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Wichtige Alben 2011

von Florian Störzer

2011 war ein verdammt starkes, musikalisches Jahr! Viele Alben hätten es verdient, erwähnt zu werden ... aber ein paar stachen für mich einfach heraus, aus unterschiedlichen Gründen:
Die neue Scheibe der Lieblingsband, das langerwartete Zweitwerk eines Sensationsnewcomers, neuer Klasse-Stoff einer alten Liebe, ein Wahnsinns-Newcomer, eine unerwartete Überraschung ... Gründe kann es viele geben!
Die 15 hier erwähnten sind „nur“ 15 von mindestens 50, die ich eigentlich hätte erwähnen müssen und auch nicht unbedingt die Top 15 des Jahres 2011.
Here we go, in alphabetischer Reihenfolge!

Amorphis | „The Beginning Of Times“

Man kann Amorphis Stillstand vorwerfen. Gleich klingende Alben. Vorhersehbarkeit. Mangelnde Abwechslung. Und das auch irgendwo zurecht, denn „Eclipse“, „Silent waters“, „Skyforger“ und die neue klingen in der Tat sehr ähnlich. Aber das ist im Grunde scheißegal, denn die Platten sind alle toll. Um die (häufiger geäußerten) Vorwürfe positiv zu formulieren: seit dem Sängerwechsel mit „Eclipse“ hat die Band ihren neuen Stil gefunden und perfektioniert, schreibt tolle, emotionale Metal-Songs mit leichtem Folk-Einschlag, teilweise mit durchaus Radiopotential, wenn Tomi Joutsen nicht immer mal wieder die (absolut passenden) Death Metal-Growls auspacken würde. Die neuen Wunderwerke auf „The beginning of times“ heißen z. B. „Mermaid“, „You I need“, „Three words“ oder „Soothsayer“ und von mir aus dürfen sie noch viele solcher Platten machen. Wie in meinem Konzertbericht schon geschrieben: Amorphis kann man sich immer anhören!


The Black Dahlia Murder | „Ritual“

Viele junge Extrem-Metal-Bands aus den Staaten konnten in den vergangen Jahren auch in Europa beachtliche Erfolge feiern; mit den meisten dieser Bands, zumeist im Subgenre Deathcore unterwegs, kann ich nichts anfangen; The Black Dahlia Murder sind die ganz fette Ausnahme. Schon das Debut „Unhallowed“ (2003) prügelte alles zu Staub und trotz ihrer Optik haben sie nichts mit Core-Trends zu tun; das ist klassischer Melodic-Schweden-Death auf Amphetamin, quasi die Blast-Speed-Variante von At The Gates. Nach dem ganz leichten qualitativen Hänger „Deflorate“ (2009) zeigen sie sich auf ihrem fünften Album wieder in Hochform; im Vergleich zum Vorgänger growlt Sänger (Achtung, Zungenbrecher!) Trevor Strnad wieder vermehrt, was den Black Metal Touch minimiert, und der neue Gitarrist Ryan Knight (ex-Arsis ... also ein Könner!) veredelt die Songs mit tollen Soli. Das Intensivitätslevel ist unverändert, obwohl die Blastbeats (gefühlt) ein bisschen zurück genommen wurden, was die Songs noch einen Tick mehr als eh schon in die Elchtodecke rückt. Aber keine Sorge, es wird nach wie vor aus allen Rohren gefeuert, die können das gar nicht anders, glaube ich. Super Album und mein Melodic Death-Highlight 2011!

Chickenfoot | „III“

Chickenfoot‘s zweites Album heißt „Chickenfoot III“. Die alten Säcke haben Humor. Und einen klasse Nachfolger zum Debut aufgenommen. Sammy Hagar, Joe Satriani, Michael Anthony und Chad Smith sind halt Vollprofis und Ausnahme-Musiker. Auf„"II“" grooven sie sich knapp 50 Minuten durch leicht jammig angehauchten Hardrock, bei dem aber niemals sinnloses Solieren oder Selbstdarstellung im Vordergrund steht, was angesichts der Protagonisten nicht unbedingt zu Erwarten war. Hier spielt eine echte Band, die klasse Songs schreibt. Ein tolles Sommer-Hardrock-Album und mit „Different Devil“ einen Anwärter auf den Feel-Good-Song des Jahres. Freue mich auf den Nachfolger. „Chickenfoot VI“ dann?

