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Samstag, 7. März
Sommer 2009, Kundentour in der Heidelberger Altstadt, meiner gönnt sich mittags einen Korn, und referiert bei 30 Grad mit filterloser im Mundwinkel über die exquisiten Leistungen seines Defibrillators, den er gestern gesetzt bekam. Die Segnungen der Schulmedizin … bis zu diesem Tag wusste ich nicht, was ein Defi alles regelt – unter der gütigen Mitwirkung meines Patienten.
2015 bittet mein Hausarzt zum Tanz, am 7. März steigt im Schwetzinger Lutherhaus das Defi-Benefit, einen Tag vorm Abheben zum Southby. Keine Frage, BBB ist mit von der Partei, zumal zwei der Protagonisten im sechsten Lebensjahrzehnt angekommen sind. Wer weiß, wozu’s gut ist.
Die Idee ist so simpel wie einleuchtend: hole ein paar lokale Bands an Bord, die bereit sind ohne zu Gage spielen (dafür etwas Eigenwerbung betreiben dürfen), nutze dein Netzwerk, wirf die Werbemaschinerie an und diene dem guten Zweck. Die Einnahmen werden für die Anschaffung öffentlicher Defi-Stationen eingesetzt. Da könnten die Bands so scheiße spielen wie sie wollen, heute Abend heiligt der Zweck allemal die Mittel.
Me And The Heat
Music Power
Red Oridnary
K’lydoscope
Nobody’s Perfect
Startschuss durch Dr. Scholz („machen Sie nur so weiter“) zur eben nicht einfachen 17:00 Uhr-Runde (Bundesliga-Prime-Time) im passabel gefüllten Lutherhaus, das wie immer ein wenig steril daherkommt.
Was wir zu dem Zeitpunkt nur ahnen, Nobody’s Perfect erspielen sich garantiert den Titel „coolste Band des Abends“ (Red Ordinary haben wir wegen des Nachschubs lebenswichtiger Kalorien leider verpasst).
Geschickt aneinandergereihte Coverversionen, „Lets work together“ (authentisch), „Twistin By The Pool“, „Sultans of Swing“ (augenzwinkernd aus’m Takt geraten), wirklich klasse Bob Seegers „Old Time Rock ’n’ Roll“, und JJ „The Breeze“ geht eigentlich immer. „Hotel California“ gerät zum Country-Reggae, „Locomotiv Breath“ böse unter die Räder. Coolste Sau des Abends bleibt Lothar Orth mit der skurillen Definition des Frontmannes, einer Mixtur aus Jack Nicholson, Mike Krüger und Jimmie Vaughan. Bandleader ist dennoch ein anderer, Sohn und Tastenzauberer, Martin Orth, der die meisten Nummern rettet. Die sind besser als das Bergquell am Bierstand. Der Bandname ist Programm.
K’lydoscope, ebenfalls um Tastenmann Martin Orth, sind auf der Evolutionsstufe bestimmt einen Schritt weiter als die sich redlich abrackernden Nobody’s Perfect, der Gitarrist hat die Soli fest im Griff, der Drummer verprügelt die Felle nicht so einfallslos wie sein Vorgänger. Dennoch, bei aller Perfektion, zünden kann der 80er Sound, der Absud aus Pop, Romantic und New Wave nicht wirklich.
Pause, Kalorien, Single Malt.
Eine Band Music Power zu nennen zeugt entweder von Ironie oder von maximaler Einfallslosigkeit. Die zweite Vermutung ist näher an der Realität. Banaler Altherrenrock, Soultouch, unbedeutend und schmerzfrei. Aber: der Zweck heiligt die Mittel siehe oben! Vielleicht kommt der Defi früher zum Einsatz, kann gut möglich sein.
Absolut professionell und routiniert spulen Me And The Heat ihr Funky-Programm runter, wem’s nicht so ins Ohr geht (uns), der findet was für’s Auge. Und Adele (auch gestenreich) zu covern, bringt ein Plus im Notizbuch. Wir nutzen nicht den kompletten Set, der Flieger wartet nicht.
Unterm Strich war’s insgesamt ’ne coole Angelegenheit, die mehr Schwetzinger Wohlstandsbäuche hätten nutzen können. Quatsch, hätten nutzen müssen.
Sonntag, 8. März
Edgar, Beate, Achim und Chris (Jagger) hängen in der Flughafenbar ab, haben den Kontakt zu uns gemieden. Tja, Kaffee hätten wir wohl kaum durchgehen lassen.
Der Trick mit den Bewertungsbögen (front up ein gutes Resümee gezogen, sichert den hochwertigsten Gin Tonic, den man sich vorstellen kann) funktioniert wieder mal.
Immigration is easy, wir rollen im strömenden Regen mit den Gunners Richtung Paradise City.
Nichts Aufregendes los, Jon Dee streichen wir aus dem Fahrplan, müssen für heute passen.
Vorm Hotel fällt mir der Shiner-Rohstoff aus der Hand. Glücklicherweise ist kein größeres Unglück passiert. Ressourcen haben ist die eine Sache, Ressourcen schonen eine ganz andere.
Montag, 9. März
Es regnet Bindfäden. Im Curras werden wir freudig von der Serviererin begrüßt, insbesondere Festival-Manager Achim. Haben wir etwa was verpasst?
