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Death Angel | Dew-Scented | Extrema
Adimiron

28. November 2013, Substage, Karlsruhe

„Kommt nach vorn – hier ist der Metal!“

27. November 2013, 18:46 Uhr: ein Blick ins Mailpostfach fördert eine Nachricht von Nuclear Blast-Jaap zutage: zwei Gästelistenplätze für das Death Angel-Konzert in Karlsruhe gewonnen. Zeitpunkt: fast genau 24 Stunden später. Terminkalender auf Arbeit passt, leider ist in der Kürze der Zeit kein Mitfahrer mehr zu mobilisieren: langes Wochenende in München, anderweitig verplant, Weihnachtsfeier, krank ... sogar die Notlösung „Hab‘ Konzertkarten, komm mit, ich fahre, kannst trinken“ scheitert an der berechtigten Rückfrage: „was für ‘ne Band? Ahne Schlimmes!“. Thrash Metal ist leider nicht jedermanns Sache, und davon gibt‘s im Karlsruher Substage heute ausgiebig!

Wahrscheinlich auch von ADIMIRON, aber die haben bereits um 19:30 Uhr angefangen und trotz wenig Verkehr auf der Autobahn war das nicht zu schaffen. Einen halben Song höre ich noch, als ich gegen 19:55 Uhr im fast leeren Substage (zum ersten Mal sehe ich das hintere Drittel abgehängt) eintreffe, dann gehen die Italiener bereits von der Bühne. Schade, beim nächsten Mal vielleicht!

Nach einer rekordverdächtigen Umbauzeit von unter zehn Minuten stehen bereits ihre südeuropäischen Landsleute von EXTREMA auf der Bühne; obwohl diese bereits seit 1986 aktiv sind, ist mir lediglich der Name geläufig. So wie heute klangen sie bestimmt nicht immer, sehr modern, groovig und äußerst Pantera-lastig tönt das aus den Boxen und auch Sänger Gianluca Perotti hat nicht nur eine Frisur wie Phil Anselmo anno 1991 sondern auch eine sehr identische Motorik auf der Bühne. Und leider auch Phils Auftreten, denn Signore Perotti findet es wohl gar nicht lustig, dass viele Zuschauer sich im hinteren Teil der Halle aufhalten und das ganze erst einmal zurückhaltend betrachten anstatt gleich wie Zäpfchen zu seiner Band anzugehen. Dementsprechend angepisst und äußerst unsympathisch präsentiert er sich zu Beginn der Show, was aber (zumindest bei mir) eher ein wenig zur Belustigung beiträgt. Vielleicht sollte ihm mal jemand sagen, dass man als Vorband ab und zu sich sein Publikum erspielen muss und das geht nicht, indem man die Leute in den ersten Reihen nachäfft, die Audienz beschimpft oder irgendwie unauthentisches Aggro-Verhalten an den Tag legt. Schade eigentlich, denn die Musik ist gar nicht schlecht – natürlich fehlt hier die Genialität eines Dimebag Darell oder der tonnenschwere Groove von Vinnie Paul, aber ein paar klasse Riffs, prägnante Hooklines und auch recht guter Gesang sind definitiv da, was sich im Laufe der rund 30 Minuten dann auch in den Resonanzen widerspiegelt. Das dann allzu aufgesetzte „Thank you“-Getue von Signore Perotti wirkt aber auch nicht mehr glaubhaft. Wäre mit professionellerem Auftreten gut gewesen!