D-A-D | „DIC.NII.LAN.DAFT.ERD.ARK“

D-A-D sind die tollste Rockband Dänemarks und werden es immer bleiben. Live unschlagbar, unterhaltsam und unglaublich sympathisch rocken sie 500-Mann-Clubs in Deutschland ebenso wie Arenen in ihrem Heimatland. Ein schlechtes Album haben sie auch nie gemacht und ihr elftes, „DIC.NII.LAN.DAFT.ERD.ARK“, zählt sogar zu den besonders guten, das sich in keiner Weise hinter den Großtaten wie „No fuel ...“ oder „Riskin' it all“ verstecken muss. Ein Querschnitt durch die Karriere, klassischer D-A-D-Rock ‘n‘ Roll, doch auch melancholische Anklänge finden ebenso Platz wie die modernen Riffs der „Helpyourselfish“-Phase. 12 Songs, 12 Granaten, gemacht für die Bühne. Möge Danish Dynamite noch lange weiterrocken!

Einherjer | „Norrøn“

Einherjer haben den Viking Metal mitbegründet. Als sie 2004 die Segel strichen, war „ihr“ Musikstil gerade im Begriff, das große Ding zu werden und wurde in den Folgejahren von Heerscharen unterklassiger Bands mit Flöten und Akkordeons überrannt, die Mettrinken und Feiern propagierten und den Viking Metal zur Party machten. 2011 sind die Begründer wieder da und knallen dem feierwütigen Volk ein Album vor den Latz, das klarstellt, worum es geht. Wie Thor‘s Hammer fährt der Opener und Quasi-Titelsong „Norrøn kraft“ auf die Nachahmer nieder; ein 13-minütiger finsterer Monolith mit kernigen Riffs, den typischen Einherjer-Leads, hymnischen Chören, der durch und durch nordischen Spirit atmet. Nix mit Party hier. Einherjer benötigen auf ihrem Comeback nur 6 Songs und knapp 40 Minuten, um sich wieder eindrucksvoll in der Szene zu positionieren. „Norrøn“ bringt alle Facetten dieses Musikstils mit sich, mal zornig/grimmig, dann folkig/fast tanzbar (also doch ein bisschen ... man höre „Alu Alu Laukar“) und zum Ende dann elegisch in bester Bathory-Tradition („Balladen om Bifrost“). Hammer-Comeback.

Exhumed | „All guts, no glory

Manchmal muss man sich musikalisch einfach mal die Fresse polieren lassen. Und dazu eignet sich das Comeback-Album der US-Splatter-Spezialisten vorzüglich. Exhumed hatte ich eigentlich gar nicht als so überragende Band auf dem Zettel, aber „All guts, no glory“ ist ein erstklassiges Death/Grind-Geschoss, das wirklich alles bietet, was so ein Album braucht: ordentlich Speed zwischen Uptempo und Blast, prägnante Riffs, zweistimmiger „Gesang“ (Gegrunze und Gekeife), super Gitarrenarbeit und prägnante Songs mit Wiedererkennungswert. Teilweise ist das Album sogar unerwartet musikalisch ausgefallen, was die einbrechenden Knüppelparts dann umso brutaler wirken lässt. Horns up and heads off!


Fair To Midland | „Arrows & Anchors“

Vier Jahre haben sich die Texaner Zeit gelassen für ihr zweites „offizielles“ Album, und gelohnt hat sich das Warten auf jeden Fall. Ihre eigenständige Mischung aus Alternative und Prog Rock zündet auch auf Album zwei. Natürlich ist der große Aha-Effekt von „Fables from a mayfly ...“ weg und einen Überhit wie „Dance of the manatee“ schreibt man üblicherweise nur einmal im Leben, aber „Musical chairs“ ist da verdammt nah dran und insgesamt ist „Arrows & anchors“ vielleicht sogar einen Tick abwechslungsreicher als der Erstling und nur unwesentlich schwächer. Jetzt bitte noch auf Tour kommen und deutsche Bühnen zerlegen.

Hayes Carll | „KMAG YOYO“

Jetzt wird es schwieriger, denn in diesem Genre (ich nenne es mal pauschal „Alternative Country“) bin ich noch sehr neu unterwegs ... aber mit Hayes Carll aktueller Scheibe hat es ein Album direkt in die Jahresliste geschafft. An dieser Platte fasziniert mich (neben den tollen Songs natürlich) diese lässige Coolness, mit der Hayes seine Songs rüberbringt. Teilweise hat das schon fast etwas von Dylan‘s „Gesangs“-Stil, und das passt perfekt einerseits zur Musik, einer Mischung aus Country, bisschen Rock ‘n‘ Roll und Rockabilly und Songwriter-Attitüde, andererseits zum gesamten Auftreten von Hayes Carll, den ich zweimal in Austin sehen konnte. Cooler Typ, klasse Musik und auch klasse Texte dazu. Werde ich definitiv weiter verfolgen!