Unser Fahrplan bietet nichts spektakuläres, wir nutzen die Zeit vorm Southby, um gemächlich einzugrooven, die klassischen Besorgungen für die Heimatfront sicherzustellen (bei einem Kurs von 1:1 inkl. Tax fallen die Plastiktüten kleiner aus) sich an den bunten Strauß der Margaritas zu gewöhnen, eine Schneise durch die immer lohnenswerten Plattenläden zu ziehen (trotz 1:1).
Im Waterlooo wurde dem Vinyl-Hype (freilich auf niedrigem Niveau) Rechnung getragen, noch ein Regal mit „schwarzem 33er Gold“ eingeschoben. Alles da, vieles teuer. Das bricht dem Sammler das Herz – mitunter.
Der Versuch, den von Apple eingestellten 160er GB iPod, in einer Mall einzusacken, scheitert. War eigentlich klar. Ein absolutes Nischenprodukt für Fans. Immerhin entdecken wir ein paar historische Poster.
Im „In And Out Burger“ (eine Fast-Food-Laden mit vermeintlich gehobener Fleischqualität) stellt sich die Frage, wie die reichlich vorhandenen texanischen Hormonskandale es schaffen, sich auf die fest anmontieren Stühle zu quetschen? Die Antwort muss auf sich warten lassen, mir fallen das Glashaus und die Steine ein.
Rushhour in Austin, gerade noch mal pünktlich im Saxon Pub angekommen. Aus dem Tourfile klopft Guy Forsyth an, die CD „Freedom To Fall“ wurde ausschließlich positiv besprochen. Auf meiner Schublade steht Blues/Blues-Rock drauf. HimmeldieSterne, was ist das? Bluegrass mit Dixieland angerichtet und niedergejodelt wie in den schlimmsten Momenten der Shinyribs. Gerne, bei 25 Grad im Threadgills (nicht als Opener) mit Ritas angerichtet, müde in die Sonne blinzelnd. Aber hier im Saxon? Wo ich Achim Texas-Blues versprochen habe! Einzige Erklärung: es muss sich offensichtlich um ein Seitenprojekt handeln. Das die Musiker ihr Ding drauf haben, ist selbstverständlich. Wir sind in Austin. Uns reicht das heute jedoch nicht. Schade, Start vermasselt.
Inzwischen sind elfeinhalb Monate seit unserer letzten Woodrow’s-Show vergangen. Die Bardame begrüßt uns freudig: Hi guys, two margaritas? Nochmal kann das nicht schiefgehen heute Abend, es wird auch nicht schiefgehen. Austin’s Blues-Bulldozer Eric Tessmer nimmt das „Friends“ in gewohnter Manier auseinander, ganz im Sinne seiner Ahnen, Jimi, Stevie Ray, Johnny. Das ist hochenergetischer, dreckiger, aufgeladener Bluesrock. Kompromisslos noch vorne treibend, mit Solo-Walk durchs staunende texanische Publikum, denen bei dem messerscharfen Vortrag sogar das blöde Gequatsche vergeht. Tessmer is a hero! Saugeil!
Für heute trennen wir uns, Achim’s und Chris’ Stoßrichtung geht Richtung Heavy-Spelunke „Dirty Dog Bar“, Florian und ich ziehen um ins Saxon Pub zu den Leavers. Ein Taxi war leicht zu bekommen, eine Segnung der pre-Festival-Woche.
The Leavers konnten höchste Punktzahl mit „Once upon a time“ einfahren, wer die Heathens kennt und dazu noch „Look at Miss Ohio“ weiß, was ich meine. Klassischer Roots-Rock, Americana, gut abgehangener Country-Rock um den Frontmann und Rhythmusgitarristen Steven Ray Will.
War Guy Forsyth am frühen Abend schwer verdauliche Kost, dem es immerhin gelang den Laden fast vollzuspielen, muss der sympathische Vierer das Gegenteil quittieren. Zu Beginn sind sieben zahlende (hoffentlich, bei schlappen 5 $) Nasen in Austins-Roots-Location No. 1. Um Mitternacht wird’s dann richtig familiär, wir sind zu viert. Trotz der unverständlichen Flaute spielt die Band, nein, eben nicht professionell, sondern mit jener seltsamen Mischung aus (Selbst-)Ironie und Idealismus ihren beachtlichen Set. Alle Achtung! Am kommenden Montag kassieren wir die Rough-Mixe des Albums, müssen vor Edgar da sein.
Im Woodrows passiert was immer passieren kann. Finale, Hangover bis vier Uhr mit Shiner-Kühlschrank!
Dienstag, 10. März
Frühstück in der Freak- und Biobude Kerbey Lane, dann nach San Marcos und sich wundern, dass der Eurokurs zwar gesunken ist, die Preise dafür gestiegen sind. Keine gute Ausgangssituation für einen Einkaufsexzess. Mit kleinen Tüten auf zum Lone-Star-Recordshop – mit gleichem Ergebnis und dem Unterschied, dass sich „unsere“ Musik, über ein eigenes Regal freuen darf.
Die Heldenverehrung für Johnny Cash endet nie…
Niemand lässt seine Familie gerne zurück (die „Absolutionstüten“ aus dem Factory-Outlet können das nicht kompensieren) – aber nach erledigter Arbeit im Plattenladen lässt es sich leben, trotz der Preise. Vier gewinnt!
