Blackfield + North Atlantic Oscillation
23. April 2011, Substage, Karlsruhe
I saw it all in the Blackfield
Samstag abend, Sonnenschein, 25 Grad... eigentlich eher die Voraussetzungen für eine geile Rock ‘n‘ Roll-Party als für melancholische Pop-Musik. Aber wenn BLACKFIELD rufen, und das tun sie nicht oft, dann muss man da hin. z. B. in die schöne neue Substage nach Karlsruhe.
Wer mit dem Namen nichts anfangen kann: Blackfield sind das Projekt von Porcupine Tree‘s Steven Wilson mit seinem israelischen Partner in Crime, Aviv Geffen, in seiner Heimat der absolute Megastar. Ihr Sound klingt dann erwartungsgemäß auch nach einer Schnittmenge zwischen den beiden, melancholischer Pop trifft auch die ruhigeren PT-Songs (Lazarus z. B.), und wenn Wilson seine Finger im Spiel hat, dann kommt da in der Regel nur oberste Qualität raus.
Was die genau live so drauf haben, das war ich mir nicht sicher, also auf nach KA! In unter einer halben Stunde waren wir da, Autobahn war schön leer, und da wir auch sofort einen Parkplatz gefunden hatten (außergewöhnlich, denn die Parkplatzsituation ist eigentlich auch der einzige Kritikpunkt an der neuen Substage), konnten wir noch ein Bier auf der Terrasse der nahen Kneipe trinken und mit ein paar Die-Hard-Wilson-Fans fachsimpeln... und gleichzeitig lernen, in wie vielen, nahezu unzähligen, musikalischen Projekten er noch seine Finger im Spiel hat. Scheint, dass der Gute wirklich 24 Stunden am Tag nur Musik macht.
Blackfield hatten noch eine Vorgruppe dabei, die hießen NORTH ATLANTIC OSCILLATION, und genau so verkopft wie der Name, so die Musik. Nette Jungs, aber langweilig.... verzettelten sich in endlosen Nummern zwischen Gitarreneruptionen und schräger Elektronik. Nee, das war war nix.
Pünktlich um 21.15 enterten Wilson, Geffen und drei Begleitmusiker die Bühne und eröffneten mit einem neuen Song; das neue Album „Welcome to my DNA“ hat bei mir noch nicht komplett gezündet, aber das ungewohnt ruppige „Blood“ war ein starker Opener, gefolgt vom Evergreen „Blackfield“, das live einfach toll rüberkommt. Nach einem Block mit glaube vier weiteren neuen Nummern tauchten sie endgültig in ihrem Klangkosmos ab und feuerten eine Hymne nach der anderen raus. Geffen dabei eher der kleine Star mit schwarzer Jacke mit orangenen Leuchtdioden dran (kann man mal anziehen, sowas...), Wilson der Zeremonienmeister im Hintergrund.... wenn dieser kleine unscheinbare Mann seine Klampfe sprechen lässt, dann kommen da unfassbare Dinge raus. zu „Once“ z. B., einen meiner Lieblingssongs, brezelte er ungewohnt dicke Riffs raus, bei anderen Songs ersetzte er die Streicher auf CD mit Gitarre, kein Playback also, sondern spannende Live-Versionen der Lieder, auch begünstigt durch die sehr starke Band; was für ein Drummer! Nach 18 Songs war dann erstmal Schluss, bevor sie für drei Zugaben zurückkamen und Steven erstmal für einen Lacher sorgte, als er „Hello“ unterbrach, weil seine Gitarre nicht ging. Der Roadie zeigte ihm dann, dass er den „Volume“-Schalter wieder aufdrehen müsse. Na ja, Wilson ist halt doch auch nur ein Mensch.
Fazit: sensationeller Auftritt, live noch um einiges besser als auf Platte, einfach anderthalb Stunden tolle Musik von einer sympathischen Band. Natürlich nichts für den Metaller mit Scheuklappen, aber wer mit Wilsons Musik oder meinetwegen auch mit Sachen wie Coldplay was anfangen kann, der darf‘s gerne mal antesten.
Florian Störzer