein Glück, das der Drogenhund am Check-In nicht auf Shiner Bock abgerichtet ist, wir müssten wohl noch ein paar Tage bleiben.

Fazit Gunther:

Ich würde auch 2013 gerne wieder fahren, ob das realistisch ist, bleibt abzuwarten. Der Event ist nochmals kräftig explodiert, gefühlte 25 Prozent mehr Shows, mehr Trubel, mehr, mehr, mehr… Die Grenzen des Wachstums sind erreicht, dass da kommerzielle Erwägungen durchaus eine Rolle spielen, ist nachvollziehbar. Die Preise sind nochmals erheblich angestiegen. Und unser Hotel ist nächstes Jahr offizielles SXSW-Hotel, was auch nichts Gutes erahnen lässt. Alternativen sind ja durchaus vorhanden, Portland, Toronto oder auch das kleinere „Take Root Festival“ in Holland. Austin würde ich sehr vermissen, es schleicht sich ja jetzt schon Wehmut ein. Letztendlich ist aber alles dann auch eine Preisfrage.
Musikalisch waren Howlin‘ Rain und David Grissom alleine schon die Reise wert. Auch The Cult konnten mich überzeugen.
Warten wir einfach mal ab, was passiert, irgendwas passiert in jedem Fall, so viel ist sicher.

Wir sehen uns!

Fazit Florian:

15 Tage Austin, 15 Tage Livemusik, eine Haufen Bands gesehen unterschiedlichster Stilrichtung ... mein drittes SXSW war das bislang beste! Wiederum nehme ich viel neuen Input mit nach Hause und das nicht nur in Form von CD‘s, deren Interpreten ich vor Austin noch nicht kannte.
Klar, größer wird es jedes Jahr, das ist auch nach erst drei Besuchen jährlich feststellbar, aber trotzdem haben wir es geschafft, alle Shows zu sehen, die wir sehen wollten (nur ein paar Songs Ray Wylie Hubbard verpasst) und der Trubel in der 6th Street kann man auch mal umgehen. Aber als Effekt ziehen natürlich die Preise an, wie Gunther richtig sagt, und irgendwann ist eine Grenze erreicht. Austin ist immer wieder eine Reise wert, aber Fabelpreise für Hotels müssen andere zahlen. Das dumme nur: andere zahlen die Preise und die Hotels werden auch ohne uns voll ...
Musikalische Highlights für mich ganz oben Chuck Ragan (kann es nicht genug erwähnen...), die Riverboat Gamblers und The Cult. Aber auch nach der Top 3 folgen dicht gedrängt starke Gigs von Tenacious D., Howlin‘ Rain, Trivium, Malford Milligan und vielen anderen.

Schön war‘s, Austin, man sieht sich irgendwann bestimmt!