Gruene ist ein wesentlicher Bestandteil der texanischen Nationalkultur (mit deutschen Wurzeln), ziemlich authentisch, ohne die bekannte Disneyverklärung. Deutsch spricht freilich kaum jemand. Im Gruene River Grill Restaurant einen kurzen Stop hingelegt, flankiert von texanischem Rotwein, ab zur ältesteten Tanzhalle in Texas – Gruene Dance Hall, deren Bestehen den Betrachter immer wieder wundert.
Die nicht von deutscher Stabilität geprägten Leimbinder erzeugen z. B. ein mulmiges Gefühl. Muss man mal gesehen haben. Egal, zum Räsonieren sind wir nicht hier, zumindest nicht darüber. Wirklich übel ist das inzwischen schon bekannte ignorante Gequatsche weiter Teile des Auditoriums, nicht alle, es gibt durchaus Ausnahmen, z. B. ein Maler am Nebentisch, der während beider Sets Gordy Quist, Adam Carroll und Owen Temple zeichnet. Jeder ein prima-Songwriter für sich, mit ausgeprägten Stimmen, eigener Historie, will sagen, das American Songbook muss nicht bemüht werden. Owen Temple agiert in den Parts der anderen musikalisch zurückhaltender, ist dafür umso mehr der Geschichtenerzähler des Abends.
Cooler Harper und Klampfer, seine Stories werden nur noch von Gordy Quist getoppt, der bei den Aufnahmen eines Songs für das neue Kid-Rock-Album (den braucht niemand, verkauft trotzdem wie geschnitten Brot) aus dem Staunen über den vollautomatischen beheizbaren Luxus-Lokus, der „ungefragt alles spült“, seines Teilzeitbrötchengebers Kid (auf Rock verzichten wir lieber an dieser Stelle) nicht mehr rauskommt. Die Tantiemen gönnen wir gerne, Quist ist ebenso großer Songwriter, Sänger, Gitarrist. Nicht nur bei den Heathens und auch nicht nur mit Heathens-Songs unterwegs.
Adam Carroll war mir bisher nicht bekannt, frag nach bei Edgar, ist er doch einer der Helden der beiden Erstgenannten, die sich sichtlich freuen, gemeinsam zu grooven. Qualitativ in der gleichen Liga – mindestens, und unaufgeregt.
In der Pause begrüßt mich Owen Temple mit „Hi, Gunther…“ Unglaublich wir haben uns nur einmal im Saxon gesehen (vor einem Jahr) und waren beide gezeichnet.
Edgar und Beate bleiben in Gruene, gehen morgen zur Radio-Show von Tom Gillam, wir fahren zurück ins, yep, Woodrow’s!
Mittwoch, 11. März
Aufopferungsvoll kämpfen wir gegen unsere (vor allem Achims) Curras-Mania an, hey, wir gewinnen tatsächlich und canceln den Tex-Mex- Bohneneintopf komplett. Wohin wir gehen? Tba!
Nicht fehlen kann dafür unsere legendäre Austin Vinyl-Schleife, lass uns im Antone’s beginnen.
Das nicht erfreuliche Verhältnis zwischen Dollarkurs und explodierenden Preisen haut auch im Antone’s die Vinylbremse rein. Beispiel gefällig? Wirklich?? Also gut! Neil Young’s Psychedelic Pill für schlappe 89 $, da kommt das neue Werk vom Onkel, Storytone, mit 64 $ vergleichsweise günstig daher – freilich befindet sich eine Scheibe weniger im Cover. Nein, hier ist Schluss, definitiv – bis auf ein paar erschwingliche used-LP’s …
Weniger wiederstehen können wir dem über das Großhirn anklopfenden Kalorienbedarf.
Und hier nun endlich unser Veranstaltungsort: Fogo de Chao, DAS brasilianische Steakhouse an der Trinity gelegen.
Alles frisch zubereitet und direkt am Tisch serviert, mit dem riesigsten Salatbuffet, das man sich nur vorstellen, von bekannt bis undefiniert, grüner Spargel, Palmherzen, usw …
Günstig ist das natürlich nicht, Qualität ist Trumpf! Wir schlagen die freundlichen Bedienungen mit ihren eigenen kleinen Tricks und Schummeleien, die vorab servierten Kohlehydrate ignorieren wir generös, auch um Zuladekapazität nicht zu blockieren. Lamm, Sirloin, Rib Eye, Filet Mignon, es fehlt an nichts, auch nicht am Nachtisch, dessen Zubereitung uns (mit allen Wassern gewaschene Rockfans) gerührt hat.
Im „End of an Ear“ an der ersten Straße sieht es nicht anders aus: eine Nick-Cave-Maxi-Picture muss trotzdem drin sein. Finale im Hinterhof, „Friend of Sounds“, hier hänge ich versehentlich und ohne Werkzeug ein CD-Regal ab, meinen Kommentar „you must invest in a german shelf“ kontert der Inhaber mit einem lakonischen Grinsen. Scheiben gab es keine, sorry for that.
Im Blue Moon, Austins früherer zweiter Blues-Club nach dem Antone’s, ist alles an seinem Platz. Wer unsere lobenden Berichte kennt, weiß, WEN wir meinen. Irgendwie hat es den Anschein, dass für die Hüften kein Silikon sondern naturbelassene Produkte eingesetzt wurden.
