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Black Crowes

21. Juni 2013, Ancienne Belgique, Brüssel

God’s Got It!

Der Knipser in der Reichsbahn, ähem Bundesbahn, kennt sich aus mit Muggenlatein. Iron Maiden und Bon Jovi am gleichen Tag in der gleichen Stadt. Wer hätte das gedacht? Ich mache das, was man tun sollte wenn man keine Ahnung hat: einfach mal die Klappe halten und sich darum kümmern, dass das Beck’s nicht noch wärmer wird. Es geht westwärts, wir reden über die besten Livealben aller Zeiten, könnte gut sein, das ’ne neue Rubrik ansteht, mal sehen. Die Tickets haben wir in Austin gebucht, nachts um drei, ja wann auch sonst?

Die Krähen haben bei mir inzwischen vollständig den Part der Stones ersetzt. Nur die leiseste Konzertankündigung elektrisiert wie einst. Mit Florian die kleinste Schnittmenge, mit Tommy sowieso, und Heike wird’s überleben. Mindestens.

Donnerstagabend, wir sind kurz unterm Eichstrich, aber am Brüssel-Bahnhof müssen es noch zwei Leffe „auf Press“ sein. Unbedingt.

Flo+Gunther Leffe

Dann irren wir ca. dreimal in die falsche Richtung, das Hotel finden wir trotzdem. Taschen weg und ab ins Pub, keine 50 Meter entfernt. Weit haben wir es wahrlich nicht geschafft, wir verhandeln immer noch die besten Livealben. Florian steuert „Live & Dangerous“ (Thin Lizzy) bei, ich „Weld“. Können beide stehenbleiben, mehr irgendwann in einer neuen Rubrik. Demnächst auf diesen Seiten. Demnächst ist gut, oder?

Black-Crowes-Friday, es regnet, mit unseren Schirmen sehen wir ziemlich bescheuert aus. Weit kommen wir wieder nicht, was soll man auch bei diesem Wetter anstellen, Plattenläden für die Kultur und Pubs fürs Überleben. Wir verhandeln weiter Livealben und springen zwischen Plattenläden hin und her. Heike und Tommy halten im Hotel ihre Nasen ans belgische Bier. Das bringt Ideen: Über Plattenläden könnten wir ja auch mal was machen, der „Record-Collector“ in der Beurstrat haut uns um. Der Shop hat Austinniveau, riesige Blues-/Jazzabteilung, unglaubliches Arsenal an Stones-Boots, wunderbar unaufgeräumt und doch irgendwie systematisch. Auf zweieinhalb Etagen, da reicht ein Nachmittag sicher nicht, wenn man die notwendigen Argumente mit sich führt. Es gibt Hoffnung!

Wir ziehen um ins Pub, heute schon zum dritten Mal, hat was der Laden mitten am Königsplatz. Die Diskussion um die Livealben tauschen wir endgültig gegen das Opener-Rätselraten der Krähen-Show: „Twice As Hard“ ist der Florian-Fave, Tommy wettet nicht, ich bin mir 100%ig sicher: „Jealous Again“, noch zwei Bier und ich riskiere mal was: „Appaloosa“, mit ’ner Ballade anfangen, dann hintendrauf gleich „Jealous…“, ist doch logisch, die Crowes können das. Die Halle ist voll, in ein paar Tagen ist sogar ein Zusatzkonzert angesetzt, naja bei knapp 2.000 People Kapazität auch nicht weiter verwunderlich. 20:30 Uhr, ein Sturm fegt über die ewig Gestrigen, „Jealous, Jeaaaalouuus Agaaaain!“, Mist, ach was egal, die Belgier und die vier deutschen Rock ’n’ Roll-Touris sind aus dem Häuschen, „Jeaaaaaalouuuuus Agaaaaiiiin!“ 2.000 Fäuste geballt Richtung Hallendecke, in den anderen verbliebenen 2.000 ein Bierbecher. Die Brandung der Begeisterung klatscht vor die Bühne, Chris lächelt beseelt. Genauso haben wir uns das vorgestellt, eine knochentrockene Rockshow, die „Atlanta-Rhythm-Section“ um Steve Gorman (dr) und Sven Pipien an den dicken Därmen treibt die Robinson-Brotherhood ziemlich derb an.

