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Blue Rose Christmas Party 2012

8. Dezember 2012, Blues Garage, Isernhagen

Sons Of Bill | Reckless Kelly | Paul Thorn + Special Guest: Ryan Bingham

Nach Norden!

Die Zeit flutscht nur so durch die Finger, gerade eben noch in Berlin gewesen, BRCP mit den Cow-Punk-Ladies Baskery, mit „dröhn-dröhn-schepper-schepper-Cody Canada“ ja, und den Heathens mit einem völlig desillusionierten Colin Brooks. Muggenlatein für mindestens fünf Jahre, unterschiedliche Sichtweisen und Bier, Bier, Bier …

Mannomann, eh du dich versiehst, stehst du wieder am Bahnsteig, ein Jahr ist eben doch keine Ewigkeit, freust dich, immer noch dabei zu sein, der grippale Infekt ringt dich nicht nieder. Vielleicht war’s ’ne Warnung, wenn schon, ist schnell vergessen, nur der Augenblick zählt. Saukalt ist’s, gefrorenes Laub weht über den Bahnsteig. Mal sehen, ob die drei (!) Ami-Bands wirklich da sind, sicher sind nur die Sons Of Bill, deren Deutschlandtour schon ein paar Tage läuft. In Amsterdam schneit’s junge Katzen … günstige Prognosen für den reibungslosen Ablauf transkontinentaler Flüge lesen sich anders. Egal, erst einmal rumpeln wir (Florian I & II, Schulzie, Gunther) ziemlich „laid-back“ über die Gleise Richtung Norden. Eine mittlere zweistellige Anzahl Beck’s sind unsere Begleiter und werden der finalen Bestimmung zugeführt, aus dem iPod schleicht sich Irish-Folk, so lass ich mir das Leben gefallen. Manchmal mutet das alles an wie eine Zeitreise in die eigene Vergangenheit, mit einem winzigen Unterschied: Wir haben tatsächlich gültige Fahrkarten und Hotelbetten. So was „Dekadentes“ aber auch … obwohl, so laut wie einst ist keiner mehr, ob das am „partiellen Anzugtragen“ während der Woche liegt? Keine Ahnung, müsste man mal drüber nachdenken!

Für Paul Thorn’s Anwesenheit auf der BRCP bin ich nicht zuständig, der wurde einhellig von der Blue Rose Community gevoted, der Schreiberling hat sich für Reckless Kelly entschieden, eher aus Spaß, das erschien unmöglich, die waren noch nie Deutschland, es gibt weder eine neue Platte noch ist eine Tour in Planung. Wie das geht bei 35 Euro für drei Bands, davon zwei quasi exklusiv für die Party eingeflogen, bleibt ein Rätsel. Da gehört schon eine riesige Portion Musikenthusiasmus dazu.

Hail! Hail! Rock ’n’ Roll!

Völlig danebengelegen habe ich mit meiner internen virtuellen Venueentscheidung, Berlin war mein Favorit, nicht das ich die Blues Garage nicht mag, aber Isernhagen gegen Berlin, das ist wie Bockwurstwasser gegen Single Malt. Wie hab ich mich getäuscht. Vergebung und bitte, bitte nächstes Jahr wieder Isernhagen, Isernhagen, wir fahren nach Isernhagen. Bin auch bereit ein paar Ablassbriefchen an der Theke zu erwerben. However, Fehler müssen auch gedacht werden, alles ist gut.
Tommy und Heike machen sich auf der Empore auf einem Sofa breit. Achtung: Ich meine machen sich breit und nicht sind breit! Der Laden ist voll, lauter Bekannte, Weihnachten halt: Alle Jahre wieder. Manche Dinge scheinen sich nie zu ändern.

Pünktlich legt er los, der Zeremonienmeister Edgar, und ruft seinen ersten Act auf: Sons Of Bill aus Virginia, ein sympathischer Fünfer um die drei Brüder James, Sam und Abe Wilson, vor Jahresfrist im Antone’s schon mal gesehen. Schöner, mitunter filigraner Countryrock mit leichter Indieattitüde, R.E.M.-like, der Countryanteil ist nicht so „Poco-lastig“ wie gerne beschrieben, knackiger, mit smarten Arrangements, selbst das seltener anzutreffende Gitarren-Popappeal fügt sich in den Bandsound ein. Die Duesenberg-Klampfe hat Konjunktur, der Vocals werden schiedlich-friedlich aufgeteilt und das ist schon das einzige Manko: Große Sänger sind Bill’s Söhne nicht. Alles in allem dennoch ein guter Auftritt, klar das da Zugaben fällig sind. Mein sehr persönliches Fazit: Gelungene Show einer guten Band, die auf Platte jedoch besser klingt. Entwicklungspotenzial. (YouTubeLink)

Setlist:
• Siren song
• Joey’s arm
• The rain
• Find my way back home
• Turn it up
• Broken bottles (acoustic)
• The cure
• Rock and Roll
• Roll on Jordan
• This losing fight
• Never saw it coming
• Virginia calling
• Santa Ana winds

Zeit für Bier und Bratwurst.