Der große, weiße schwarze Blues-Soul-R ’n’ B-Hüne, Malford Milligan steht im C-Boys (South Congress, Club of the year) auf den Brettern, mit runderneuerter Sessionband um seinen Gitarristen und John Gaar, der im Saxon regelmäßig Blues-und Southern-Boogie-Partys feiert.
Ja, haben wir nun schon wirklich oft gesehen, aber Malford geht immer, eben auch, weil die Shows differenziert und nicht austauschbar sind. Das Songmaterial kann nicht überraschen, neue Alben gibt es ja keine, spielt keine große Rolle, heute steht ein facettenreicher akustischer Set an. Malford Milligan auf ’nem Stuhl … das labile texanische Sitzmöbel (siehe „Friend of Sounds“) hindert ihn mitnichten im Stile eines Kapellmeisters die Band anzutreiben oder gestenreich Einhalt zu gebieten.
A good day for the Blues!
Eigentlich nur ein paar Schritte weiter (ok. ca. 500 m) lassen wir unsere Mietwagen Richtung Downtown rollen, mit planmäßigem Stop vorm Continental.
Beziehungen schaden ja bekanntlich nur dem, der keine hat. The Painted Redstarts um den Jon-Dee-Filius William haben sicher welche, die Austin-Ikone macht den Auftritt offensichtlich möglich.
Die Mugge ist schwer identifizierbar, fast nicht, Classic-Rock, wohlmeinend (sehr) etwas Garage/Indie. Absolut positiv der Mumm in den Knochen mit 15 Lenzen im Continental zu rocken, ihren Weg müssen sie noch finden. Eine Stilberatung und Vokalunterricht wäre ein gutes Investment, die Aufgabe der Sängerin bleibt nebulös. Egal, wir ziehen virtuell den Hut …
Ganz anders der Senior, Jon Dee Graham & The Fighting Cocks, die nicht so wild drauflos prügeln wie mit den legendären True Believers, geradliniger Gitarrenrock, up-Tempo, geprägt vom typisch knarzigem Gesang des Frontmannes. Big Sweet Life! Und das im Continental, der Stoffwechsel unterliegt nicht der Vergügungssteuer.
Headliner ist der stets leicht mürrische James McMurty mit neuem Album und dynamischer Band. Offensichtlich nicht bei übelster Laune, spielt er weite Teile von „Complicated Game“ mit reduzierter Ekstase, aber nicht so ruhig wie auf dem Album, das aktuell ziemlich gehyped wird. Klassiker „Just us Kids“ sorgen für einen hörenswerten (und bemerkenswerter Weise) auch sehenswerten Auftritt des großen Grantlers aus Austin. Die Schublade „Songwriter mit Band die auch kontrolliert abrocken kann“ darf da schon mal gezogen werden. Großer Abend, erster Höhepunkt. Wie sagt Bob Dylan: Good Night, Thank You!
Diskussionsgrundlagen fürs Woodrow’s, später wird der Kühlschrank gegeiselt.
Donnerstag, 12. März
Kurze Schleife über Tex-Mex-Curras, dann nach Round Rock zu Piranha Records. Außer einer 10"-Bingham bleibt die Tüte leer.
Das Roots-Café in Georgetown hat im letzten Jahr einen bleibenden Eindruck erzeugt, wir zahlen das in diesem Jahr per Ale-Tasting und einer Roots-Fassung von Merci Cherie (Thank you, Darling) gerne zurück.
An dieser Stelle der Hinweis: sehr schöner Ort, man kann die Historie fast greifen.
Sandwich bei Schlotzky, dann ab auf die legendäre Sechste – der Musikmeile Austins – auf der sich, Electronica, Hip Hop, Rap, Dancefloor immer mehr Bahn bricht, leider. Wer selektiv vorgeht wird dennoch immer fündig. Das „Friends“ versuche ich eher beiläufig Florian unterzujubeln, (Blues) meine Absichten werden klar durchschaut, zu offensichtlich sind meine Präferenzen.
Da trotz des Hip-Hop-Overkills immer noch Einiges geboten ist, eruieren wir mit der Bat Bar einen Steinwurf weiter Singer-/Songwritermugge und eine Runde Shiner Bock – die sind dringend nötig.
Vorm Laden hat sich 4 Non Blondes „What’s up“ als akzeptabel für den Stop einstufen lassen, in der Bat Bar stellt sich das unausgegorene Country- und Popgecover als zu leicht dar. Die Sängerin kann weder mit verwechselbaren Leads noch an der Gitarre überzeugen. Warum wir sofort bereit sind, das großzügig zu verzeihen, lässt sich nachvollziehen.
Die Rolle des Sidekicks an der zweiten Klampfe bleibt unergründbar. Beide Parts sind von unterirdischer Qualität, die Vocals erinnern an die Rekonvaleszenzphase einer mittleren Bronchitis, die Gitarre wird umgewidmet zu, ach was, keine Ahnung. Daran kann auch „I Walk The Line“ nichts ändern. Blues in der „Bad Bar“. Neben uns kentert eine komplette Ladung Lone Star von der Sackkarre. Ein Zeichen! Komm, lass uns verschwinden.