Helheim | „Heiðindómr Ok Mótgangr“

Neben Einherjer hat es mit der neuen Helheim-Scheibe ein weiteres Viking Metal-Album in meine Jahres-Liste geschafft, doch die beiden Platten klingen komplett unterschiedlich. Im Gegenzug zu ihren norwegischen Landsleuten sind Helheim deutlich tiefer im Black Metal verwurzelt und gehen wesentlich harscher zur Sache. Auf der anderen Seite waren sie schon immer sehr progressiv, vielleicht grob in die Enslaved-Richtung, aber ohne diese latenten 70er-Einflüsse. Nordisch-hymnisch, brutal, progressiv ... noch nie haben Helheim das alles so gut zusammengesetzt wie auf „Heiðindómr Ok Mótgangr“. Für die breite Masse dürften sie nach wie vor zu sperrig sein, wer sich aber neben Viking-Klängen auch Black Metal-Raserei nicht verschließt, der findet hier ein sensationelles Album, auf dem es auch im instrumentalen Bereich (klasse Gitarrenarbeit!) viel zu entdecken gibt.

Krisiun | „The Great Execution“

Seit ihrem 2003er-Album „Works of carnage“ verstehen es die drei brasilianischen Brüder perfekt, ihre atemberaubenden technischen Fähigkeiten in erstklassige Death Metal-Geschosse umzusetzen. Es gibt nicht mehr nur durchgängig Dauerfeuer, sondern auch mal den Fuß auf die Bremse. „The great execution“, das achte Album der Band, steckt wieder technisch nahezu den kompletten Rest der Szene in die Tasche und ist das bislang abwechslungsreichste der Band, da die Wechsel zwischen Hyperspeed und Midtempo noch nie so zahlreich ausgefallen sind. Welches der letzten vier Alben nun das Beste ist, da schwanke ich noch ... das 2008er-Massaker „Southern storm“ würde ich vielleicht einen kleinen Tick vor „The great execution“ einordnen, da die Songs seinerzeit ein bisschen kompakter ausgefallen sind; aber die Unterschiede sind marginal und Krisiun gehören live wie auf Konserve zur Speerspitze der Death Metal-Szene.

Leprous | „Bilateral“

Mein „Erstkontakt“ mit Leprous war spät, 30.12.11, Vorprogramm von Amorphis. Wie im Review auf diesen Seiten nachzulesen, hat mich das ganze neugierig gemacht ... zwar noch nicht komplett überzeugt, aber das machten dann die Alben! Leprous spielen Prog Metal und zwar nicht für den Mainstream, sondern die schräge Variante. Alles an abgefahrener Musik wird hier zusammengeworfen, Mathcore, jazzige Ausflüge, Devin Townsend'scher Bombast ... und all das verbinden die erstklassigen Musiker zu einem hochinteressanten, eigenständigen und vor allem stimmigen Gemisch. Kein easy Listening, definitiv ... alle Facetten des Albums habe ich auch nach vielen Durchläufen sicherlich noch nicht erfasst, aber das ist ja das Schöne an solchen anspruchsvollen Bands. Einziger Kritikpunkt nach wie vor, auch auf Konserve: die harschen Vocals des ansonsten sehr guten Sängers Einar Solberg sind noch ausbaufähig.

Megadeth | „TH1RT3EN“

Dave Mustaine und seine wechselnden Mitstreiter sind eine meiner Lieblingsbands. „TH1RT3EN“ ist ihre, na... ihre wievielte Platte wohl? Nicht alle waren stark, um die Jahrtausendwende schwächelte man ein wenig, aber in den letzten Jahren war Dave wieder mächtig angepisst und die Platten hatten Feuer. „TH1RT3EN“ ist nun wieder ruhiger und midtempolastiger ausgefallen als die thrashigen Vorgänger und fährt eher die melodische „Youthanasia“-Schiene. Die Songs sind teilweise schon etwas älter bzw. Überarbeitungen alter Demonummern, die nun endlich den Weg auf eine offizielle Scheibe gefunden haben. Songs stimmen, technisch sowieso alles jenseits von Gut und Böse, Mustaine singt je nach Sichtweise grandios oder grandios schlecht wie eh und je ... hoffentlich nicht die letzte Megadeth, wie schon öfters gerüchtet ...

Michael Monroe | „Sonsory Overdrive“

Michael Monroe und Ginger Wildheart. Diese Allianz hielt leider nur einen Sommer, aber lang genug, um ein wahres Monster von einem Rock ‘n‘ Roll-Album einzuspielen. Schon der Opener „Trick of the wrist“, eine Blaupause für den perfekten Album-Opener lässt einen verzweifelt die „11“ an der Lautstärkeregelung der Anlage suchen, denn diese Scheibe muss laut gehört werden. Natürlich gibt es Ginger-typische Ohrenschmeichler wie „Superpowered superfly“ zu hören, aber auf der ganzen Scheibe schwingt dieser gefährliche, destruktive Rock ‘n‘ Roll-Vibe mit, der diese Platte vom „easy-Listening-Rock“ fernhält. Hier kracht es an allem Ecken und Enden, ruppige Riffs, qualmende Gitarrensaiten und Monroes Klasse-Gesang. Das Rock ‘n‘ Roll-Album des Jahres.