„Habt Ihr Bock auf Thrash? Ja? Hätte mich auch gewundert – bei dem Package!“ DEW-SCENTED-Leif ist gut drauf. Schon während der ersten beiden Bands stand er am Merchstand, verkaufte zu superfairen Preisen Platten und Shirts seiner Band und plauderte mit den Käufern. Einige Dew-Scented-Scheiben stehen auch in meiner Sammlung; heißen ja alle mit „I“ vorne und klingen auch alle recht ähnlich ... aber nicht schlimm, da sind echte Kracher dabei, „Inwards“ oder „Impact“ z. B., Highspeed-Thrash-Bretter, die gerne mal an der Grenze zum Death Metal kratzen. Und auch live zeigt sich die Band als echte Bank: zwar schafft es der Soundmann bei den ersten Stücken nicht, mehr als Drums und Gesang erklingen zu lassen, aber dieses kleine Manko ist schnell behoben und die mittlerweile komplett holländischen Musiker zeigen sich als eingespielte Einheit, die die größtenteils rasend schnellen Thrash-Abrissbirnen extrem präzise rausprügelt. Bandchef und Sympathieträger Leif Jensen schafft es hierzu spielend, das anfangs auch hier zurückhaltende Publikum mit launigen Ansagen und kühlem norddeutschen Humor anzustacheln („Wir sind das erste Mal im Karlsruhe – das letzte Mal in der Region, da waren wir in Stuttgart“) und schreit sich zu den Songs die Seele aus dem Leib. Zu hören gibt es einen bunten Querschnitt aus den „I“-Alben, wobei mir recht viel vom „Impact“-Album im Ohr blieb („Cities of the dead“, „New found pain“, „Acts of rage“) sowie einige Stücke vom aktuellen Album „Icarus“. Nach 45 Minuten ist Schluss, nach den „besten 45 Minuten, die wir jemals in Karlsruhe hatten“ – und in denen sie sich sichtlich ihr Publikum erspielt haben und sicherlich den einen oder anderen neuen Anhänger gewonnen haben. Zugeschaut, Extrema? SO heizt man an!

Beim Headliner DEATH ANGEL dann ein komplett anderes Bild; von der ersten Minute an rasten alle aus. Die Substage ist mittlerweile gut gefüllt und obwohl die fünf aus San Francisco mit zwei neuen Stücken vom erst vor wenigen Wochen erschienenen Album „The dream calls for blood“ eröffnen, tobt er Pit vom ersten Ton an und nach dem dritten Song gibt es Sprechchöre. Selten so etwas erlebt bei einem Clubkonzert, aber im Thrash-Bereich gibt es in meinen Augen auch keine packendere Liveband, von Annihilator mal abgesehen. Hab der Bühne ist ständig Action, irgendwer ist immer in Bewegung und dass, obwohl die Nummern beileibe kein 08/15-Haudrauf-Material sind – unfassbar, was da für eine Energie von der Bühne kommt, und das ganze sympathisch und natürlich, ohne irgendwelches künstliches Aggro-Gehabe. Seit dem Umbruch 2009 spielen sie jetzt mit der „neuen“ Rhythmusgruppe Damien Sisson und Will Carroll, haben laut Fronter Mark in einer seiner ersten Ansage nie ans Aufhören gedacht (auch, wenn natürlich der Exoten-Bonus der fünf Cousins von den Philippinen nicht mehr da ist), mehrere hundert Konzerte runtergerissen – „that‘s what you call a band!“ Recht hat er, was sie heute wieder abliefern ist einfach sensationell. Gut, die Setlist, da kann man immer meckern, heute ist sie sehr auf neue Songs ausgerichtet, fast die Hälfte stammt vom (starken!) neuen Album, und wäre man ein Ewiggestriger, könnte man sich nun beschweren, dass der Klassiker „The Ultra-Violence“ zu kurz kam, kein „Voracious souls“, kein „Kill as one“... aber gut, auf der letzten Tour gab es das Album zum 25jährigen Jubiläum ja auch komplett. Anderthalb Stunden Thrash vom allerbesten gibt‘s auf die Ohren und Death Angel schaffen es spielend, das Energielevel der Show durchgehend am Anschlag zu halten. Kurz vor zwölf ist Schluss, Will Carroll zerbricht mit der bloßen Hand seine Drumsticks und verteilt die Bruchstücke ans Publikum. Geiler Europa-Tourauftakt für eine klasse Band!

Setlist Death Angel:
Left for dead
Son of the morning
Mistress of pain
Fallen
Relentless revolution
Claws in so deep
The dream calls for blood
Seemingly endless time
Succubus
Execution / Don't save me
Thicker than blood
Sonic beatdown
Caster of shame
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Lord of hate
Truce
Thrown to the wolves

Florian Störzer