Austin wächst und verändert sich quasi im Stundenrhythmus, Clubs müssen umziehen, neue entstehen, hier wird niedergewalzt, dort wird gegründet. Immer zu Lasten unserer Musik und immer mit der Hoffnung, dass ein paar Nischen erhalten bleiben. Bisher funktioniert es noch ganz gut. Bestes Beispiel der neue Rockladen auf der Sechsten, Dizzy Rooster.
In der Kneipe sind ein paar ahnungslose Interactive-Nerds, (mit Seitenscheitel, Cordhose, Hemd, Westover, Sakko, Wim-Wenders-Brille) sonst ist nicht viel los. Das „Interieur“ des Ladens passt so gar nicht zu der straight abrockenden Freak-Viererbande im Eingangsbereich.
Sean Evans & The Very Handsome Band ziehen alle notwendigen und erforderlichen Cover-Rock-Register. Tom Petty, Steve Miller, Amy Winehouse, Rolling Stones, Johnny Cash, Allman Brothers – immer mit eigener Indentität und realtiv variantenreichen Leadvocals des Fronters Sean Evans.
Mary Jane’s Last Dance erinnert veritabel an Petty’s nasalen Vortrag, „The Joker“ klingt wie von „Midnight Tokers“ inszeniert, „Miss You“ wird vom Disco-Stampfer zum Blues-Rocker aufgewertet, der schwierigste Part, eine Nummer der ABB, wird mit Verve vom Leadgitarristen, Johnny Glass runtergebrettert.
Im „unauffällig“ am Gitarrenhals von Sean Evans schwingenden Tippkübel landen Dollores von uns, und das völlig zu Recht, für eine unterhaltsame Show und eine CD.
Novum I: noch nie habe ich während oder nach einem Konzert eine CD einer Coverkapelle eingesackt. Vergangenen Samstag hätte ich fünffach die Gelegenheit gehabt. Fehlanzeige in Schwetzingen.
Novum II: auf der CD befindet sich nur eigenes Material, bin gespannt, was ein Player meint.
Das Finale kennen wir, dem Kühlschrank geht's auch immer schlechter: „Brother my fridge is empty“, frei nach Nick Cave!
Freitag, 13. März
Curras, dann Recreation Area am Lake Travis, dazu ist bereits alles gesagt und auch dazu, was wir dort veranstaltet haben, an dieser Stelle ein kommentarloses Bild. Neu ist lediglich, das uns Beate Heckmann begleitet und das mit Engelsgeduld. Wir sind keine gewöhnliche Reisegruppe.
Ach ja, Florian und Chris mästen ihre Bier-App’s, auch eine Leidenschaft. En Passant schnell einen Burger im Hut’s abgegriffen, ist zu empfehlen, Qualität ist gut und der Laden ist im Sixties-Style eingerichtet. Dann schnell zu Fuß über den Colorado River, nach der Brücke links rockt gemütlich eine der unzähligen Day-und Pre-Southby-Parties, das Rock The Lot.
Ziel sind die Dirty River Boys, wieder einmal, höre ich es rufen. Wir erhoffen Wiedergutmachung für Gruene 2014 (lau), Saxon-Pub 2014 (lauwarm), das ist schon Grund genug, oder? Außerdem ist der Veranstaltungszettel mit reichlich anderen Bands gespickt, in unserem Fall sind das die abgefahrenen „The Crooks“. Auf diesen Seiten konnten wir schon öfter über unser gestörtes Verhältnis zu Tex-Mex /Mariachi-Mugge lamentieren. Und hier unsere Bitte um Absolution:
The Crooks spielen in Highspeedmanier einen heißen Mix aus Texas Tornados, Hank Williams, Townes van Zandt, Merle Haggard. Stehbass (völlig entrückt), ein durchgeknallter Mexikaner an Akkordeon und Mariachi-Trompete, weitere Trompete, akustische und elektrische Klampfe, ein ganzes Arsenal an perkussiv zu verwendenden Beiwerk, ein Drummer der sich in einem anderem Universum befindet pflügen im Country-/Tex-Mex Bereich des Feld um. Akkordeon-Derwisch Anthony Ortiz Jr. (hat mit Flaco Jiminez gespielt) geht eine nicht so häufig erlebte Symbiose mit den schwarzen Knöpfen ein, die die Anwesenheit eines Orthopäden voraussetzt. Hammer-Show, nix für den Player, live gerne wieder! Top 3 der Non-Official-Shows? Mal sehen.
Die Dirty River Boys aus El Paso Texas waren im vergangenen Jahr in der Gruene Hall lau, am darauffolgenden Tag beim offiziellen Showcase im Saxon lauwarm, die Punkattitüde des Auftrittes wurde gegen ein Hochglanzprogramm ausgetauscht. Damit lagen die Heathens schon mal daneben. Die Rock The Lot Arena hätte auch ein paar Zuschauer mehr vertragen (no cover) sei’s drum. Immerhin ist es gelungen uns zurückzugewinnen, auch wenn dem Programm die Jungfräulichkeit und das Beben des Ersterlebnisses fehlen. An diese Stelle ist Souveränität und kommerzielle Kraft getreten, die auf ein breiteres Publikum abzielt. Musikalisch sind die einstigen Rootspunker über jeden Zweifel erhaben. Florian meint, um die neue CD zu kaufen müssen sie erst liefern. Haben sie geliefert?
