Between Thought And Expression
Zum Tod von Lou Reed
* 2. März 1942 | † 27. Oktober 2013
In jedem Puff läuft „Walk On The Wild Side“, täglich, mindestens. Bevor Lou Reed mit dem Hit auf „Transformer“ seine Solokarriere zementierte, war er (gemeinsam mit John Cale) der kreative Kopf von Velvet Underground, der amerikanischen Antwort auf die Stones, psychedelischer, atonaler, radikaler, mit sonorer Stimme der Punk- und Indiebewegung schon zehn Jahre zuvor die Drogen- und Suizidinhalte vorwegnehmend, oft halluzinierend, geschätzt von einer New Yorker Bohemé, unterstützt und angetrieben von Pop-Art-Warhol. Allein das Bananencoverartwork transformierte einen optischen Rausch, Gitarren-Feedback wurde zum Kulturgut.
Es liegt auf der Hand, dass Reed bei seinem immensen Output auch daneben lag, grandioser Glamrock a la „Transformer“ oder die düstere Junkie-Elegie „Berlin“, stehen neben dem belanglosen „New Sensations“, das 1984 weder neu noch sensationell war, „Songs for Drella (einem mit Cale’scher Unterstützung verfassten Warhol-Opus) oder auch das dezent knarzige Gitarrenalbum „Set The Twilight Reeling“ sind zu Unrecht völlig unterschätzt. Ein letzter, noch viel größerer Geniestreich gelang ihm jedoch 1992 mit „Magie und Verlust“.
Zweifellos war Lou Reed auch inhaltlich seiner Zeit voraus, als die Szene noch violett-grüne Bänder in den Haaren trug, räsonierte Reed im zu engen Lederoutfit über Sado-Maso-Praktiken, kokettierte mit einem Sein zum Tode hin. Erst die Beziehung zu Laurie Anderson förderte auch wieder eine optimistischere Grundhaltung. Über die Kollaboration mit Metallica legen wir den barmherzigen Mantel des Schweigens. Und wer weiß, vielleicht erkennen wir den wahren Wert des Albums erst zweieinhalb Dekaden später, Berlin, Berlin! Ein Musikerleben zwischen Dada und Genialität, der seinen Fans oft und zu Recht Unerträgliches zumutete.
Nun also auch Lou Reed, es wird stiller, und ja, es wird auch düsterer!
THE VELVET UNDERGROUND:
The Velvet Underground & Nico (1967)
White Light/White Heat (1968)
The Velvet Underground (1969)
Loaded (1970)
Live at Max’s Kansas City (1972, aufgenommen 1970)
1969 (1974, aufgenommen 1969)
VU (1985, aufgenommen 1968–1969)
Another View (1986, aufgenommen 1967–1969)
Live MCMXCIII (1993)
Peel Slowly and See (1995, 5-CD Boxset aufgenommen 1965–1970)
The Quine Tapes (2001, aufgenommen 1969)
Live at Max's Kansas City (Deluxe-Edition 2005, aufgenommen 1970)
SOLO:
Lou Reed (1972)
Transformer (1972)
Berlin (1973)
Sally Can't Dance (1974)
Rock ’n’ Roll Animal (1974)
Metal Machine Music (1975)
Lou Reed Live (1975)
Coney Island Baby (1976)
Rock 'n' Roll Heart (1976)
Street Hassle (1978)
Take No Prisoners (1978)
The Bells (1979)
Growing Up in Public (1980)
The Blue Mask (1982)
Legendary Hearts (1983)
New Sensations (1984)
Live in Italy (1984)
Mistrial (1986)
New York (1989)
Songs for Drella (mit John Cale, 1990)
Magic and Loss (1992)
Set the Twilight Reeling (1996)
Live in Concert (1997)
Perfect Night: Live in London (1998)
Ecstasy (2000)
The Raven (2003)
Hudson River Wind Meditations (2007)
American Poet (2001)
Extended Versions (2003)
Animal Serenade (2004)
Berlin – Live At St. Ann's Warehouse (2008)
Gunther Böhm