Am Anfang war der Blues

Zum Tod von Fritz Rau
* 9. März 1930 | † 19. August 2013

„Es ist Unsinn von Wiedervereinigung zu sprechen, es kann nur eine Vereinigung geben.“

fritz rau

Fritz Rau, der jahrzehntelang mit seinem Eisenacher Partner Horst Lippmann, alle veranstaltet hat, die es zu veranstalten gab, („wenn es nur swingt und kein rechter Müll ist“) schneidet Sätze ab wie ein warmes Messer ein Stück Butter. Den signierten Eintrag für unsere Homepage (in seinem Buch „50 Jahre Backstage“) kommentiert er lässig: „Bier- das schreibe ich nur in Deutsch, alles andere ist Unsinn!“ Ein Victory-Zeichen bekommen wir trotzdem für unsere Blues-Arbeit ab.

Zuhause ziehe ich mir die Decke ans Kinn, nun hat es also auch Fritz erwischt, den Blues-Paten und Clubgründer, Geschäftsmann, Choleriker und letzten Impresario, der sich selbst mit leichtem Understatement als Konzertkartenverkäufer beschrieb. Ein Riese in der Zunft oder um es mit den Stones zu sagen: „Rock’n’Rau Forever“! Der Visionär brachte Bob Dylan auf’s Reichsparteitags-gelände in Nürnberg, die Stones zwangen ihn mit sanftem Druck zum ersten Open-Air, für das Maffay-Märchen „Tabaluga …“ haben beide Kopf, Kragen und Privatvermögen riskiert. Das Ergebnis ist hinlänglich bekannt. Und als die Tourneen von Jagger und Co. immer kostspieliger und das Risiko immer unkalkulierbarer wurde, da hat der Fritz dann auch „Nein!“ sagen können. Sein größter Verdienst aber war die gemeinsame Inszenierung (mit Horst Lippmann) der American-Folk-Blues-Festivals, ein musikalischer Südstaatenwanderzirkus im gerade fertig entnazifizierten Deutschland (und restlichen Europa), der Mick Jagger, Keef, Eric Burdon, Alexis Korner, Jimmy Page, Dick Heckstell undundund den 12-Takt-Marschbefehl gab. Was wären die Stones ohne Muddy Waters und was wäre der Blues ohne Fritz Rau? Noch kurz bevor sein Musik- und Musikerherz aufhörte zu schlagen, stand er gemeinsam bei Lese- und Bluesreisen mit Biber Herrmann auf der Bühne. Fesselnd, akribisch, detailgetreu, von Biber musikalisch in Szene gesetzt, nahm er uns mit auf seine Bluesreise. Ein Plädoyer für die Musik. Nun ist der Buchhalter der Träume für immer gegangen. Die Lücke wird niemand schließen.
Am Ende ist der Blues, der Blues ist aber nicht am Ende!
Danke, Fritz!

Gunther Böhm