Unsere nicaraguanische Taxifahrerin bringt uns nach unserer Wegbeschreibung (sie kennt weder den South Lamar Blvd. noch das Saxon Pub) ans Ziel des Abends, The Trishas!
Vorm Saxon eine lange Schlange, Micky von den Motorcars (die haben den 9:00 Uhr Slot gespielt) grinst alle Texas-Ladies an (die in sein Schema passen, auch Trisha Savannah Welch, die just-in-time unsere Patches „liked“) Mundharmonica-Gary lungert rum und wir hoffen rein zu kommen. Drei heiße Eisen sind im Feuer, Label-Edgar, Kelly Mickwee und der Charme unsere Kutten.
Klappt alles, Edgar hat die Sitzplätze fest im Griff, auch ohne Handtuch.
Die vier in jeder Beziehung hinreißenden Musikerinnen gönnen sich aktuell eine Kreativ-Pause. Der letzte gemeinsame Auftritt liegt fast ein Jahr zurück. Heute Abend, und das macht es noch spannender für den Trisha-Fan, trommelt The Beat, Johnny „Morocco“ Chipman, der aus Austin’s Musikszene kaum wegzudenken ist, früher bei der Band of Heathens, immer (fast) bei den Sonntag-Abend-Resentments.
Mit unglaublicher Präzision sitzt jeder Einsatz, die Stimmen ergänzen sich in Ihrer Klarheit und Ausdruckskraft, jeder einzelne Vocal-Part für sich hätte schon einen Grammy verdient. So darf sich der Zuhörer Countryfeeling vorstellen, keinerlei versetzte Romantik.
Jamie Wilson, Savannah Welch, Kelley Mickwee, Liz Foster singen dem Publikum quasi aus der Seele. Als der (zufällig) anwesende Jason Eady die Bühne für einen Song betritt (Over Forgiving You?), kennt die Rührung keine Grenzen.
Zum Finale „Too old, to die young“ das Savannahs Vater Kevin Co-komponiert hat, fallen lautlos die berühmten Stecknadeln. Es wird die ein oder andere Träne weggedrückt. Wer das oft ignorante US-Publikum kennt weiß, was das bedeutet.
In einer Mail nach Deutschland werde ich folgenden Satz schreiben: „Ich könnte jetzt eigentlich nachhause kommen, ich glaube nicht, dass ich noch eine bessere Band sehen werde. Standing Ovations! So was gibt es nur im Saxon-Pub!
TILL I'M TOO OLD TO DIE YOUNG
by
Kevin Welch
John Hadley
Scott Dooley
If life is like a candle bright
Then death must be the wind
You know you can close your window tight
And it still comes blowing in
So I will climb the highest hill
And I'll watch the rising sun
And I pray that I won’t feel the chill
Till I'm too old to die young
Chorus:
Let me watch my children grow
To see what they become
Lord don't let that cold wind blow
Till I’m too old to die young
I have had some real good friends
I thought would never die
But now all that I got left of them
Are these tear drops in my eyes
So if I could have one wish today
And I know it would be done
I'd say everyone could stay
Till they're too old too die young
Samstag, 14. März
Das Curras schaut in diesem Jahr in die Röhre, wir ziehen weiter ind den Organic-/Biomarket „Wholefood“. Ein erdrückendes Angebot an qualitativ hochwertigen Produkten, es handelt sich an dieser Stelle mal nicht um Shiner. Schon um 11:00 Uhr morgens ziehe ich mir die virtuelle Peitsche über den Rücken: Gemüsesaft „Pepper-Madness“, bestehend aus Gurke, Karotte (frisch gepresst versteht sich) und eben verschiedene Sorten Pfeffer. Im Record-Cat-Walk an der Waterloo-Kasse vorbei, im Woodrow’s angedockt, von dort ins Salt LIck, zum B-B-Q, übertrieben wie immer, B-B-Q-Rotwein wie meist. Der Himmel meint es gut mit uns, Rock ’n’ Roll-Wetter. Nach Luckenbach brauchen wir ca. eine Stunde, Zeit die man auf dem Rücksitz prima zur Nabelschau einsetzen kann. Draußen rollt das satt-grüne Hill Country vorbei. Von Dürre oder Bränden keine Spur.
In Luckenbach angekommen, stelle ich fest: ist gar nicht mal so grün hier, muss an der Sonnenbrille oder am Rotwein gelegen haben …
Walt Wilkins wurde mir mehrfach verweigert, von allen Fraktionen, Punk-, Metal-, Alternative- und Americana-Aficionados. Zu viel Gewimmer, zu viel Pathos, und überhaupt viel zu viel Country. Ich fand’s im Saxon seinerzeit schon cool (Außenseiter), nachzulesen in früheren Stories. Die Einschätzung, dass es bei 25 Grad in Luckenbach auf der Outdoor-Stage wohl alle gut gefunden hätten, trifft ins Mark der Kritiker. Tja, so ist das, super war der Wilkins, Walt, Songs aus der Heimat und nicht ranzig, ohne Fettstufe, mit einem Hauch Romantik. Wilkins erfüllt alle positiven Luckenbach-Country-Biker-Klischees. Halstücher, Jeans, Cowboyboots, blonde Texanerinnen, Shiner Bock! Was für ein Start!