BC2

Nix mit Jammugge, vorerst, Luther Dickinson ist zu seinen North Mississippi All Stars heimgekehrt um den Blues zu feiern. Rich Robinson hat sich auf der Bühne nicht nur optisch seinen Platz geschnappt. Von der einstigen Statik seines Spiels ist nichts mehr zu hören. Blues-Rock und Südstaaten-Soul, eher in der kürzeren Variante, stonesy, Humble Pie und Faces, keine 20minütigen Brachial-Drogenorgien. Wir fahren auf beides voll ab, die Marc Ford und Luther Dickinson Phase, exzellente Könner, ebenso wie das rifforientierte knappere Spiel von Young Rich. Dickinson-Nachfolger Jackie Green liefert an der zweiten Gitarre einen ordentlichen Arbeitsnachweis, der von großer Band-Loyalität geprägt ist. Und wenn sein Solospiel ein Tick zu lang war, ist das von Rich noch ’nen Tick länger und auch etwas mehr Fuzz auf der Box.

Rich

Kann uns egal sein, wir sind Zeugen einer denkwürdigen Rockshow. Dass da auch gejammt wird, ist ja nicht die Frage, ein Traffic Cover bietet sich formidabel an, oder auch bei „Wiser Time“. Die Setlist schreit geradezu nach Party, Kracher jagt Kracher wie in allerbesten „Shake-Your-Money-Maker-Tagen“.

Später, bei der Zugabe versucht es auch Chris mit der Gitarre, heute das einzige Mal, was keiner vermissen wird, da Rich dafür das Mikro übernommen hat. Was hätte Luther wohl für Blicke draufgehabt? Für beide! Finale Überraschung : „Oh! Sweet Nuthin’“ aus Velvet Undergrounds „Loaded“. Man hätte es auch kürzer sagen können: „Oh!“

So kannst du einfach nicht ins Bett, in irgendeiner Kneipe erzählen wir uns gegenseitig mit glänzenden Augen von den Südstaaten-Krähen. Es gibt tatsächlich Hoffnung. Im Hotel schmeißen wir die Reste unserer Minibars zusammen und feiern ein Sit-In wie einst John und Yoko bis es hell wird. Fast.

Hotel

Die Tage fordern Tribut, das Bier fest im Griff, lässt mich mein Bewusstsein im Stich. Um 6:00 Uhr morgens bekomme ich endlich die Jeans runter, Forian pennt noch, „Good Moring Captain!“

Setlist:
Jealous Again
Thick N’ Thin
Hotel Illness
High Head Blues
Medicated Goo (Traffic cover)
Ballad in Urgency
Wiser Time
She Talks to Angels
Thorn in My Pride
Soul Singing
Remedy
Hard to Handle (Otis Redding cover)
Hush (Billy Joe Royal cover)
Encore:
Oh! Sweet Nuthin’ (The Velvet Underground cover)
Boomer’s Story (Ry Cooder cover)
The Band:
Chris Robinson (voc, harp, g)
Rich Robinson (g, voc)
Steve Gorman (dr)
Jackie Green (g)
Sven Pipien (b)
Adam MacDougall (keyb)
Die Alben:
Shake Your Money Maker (1990)
The Southern Harmony and Musical Companion (1992)
Amorica (1994)
Three Snakes & One Charm (1996)
Sho’ Nuff (Box Set) (1998)
By Your Side (1999)
Greatest Hits 1990-1999: A Tribute to a Work in Progress (2000)
Live at the Greek (2000, Jimmy Page & The Black Crowes)
Lions (2001)
Live (2002)
The Lost Crowes (2006)
Freak ’n’ Roll ... Into the Fog (2006)
Warpaint (2008)
Warpaint Live (2009)
Before the Frost, Until the Freeze (2009)
Croweology (2010)
Wiser for the Time (2013)

Gunther Böhm

 

 

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