Edgar meint, „The Weary Kind“ singen zu müssen, jenes grandiose Thema des noch grandioseren Films „Crazy Heart“ (wer den nicht kennt ist selber Schuld), oder, nee, das glaub ich jetzt nicht, da steht der leibhaftige Ryan Bingham auf den Brettern. Na, dann nehmen wir halt Ryan Bingham und verzichten auf Edgar’s Darbietung (remember Mendocino). RB spielt seinen ca. halbstündigen Set voller Hingabe, die Adern im Hals drohen zu bersten, die Stimme ist derart präsent, das er ein ganzes Orchester mühelos an die Wand singen könnte. Gerade mal dreißigjährig mit der Aura eines sechzigjährigen Roadtroubadours, der alles erlebt zu haben scheint und mexikanischen Wüstensand, Rost und Bourbon in der Stimme hat. Entscheidend ist das Weglassen der einen oder anderen Note, die Reduktion auf’s Wesentliche im Stile des völlig zu Recht Oscar prämierten „The Weary Kind“.
Das Fundament liefert Cody Braun, im ersten Job der Geiger und Mandolinenpicker von Reckless Kelly, so authentisch, so eindrucksvoll, so überzeugend, dass man zu der Annahme verpflichtet ist: Die spielen schon immer zusammen. Ein Moment für die Ewigkeit. Back To The Americana Roots. (YouTubeLink)

Florian stolpert ins Hotel um seinen Signierstift zu holen, ich verpeile das völlig, so eine Gelegenheit kommt nicht so schnell wieder.

Zeit für Bier und Bier.

Inzwischen ist eine Riesenstimmung im Laden, wen wundert’s bei dem Line-up. Um es vorwegzunehmen: Die Befürchtung, dass die „Sons Of Muzzie“, a.k.a. Reckless Kelly, gegen Ryan Bingham nicht anspielen können, bewahrheitet sich nicht. Die müssen auch nicht gegen Bingham antreten, die haben ihre ganz eigene Brillanz. Die Brüder Cody und Willy Braun spielen in einer musikalischen Extraklasse, die die anverwandten Motorcars mitunter etwas alt aussehen lassen. Wo bei den Brüdern Micky und Gary nach dem dritten Akkord Schluss ist, spielen Reckless Kelly vertrackte Red-Dirt-Songs in einer anderen Liga. Countryseelig, beherzt, ohne Highspeed, die den Platten hin und wieder anhaftende Langatmigkeit fehlt hier völlig. Überhaupt wirkt die Band topeingespielt, mit blindem Verständnis. Cody Braun wechselt gekonnt zwischen Geige und Mandoline, die er beide mit großer Meisterschaft zum Klingen bringt. Angenehmer Nebeneffekt: Große Ansagen und große Gesten sind nicht ihre Sache, die machen einfach IHR Ding, Country-Rock-Balladen wechseln sich ab mit staubtrockenen Songs aus der Prärie im Midtempo-Gewand. Starker Auftritt, starke Show. (YouTubeLink) Dass Reckless Kelly in Deutschland für ihre Brüder den Support-Act spielen müssen, ist nun nicht mehr zu befürchten. Da Ryan Bingham „außer Wertung“ läuft, absoluter Höhepunkt. Schreit nach Wiederholung, wo auch immer.

Setlist:
• Hiram (?)
• Pennsylvania Avenue
• Castanets
• Good luck & true love
• Ragged as the road
• A guy like me
• Wicked twisted road
• 1952 Vincent Black LIghtning
• Seven nights in Eire
• Wild Western windblown band
• The ballad of Elano Dr Leone
• Snowfall
• Nobody's girl
• Vancouver
• Love in her eyes
• Crazy Eddie's last hurrah
• Lucky town
• Porchlight
----
• $$$ (?)

Zeit für Bier und Bier und Bier

Paul Thorn verzichtet auf’s Florett und packt gleich mal den Säbel aus. Was Crazy-Heart-Schulzie veranlasst, zu retournieren, waren es bisher ein paar halbe Liter Bier, kommt er jetzt mit einer ganzen Flasche (!) Jim Beam angewackelt, das kann ja nicht gut enden … Thorn spielt eine geradlinige, ehrliche Rockshow, Rhythm ’n’ Blues getränkt, selten an Graham Parker aber öfter an Frankie Miller erinnernd, Stones-Riffs im Gepäck, aber niemals mainstreamig. Mit Americana im klassischen Sinne hat das nur noch am Rande zu tun, Southern-Swamp-Soul-R ’n’ B, immer wieder von kurzen, meist autobiografischen Stories unterbrochen, mehr Pimp als Preacher, der mitunter den Zeigefinger anspitzt. Beim finalen „Take My Love With You“ verlässt Paul Thorn die Bühnenbretter um uns den Rockshouter zu zelebrieren. Der rockt wie die Hölle, ach was, der rockt die Hölle. Grande Finale, in jeder Beziehung. (YouTubeLink)

Zeit für Whiskey und Bier.

Von geordnetem Rückzug kann keine Rede mehr sein, es geht drunter und drüber, tausend Gedanken schwirren durch den Kopf (und die Nacht) nicht mehr alle sind klar, Verluste sind dennoch nicht zu beklagen. Völlig egal, wer musikalisch „gewonnen“ hat, die Nacht an sich war der Sieger.

Beim Frühstück beginnt das Warten auf die BRCP 2013, sicher ist, wir werden dabei sein, so Gott will.

Konzertbilder mit freundlicher Genehmigung von Gudi Bodenstein
und Heike Werner, Videos von Gudi Bodenstein
Die Platten

Sons Of Bill

• Sirens
• One Town Away
• A Far Cry From Freedom

Ryan Bingham

• Tomorrowland
• Junky Star
• Mescalito
• Roadhouse Sun
• Dead Horses
• Wishbone Saloon
• Lost Bound Rails

Reckless Kelly

• Millican
• The Day
• Under The Table Above The Sun
• Wicked Twisted Road
• Bulletproof
• Somewhere In Time
• God Luck & True Love
Live At Stubb’s (Acoustic Live)
• Reckless Kelly Was Here (Live)
• Best Of Sugar Hill Years (Compilation)

Paul Thorn

• Hammer And Nail
• Ain’t Love Strange
• Mission Temple Fireworks Stand
• A Long Way From Tupelo
• Pimps And Preachers
• What The Hell Is Goin’ On?

Gunther Böhm

 

 

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