Drei Akkorde für ein Country-Rock-Halleluja, Micky And The Motorcars machen das, was sie am sichersten draufhaben: simple Unterhaltung für den texanischen Feierabend, die Sonne verschwindet im Hill Country, das Bier in der Shiner-Auffangrinne, die ersten Hutträger drehen sich beseelt (ob von der Auserwählten oder der sich auch beim Tanz in der Hand befindenden Bierflasche können wir nur ahnen) im Kreis, manche auch (meistens später) im Quadrat.
„Hearts From Above“ ist ein gutes Album, die Songs zünden trotz des immer gleich simplen Musters. So eine Art Erbsensuppe, statt Sonntagsbraten, doch der wäre auf die Dauer auch langweilig.
Zwei Rätsel bleiben ungelöst: Ähnlich wie bei mancher politischen Partei als Qualifikation für ein Amt „Frau“ ausreicht, scheint bei Micky für die zweite Klampfe „Bruder“ zu genügen. Frei von Talent und Charisma, gelangweilt, lediglich die Harp-Passagen Gary’s können halbwegs überzeugen. Und über die Vocals hängen wir barmherzig den Mantel des Schweigens. Ohne Dustin Schaefer, der dem Set den notwendigen Druck verleiht, wäre das eine harte Bruchlandung. Das zweite Rätsel sind Preise und Auswahl am Merch-Stand. Dennoch: Shiner-Flasche nach oben, war i. O., in Luckenbach sowieso.
Die in Texas größeren Reckless Kelly zeigen in der Luckenbach Dance Hall warum das so ist.
Die Band um die älteren Braun-Brüder Cody und Willie legen ein 1-a-Red-Dirt-Roots-Rockarbeitszeugnis vor.
Gut abgehangener Sound einer top-eingespielten Kapelle die trotz differenzierterer Songstrukturen immer Spaß macht und gut abrocken kann. Die Cowboy-Boots traktieren den historischen Boden. Die Scheune wackelt. Der Willie-Nelson-Sheriff schaut vorbei, draußen brennt ein Lagerfeuer, drinnen die Bude. Es ist der 14. März. Springbreak. Eine Party „in the middle of nowhere“. Alle Flaschen nach oben. Viva Luckenbach! Viva Reckless Kelly! Davon werde ich später noch erzählen. Die ganze Halle steht, wenn auch gezeichnet.
Es ist zwei Uhr morgens, sofort ins Bett, die harten Tage kommen erst. Der Kühlschrank bleibt heute zu.
Sonntag, 15. März
Über unseren Brunch im Fonda San Miguel könnte man trefflich im Katechismus der katholischen Kirchen nachlesen. Wir schenken uns das.
Es ist Mittagspause, Ruhe vor den harten Tagen, die Gelegenheit eine Stunde bedenkenlos abzuliegen, wird sich nun bis Sonntag kaum mehr bieten.
Unser Langzeitkumpel Justin Black steht mit seinen Big Heart um 16:00 Uhr in 512 6th St auf dem Rooftop, immerhin schreibt Justin das in Facebook. Naja, Amerikaner, 16:00 Uhr kommt Justin schon mal entspannt die Treppe hochgeschlappt, begrüßt uns freudig, im Gepäck drei Exemplare einer Mini-CD die letztes Jahr beim Texas Rockfest mitgeschnitten wurde. Vielen Dank!
Kurzer Soundcheck, die nächste Stunde ist für The Big Heart ein Erfolg, da ca. 20 Leute auf dem Dach ihr Nachmittagsbier trinken und sich ca. 8 Nasen tatsächlich für die Band interessieren. Das muss man sich mal vorstellen. Die Runderneuerung hat richtig gut getan, die Kicking Ass Fraktion erledigt ihren Job. Den Sound kann man getrost zwischen Springsteen, Mellencamp, Petty einsortieren um mal große Namen zu nennen, Tom Gillam wäre ein mittelgroßer. Heartland-Rock, Americana, Roots, das Songwriting stark verbessert, wobei nach wie vor diese eine Killernummer und das finale Mördersolo fehlen. Mit zusätzlicher Unterstützung beim Songwriting (Achim) und einer krachenden Roots- Produktion könnte es doch noch klappen.
Wir laufen zu unserem Meeting-Point ins Woodrow’s und von dort per Taxi Richtung Saxon Pub zur Band of Heathens. Eigentlich müsste Label-Manager ein absoluter Traumberuf sein. Kannst nach Texas fliegen, Bands signen, zu Stars machen, Kohle verdienen, dir selber etwas vom Ruhm anheften, dich bewundern lassen, mit Musikern abhängen, Shiner ziehen, dir von Groupies mit dem Palmwedel den Schweiß auf der Heldenstirn trocknen lassen. Alles Bullshit. CD-Absätze kennen seit Jahren nur eine Kurve: nach unten. Gekämpft wird um jede Scheibe, ein „Return on Investment“ ist längst nicht mehr garantiert. Tja, und dann hast du eine Band an Land gezogen, auf die die immer spärlicher werdende Roots-Kundschaft (bedingt durch die biologische Auslese) in Deutschland, evtl. sogar in Europa, gewartet hat: The Band of Heathens.
