Pavlov‘s Dog
29. Oktober 2010, Rex, Lorsch
Zwei Stunden im Dreiviertel Takt
Für Rex‘ Verhältnisse eher unüblich – als Vorband tobt „Central Station“ auf der Bühne.
Um es vorwegzunehmen, da stehen gute Musiker auf den Brettern, mir sagt diese Mixtur aus schwerem Metal mit kryptischen Texten (Orpheus & Eurydike usw.) nicht so zu. Alles schon mal gehört, über alles auch schon mal gelächelt, wirkt auf mich wie Eloy auf Acid. Einzig die Sängerin versteht wirklich zu glänzen, bewegt Sie sich zwischen den Koordinaten Tamara Danz (optisch) frühe Nina Hagen (Show und Gesang) und Kate Bush (Gesang der besseren Tage, wenn man‘s denn brauchen kann) Beim Publikum kommt‘s schon ganz gut an, ein paar CD‘s werden auch verscherbelt. Hat sich doch gelohnt, Bekanntheitsgrad gesteigert, Applaus eingeheimst, Scheiben vertickt.
Pünktlich um 20:30 Uhr betritt der Falsett-Magier mit Rockgestus das Podium. Hamsterkinn und Dackelfalte, der „Rest“ der Band könnte soeben einem Charles Dickens Roman entsprungen sein, Bohemians, wahre Freaks eben mit 70er-Habitus.
Man muss schon sehr genau hinhören, um hinter der Stimme David Surkamp zu entdecken, dem unbestrittenen Frontmann des Pawlowschen Hundes. Die ersten zwei Songs sind leider komplett hinüber und wir ahnen für den heutigen Abend Übles. Mitnichten und Mitneffen, ab dem dritten Song „Angelina“ erklingt das glockenklare Surkampsche Falsett. Eine neue Scheibe „Echo & Boo“ gibt´s auch zur Tour. Mehr oder minder offiziell ist dies die 4. Studioveröffentlichung, wobei der dritte Output ja nie so richtig regulär erschien.
Das derzeitige Lineup besteht aus David Surkamp (voc, g, b, mandoline, p, keyb), Mike Safron (dr), Sara Surkamp (voc, g, na ja!!), Nick Schlueter (p, voc), Abbie Hainz (violine, voc), Rick Stelling (b) & Bill Franco (e-g) – für Rockverhältnisse und für eine Band, die sich eher aus der Vergangenheit speist sind das schon „Big-Band-Ausmaße“.
Die sensationelle Violinistin Abbie Hainz stiehlt musikalisch jedoch allen die Show, Frau Surkamp singt, na ja, passabel, die umgehängte Gitarre ist eher ein nettes Accesoire denn ein Musikinstrument. Punktgenau die Beats vom Drummer, dessen Namen ich vergessen habe, der spielt heute zum ersten Mal mit der Band, unglaublich. Das Originalmitglied Mike Safron liegt im Krankenhaus, ich glaube etwas von „Blinddarm“ verstanden zu haben, vielmehr, die Surkampsche Gestik lies dies vermuten.
Um die Band und insbesondere um den Vorsänger ranken sich Gerüchte der besonderen Art.
Vom Heliumschnüffler (Falsett) bis zum Tod durch Erstechen und die plötzliche „livhaftige“ Wiederauferstehung ist da alles geboten. Musikalisch brennt nichts an und überrascht auch nichts (bzw. nicht viel), ab dem dritten Titel „Angelina“ wird zum großen Teil Material der zwei Erfolgsalben „At the Sound of the Bell“ und „Pampered Menial“ bemüht – unter geschickter Promotion der aktuellen Platte. Als Zugabe der Zugaben, die Surkamp mit den sympathischen Worten „The Stupid Way“ erklärt (gemeint ist, nach der offiziellen Show die Bühne zu verlassen, auf Zugaberufe ca. 3 Minuten zu warten um dann zurückzukehren und den ohnehin eingepreisten Zugabenteil zu präsentieren) kommt, ja natürlich „Julia“. Neben uns wurde schon um den Song gezittert.
Der vorletzte Song und eigentliche Kulminationspunkt ist „Bring Back The Good Old Days“!
Genau! Bekanntermaßen stirbt die Hoffnung ja zuletzt.
Gutes Konzert, für den Kauf der aktuellen CD hat‘s aber nicht gelangt. Was will man mehr, vergangene Lagerfeuerromantik verspürt und Kohle gespart. Pavlov‘s Dog Progressivrock?
Nicht legendär aber eine Legende! Ein ganz klein wenig wurden sie sogar zurückgebracht, „die guten alten Tage“, früher war ja bekanntlich auch die Zukunft besser. Netter Abend!
An diese Stelle noch die Alben:
• Pampered Menial (1975)
• At The Sound Of The Bell (1976)
Diese beiden Alben lohnen sich wirklich, dies soll nur ein Hinweis für „Nachgeborene“ sein.
• St. Louis Hounds (1977)
• Third (1994)
• Echo & Boo (2010)
• Live And Unleashed (2011)
Gunther Böhm