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Butterfly Overkill

12. Juli 2014, Oftersheim, Kleintierzüchterverein

Bad Weather Blues

In einer besseren Welt gäbe es mehr Wishbone-Ash-Fans!
Irgendwann im Oktober 2013, ich hänge bei Pitsches ab, in Schwetzingens schaurig-schöner Rockkneipe, in der das Publikum so „Retro“ ist, wie der Laden. Ddiese Sorte wird plattgewalzt von Erlebnisgastronomie und Bistrokultur, mit ihr verschwinden die letzten umtriebigen Wirte, denen eine Gitarre mehr bedeutet als Gewinn- und Verlustrechnung.
Fußball ist heute out (so ganz ohne Kohle funzt’s auch bei Pitsches nicht), die Kneipe ist ziemlich leer, wir bejubeln Montreux und Austin, der Wirt schrägen Jazz und Indiegeschrammel, ich Dylan. Da verzicht’ ich gerne auf den FCB …

Es gibt diese Typen, die du vom Stadtbild kennst, oft in der Kneipe triffst, du spürst die gleiche Nonkonformisten-Antenne und dennoch – kein „Tauschgeschäft“, keine Kommunikation.

Das Pilgrimage-Shirt elektrisiert mich. Noch so ein lebender Anachronismus. Wishbone Ash waren schon immer „my rock-band-number two“, packende Leadgitarrenduelle, die Rhythmusklampfe hat’s pulverisiert. Fünf famose Rockalben (bis „There’s a Rub), Monolithe vielschichtiger Gitarrensounds, Improvisationen, die auch jede Jazzkapelle adeln würde. Und nun steht an der Theke der Frontmann einer Coverband. Mit Ash-Shirt. Ich mag keine Coverbands. Eigentlich nicht wirklich. Es kommt auf einen Versuch an, denke ich mir. Dezember fällt aus, Blue-Rose-Party, März fällt sowieso aus, Austin-Overkill. Und, hey, zu den Kleintierzüchtern nach „Offdasche“, wenn das mal nicht cool ist.

Florian hat „Kuttenpflicht befohlen“, Kleintierzüchter erschrecken, der Abend wird eingetrunken. Tatsächlich finden wir eine veritable Gartenanlage vor, mit Bier und Buffet, vom einen machen wir mehr, vom anderen weniger Gebrauch. Florian hat im Februar Ash (die Andy Powell Variante) in Mannheim standhaft verweigert wie Deister am Doppel-Ochser. Butterfly Overkill-Mastermind Matthias Schäuble zeigt sich durchaus gnädig „Bist ja auch 20 Jahre jünger“. Abwarten.

Der Opener Jail Bait fegt alle Zweifel aus dem mit über 100 Nasen gut besuchten Kleintierzüchterheim, nur ganz kurz etwas holprig, schon bei Lizzy’s Cowboy Song, von Metalhead Florian textsicher unterstützt, ist der Vierer voll auf Betriebstemperatur.

Korrespondierende Leadgitarren, der für Ash so typische Twin-Sound, flirrend, sich stets steigernd um sich final, gleich einem Orgasmus, zu entladen. Erstklassige Arbeit an der „Flying V“ im Duell mit Rainer Huckele überzeugend, nicht nach dem Motto: „wer zieht schneller“ vielmehr „wer ist dran“. Butterfly Overkill’s Heldenverehrung kommt dem Ash-Original ziemlich nah. Keine einfache Sache das, die Harmonien sind oft tricky, die Songs verschachtelt, oft laufen mehrere Melodien nebeneinander.
Insbesondere die Ash-Nummern kommen ohne Patina daher, die Detailversessenheit ist greifbar. Bei aller Tendenz zur Konzentration und zur „perfekten Lösung“ steht hier eine geerdete Rockband im Garten, der es scheinbar mühelos gelingt, die 70er in die manchmal dröge Gegenwart zu retten und die Ash-Story, die unverändert anhält zu transformieren. Fest zementiert neben den lokalen Gitarrenhelden von einer unerschütterlich groovenden, bollernden Rhythmusfraktion. Wenn, wie Mastermind Schäuble uns erzählt, „F-U-B-B“ oder sogar „Persephone“ in die Setlist Einzug halten, kann auf den „Floyd-Beifang“ locker verzichtet werden. Der ist der einzige kleine Wermutstropfen an dem sonst perfekten Kleingarten-Rockabend. „Time“ zerbröselt die Reihenfolge, bei Lizzy’s „Dancing In The Moonlight“ sind BO wieder voll auf Kurs. Zep’s „The Rover“ rekapituliere ich eher wie durch einen viktorianischen Schleier, evtl. war ich auch unterwegs zum Bierholen.
„Radar Love“ füllt endlich die Tanzfläche, Southbound uns.

Florian bittet um Absolution und sieht sich Ash auf der nächsten Tour an.
Der Heimweg dauet länger, als wir dachten. Ein Gewitter entlädt sich, Blitze zucken am Himmel.

Bad Weather Blues! Was für eine Nacht!
Ich wusste es: Coverbands – richtig geil!
Manchmal is die Rock-Welt gar nicht so schlecht.

Setlist:
Jail Bait W. Ash
Cowboy Song/Boys Are Back in Town Thin Lizzy
Errors of my Ways W. Ash
Lady Whiskey W. Ash
Lady Jay W. Ash
Rock ’n’ Roll Widow W. Ash (Strat)
Ballad Of The Beacon W. Ash
Blowin Free W. Ash
The King Will Come W. Ash
The Warrior W. Ash
Throw Down The Sword W. Ash
Drumsolo
Breathe/Time Pink Floyd (Strat)
Baby What You Want Me W. Ash (Strat)
Dancing In the Moonlight Thin Lizzy
Phoenix W. Ash
Zugaben:
Money Pink Floyd (Strat)
The Rover Led Zeppelin
Radar Love Golden Earring (Strat)
Southbound Thin Lizzy

Gunther Böhm