Anyway The Wind Blows

Zum Tod von John Weldon Cale
* 5. Dezember 1938 | † 26. Juli 2013

JJ Cale

Mit dem Unterarm schiebe ich einen Berg von Notizzetteln zur Seite, kreatives Chaos auf dem Schreibtisch und im Kopf, Fragmente und Ideen, gesammelt für einen Rückblick anlässlich Mick Jaggers 70. Urplötzlich wird der geplante Text zur Nebensache, beim Grübeln kommt die Nachricht: die sparsame und angenehm unspektakuläre Gitarre von JJ Cale ist für immer verstummt. Ich gebe es zu: oft sind die Alben nicht gelaufen, manches war einfach auch nur Mittelmaß. Zu Unrecht allerdings wird der im 75. Lebensjahr nach einem Herzinfarkt Verstorbene auf „After Midnight“ und „Cocaine“ reduziert. Cale, der in Tulsa, Oklahoma, aufwuchs und zeitlebens jeglichen Starrummel zutiefst verachtete und Flugreisen mied, verschmolz Blues, Rock und Country zu einer Laid-Back-Americana-Mixtur, lange bevor es „Americana“ überhaupt gab. Ein Meister der Entspannung, der dem Ton hinter dem Ton den Vorzug gab, nie sinnentleert auf der Gitarre rumfrickelte und ganze Musiker-Generationen ob der vermeintlichen Einfachheit seines Spiels in ungläubiges Staunen versetzt hat. Unrast war seine Sache nicht. Es bedarf schon einer gewissen Oberflächlichkeit der Gegenwart, dass zwei seiner bekanntesten Songs oft Eric Clapton zugeordnet werden. Gleichwohl war es Mr. Slowhand, der den Namen JJ Cale in alle Welt trug. Adaptiert, und das wird leider oft übersehen, hat seinen unverwechselbaren Gitarrenstil ein anderer, ganz Großer der Rockmusik: Mark Knopfler. „Six Blade Knife“ um nur einen aus dem Songbook zu nennen, was für ein Monolith Cale‘scher Reduktion, Laid Back zur besten Dire Straits Zeit. Und dass wir an derart einzigartigen Alben teilhaben können, haben wir JJ Cale zu verdanken. Wie auch immer der Musikwind weht, der Eintrag im Great American Songbook ist sicher. Farewell!

Die Alben:
Naturally (1972)
Really (1973)
Okie (1974)
Troubadour (1976)
5 (1979)
Shades (1980)
Grasshopper (1982)
#8 (1983)
Special Edition (1984)
Travel-Log (1990)
Number 10 (1992)
Closer to You (1994)
Guitar Man (1996)
Anyway the Wind Blows: The Anthology (1997)
The Very Best of J.J. Cale (1998)
Universal Masters Collection (1999)
Live (2001)
To Tulsa and Back (2004)
The Road to Escondido (2006, mit Eric Clapton)
Rewind: Unreleased Recordings (2007)
Gold (2007)
Roll On (2009) (DE: #32)
The Silvertone Years (2011)

Gunther Böhm