Inga Rumpf + BAP
25. Juli 2012, Zeltfestival, Karlsruhe
Ooh Baby – Atlantis! It‘s getting better!
Nein, das ist kein Etikettenschwindel, auch wenn Wolfgang Niedecken nicht dabei ist. Was soll der auch hier? Gut, ein Duett mit Inga Rumpf, Beast of Burdon z.B., das hätte was. Richtigerweise läuft der Sensationsabend unter der Überschrift „Zöller Network Sessions Vol. 13 feat. Inga Rumpf + BAP“ (ohne Wolfgang). Für die Ahnungslosen (die unsere Seite ja eigentlich nicht anklicken), die Rede ist von Jürgen Zöller, der sich technisch auf den viel zu früh verstorbenen Jeff Porcaro beruft, Toto, (grausame Band) aber eher an Steve Gorman erinnert, dereinst Produzent bei den Monotones, bei Wolf Maahn an der Schießbude und seit einem Vierteljahrhundert der Grooveminister bei BAP. Und die zollen der Chefin des Abends den notwendigen Respekt, die ersten drei Nummern werden vor den ca. 1.000 Musikbegeisterten ohne Inga gespielt. Schon beim instrumentalen Jam-Opener ist klar, ca. 10 Minuten, das wird mehr Funk + Soul + Gospel, keine Panik, kräftig abgerockt wurde auch.
Jürgen Zöller, der inzwischen auch die Regelaltersrente erreicht hat, überrascht zu Beginn mit einem Song, „den ihr vielleicht alle kennt“ : „Like A Rolling Stone“, sein Schlagzeug hat er dabei souverän im Griff, der ganz große Sänger ist er nicht, das Publikum versteht‘s als Geste und so war es wohl auch gemeint. Die Verneigung vor Wolf Maahn (irgendwie waren alle mal bei ihm beschäftigt) kommt so unerwartet wie logisch, „Rosen im Asphalt“ eine der besten deutschsprachigen Bestandsaufnahmen überhaupt, die auch nach knapp 30 Jahren nichts von ihrer Gültigkeit eingebüßt hat. Die Band spielt sich schon ohne die heutige Hauptakteurin in einen bemerkenswerten Zustand, einer Mischung aus Überraschung und musikalischer Perfektion, die aber nie geschliffen sondern rockig-rotzig daherkommt. Ahoi! Heute wird‘s funkig, soulig, gospelig und rockig wird’s auch, sind die ersten Worte von Inga Rumpf und sie löst schon mit dem Atlantis-Klassiker „Friends“ (klar) ihr Versprechen ein. Die 65 sieht man ihr nicht an und die Vocals sitzen an diesem Abend perfekt. Einer der Höhepunkte der Shows ist „How The Gipsy Was Born“ von Frumpy, das nichts an Frische und Energie verloren hat. Eine Zeitreise in beste Krauttage. Dass Tina Turner und James Brown zu Ehren kommen ist einleuchtend, „Undercover Agent For The Blues“ hat Inga Rumpf packender zelebriert als ihre „große schwarze Schwester“ (persönlich gefällt mir die John-Mayall-Version besser) Brown‘s „It‘s A Man‘s World“, perfekt, nicht adaptiert sondern entschlackt und eigenständig interpretiert ohne das Original zu verleugnen. Das ist große Mugge!
Weniger zu erwarten war „Love Hurts“ der Diskotheken-Nahkampfsong von Nazareth aus den 70igern, der die musikalische Extraklasse von Saitenmeister Helmut Krumminga bestätigt. Passt perfekt in die Kiste: „Aus meinem Songbuch“, und sich zur eigenen Identität zu bekennen zählt inzwischen zu den knappen Gütern in unserem Land. Überhaupt sind alle vier BAP-Protagonisten auf dem höchsten musikalischen Level angelangt, Michael Nass ein Hexer an der Orgel, Werner Kopal quasi blindes Verständnis mit Zöller. Die Spielfreude ist greifbar nahe, zum Anfassen, alle sind durch und durch verschwitzt, Krumminga tropft wie ein Kieslaster. So geht „identifizierbare Rockmusik“. Nur so! Kleine Wermutstropfen: Weder Tour noch Platte in Planung. Schade. Mehr davon.
„Have A Little Faith in Me“ werden die meisten wohl mit Joe Cocker in Verbindung bringen, zwei Versionen sind definitiv besser, das Original von John Hiatt und die Fassung des Abends.
So wird’s zum Tollhaus!
Plattenempfehlungen sind an dieser Stelle überflüssig, eine Sammlung ohne „Frumpy Live“ ist keine!
It‘s Getting better!? Glaub ich nicht! Gilt auch für die tolle Location und das erstklassige Publikum!
Gunther Böhm