Was haben wir für phänomenale Shows erlebt, BRCP 2008 in Isernhagen, Antone’s 2009, Frankfurt, Heilbronn, Amsterdam-Café in Austin, Colos-Saal in Aschaffenburg … Der kommerzielle Overkill im Antone’s (2011) zur Release-Party von „Top Hat Crown …“ erschien uns seinerzeit nicht als Fanal, obwohl Trevor Nealon (damals noch als Gastorgler) den erdigen Rootssound schon zugekleistert hat. Noch nicht. Es spricht unstrittig für die Hauptprotagonisten Ed Jurdi und Gordy Quist, dass sie nach dem Abgang der Brandmarks Brooks, Whitney, Chipman und mehreren Besetzungswechseln nicht in der einmal erprobten und erfolgreichen Schablone verharren. Nach einem derartigen personellen Aderlass musste die Band was ändern. Nur, warum so radikal? Die Essenz der „Sunday Morning Record“ ist wohl ambionierter, aber eben bisweilen dröger Sonntagsmorgen-Pop, bei dem der Sound über die Musik siegt. Mehr Wilco, weniger Heathens, die Abkehr vom Roots-Rock, der Paradigmenwechsel zum Klangkosmos intelligenter Popmusik. „A Ghost is Born“ und das leider auch Sonntagnacht im Saxon. Es wäre geradezu unfair, das Keyboardgefrickel Trevor Nealon anzuheften, kompositorisch haben Quist und Jurdi das Sagen.
Hin und wieder blitzt die alte Klasse auf, in Merle Haggards Klassiker „Sing Me Back Home“ z. B., doch die Hoffnung wird ziemlich radikal erstickt, der einst packende Groove von „Medicine Man“ quasi zu Tode stranguliert.
Vor zwei Jahren (oder waren es drei?) im Threadgills zog die düstere Ahnung auf, in welche Richtung sich das Aushängeschild des schwäbischen Labels entwickeln könnte. Unsere Ahnung hat uns nicht getäuscht. Leider. Nein, Labelmanager ist wirklich kein cooler Job.
Montag, 16. März
Die 6. Straße wurde in diesem Jahr bereits am Donnerstag teilgesperrt, eine unbestechliche Botschaft: es geht los, das Fieber steigt.
Wir holen unsere Badges ab, in diesem Jahr wird auch am gleichen Tag der Festivalwälzer ausgeliefert. Wie sie das wieder einmal geschafft haben, diese Amis. Es macht Sinn, einen Tag vor Beginn des Festivals Badge und Guide parat zu haben. Messerscharf erkannt und wir freuen uns über freie Zeit die wir uns mit Freibier vertreiben.
„Kombiniertes Fleischfrühstück“ beim Brasilianer, dann ist BLUE ROSE RADIO SHOW bei Labelmanager Edgar Heckmann im Hotelzimmer, komoderiert von Florian und mir. Bei Shiner Bock stellt Edgar seine neuen Faves vor, wir geben unseren Senf dazu. Später kommt noch der Summer Breeze Manger Achim dazu und berichtet über Festival und härtere Töne. War mal ’ne neue Erfahrung.
Auf unserer Liste ist heut nicht so viel Konkurrenz, wir ziehen gemütlich ins Darwin Pub weiter, da spielt der immer freundliche Tom Gillam, im Erstberuf Radiomoderator (Americana!) im Drittberuf Mitglied und Gitarrist der US Rails auf.
Schöner klassischer Rockset mit dominanten Gitarren, immer schön nach vorne und immer schön drauf auf die Saiten. Edgars Grüße an „Number One Label Artist“ korrigiert Tom mit „Number Two …“ und „Gruß zurück …“ Machen wir! Nicht sonderlich spektakulär aber qualitativ gute Unterhaltung. Störend war lediglich die Armada an überflüssigen Fernsehern, mit allen denkbaren, ebenso überflüssigen Lobpreisungen entbehrlicher Waren.
Per Taxi weiter ins Saxon Pub: The Leavers, 2. Aufguss!
Heute schaffen es immerhin geschätzte 15 People am Kassierer vorbei, die angeherrscht werden: „five bucks – it’s cheap!“ Recht hat er schon und billig ist wirklich nur der Preis.
The Leavers spielen wie vor Wochenfrist mit Relevanz und Ironie einen z.T. veränderten Set, „Dreams“ von Fleetwood Mac oder der sehr coole CD-Opener Corondos Gold. Durch die Hintertür schmuggelt sich Bob Scheider’s Trompeter auf die Bühne, bläst ein Solo und verschwindet wieder, laut räsonierend, durch eben diese Tür. Der skurrille Auftritt wiederholt sich einige Male. Wir sind uns ziemlich sicher, dass die Leavers von dem Gratisständchen mindestens so überrascht waren wie wir. Nochmals Gebrülle, dann ist der Trompeter auf und davon.
Leavers-Sänger Steven Ray Will schenkt uns nach der Show tatsächlich die CD mit den Rough-Mixen. Sind doch nicht alle so oberflächlich.
Wir diskutieren bis Ladenschluss im Woodrow’s. Morgen geht es los!
Dienstag, 17. März
Mittwoch, 18. März
Donnerstag, 19. März
Freitag, 20. März
Samstag, 21. März
Sonntag, 22. März