Nightwish | „Imaginaerum“

Nightwish habe ich lange Jahre belächelt; melodischer Metal mit weiblichem Operngesang, das musste Mist sein. Richtig angehört habe ich mir nie etwas und auf Festivals immer gepflegt ignoriert. Bis mir das 2004er-Album „Once“ in die Finger fiel und das war spitze. Und gar nicht mehr so opernlastig. Seitdem ist viel Zeit vergangen, Sängerinnenwechsel, leichte Stiländerung und nach dem eher schwächeren 2007er-Album „Dark Passion Play“ (gute Songs, aber kein roter Faden) nun wieder ein tolles Album vorlegt. Die Oper ist nahezu durch Musical ersetzt worden, das (Konzept-)Album wirkt aus einem Guss trotz großer stilistischer Vielfalt (von „Musical-Metal“ über Folk bis Jazz-Anklänge), Neu-Sängerin Annette Olzon hat deutlich an Kontur gewonnen, Basser Marco Hietala darf auch immer mehr singen und der Bombast ist an allen Ecken und Enden präsent. Nightwish liebt man oder hasst man nach wie vor. Ich bin bei ersterem dabei!

Noel Gallagher‘s High Flying Birds | „s/t“

Oasis fand ich immer super, und Liam Gallagher‘s „Beady Eye“-Album zeigte auch m. E., wer der große Musiker hinter Oasis war: nämlich sein Bruder Noel. Liam ist der Performer, der Frontmann, der deutlich bessere Sänger, Beady Eye haben mehr laute Gitarren ... und Noel? Der hat die Songs, die großen Melodien, die Epik. Schon der Opener „Everybody‘s on the run“ fährt episches Breitwand-Brit-Pop-Kino auf wie Oasis zu besten Zeiten, vielleicht ein bisschen ruhiger, poppiger. Gunther wird es vielleicht hassen, weil Noel noch einen kleinen Schritt näher an die Beatles und weg von den Stones geht, aber man merkt zu jeder Sekunde: das ist ein bis ins letzte Detail ausgereiftes, durchdachtes Album mit 10 Hymnen, von denen „AKA ... Broken arrow“ vielleicht die größte ist. Wäre unter dem Namen „Oasis“ und nach „Morning glory“ ein Riesenhit in den UK geworden. Well done, Noel!

 

Veröffentlichungen, die mir
in 2011 wichtig waren

von Gunther Böhm

Das ist keine sortierte Liste und schon gar kein Poll, sondern lediglich Scheiben etc. die mich in 2011 auf irgendeine Weise fasziniert oder noch besser, berührt haben – dies ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Wer dies als Empfehlung versteht, sollte wissen, dass der Verfasser tief im Blues und in der Rootsszene verwurzelt ist, der Blick „Over The Border“ ist erlaubt, allemal…

Los geht‘s mit Musik:

George Thorogood
„2120 South Michigan Avenue“

Für mich einer der heißesten Gitarristen überhaupt, dieses Comeback hätte ich ihm allerdings nicht (mehr) zugetraut, lauter Klassiker, einer (g)riffiger als der andere, klassischer Chicago-Sound, was auch sonst, und, reine Mutmaßung, die verdammte Decke des Studio‘s wird er wohl nicht gestrichen haben. Als Vinyl lieferbar! Hammerteil!! Bluesheaven!!!


Revernd Peyton‘s Big Damn Band
„Peyton On Patton“

Unglaubliche Hommage an den Urvater des Country-Blues, Charley Patton, ohne den es Muddy Waters wohl nie gegeben hätte, spartanische, in Mono aufgenommene Patton-Songs, dennoch atmosphärisch dicht, sehr geeignet für zwei Flaschen Rotwein, jedoch völlig unbrauchbar für selbsternannte Soundästheten. Paralleluniversum!

Tom Waits | „Bad As Me“

Wer „Real Gone“, dass komplett ohne Waits-Piano auskam, nicht so gemocht hat, wird hier definitiv fündig, der Regenhund in bester Spiellaune, unverkennbar Keef Riff Hard, endlich wieder eine Waits-Scheibe aus einem Guss, ohne Längen und aufgesetzten Firlefanz. Hat er sich gar gegen Kathleen durchgesetzt? Als Vinyl lieferbar, gute Pressung!

John Hiatt
„Dirty Jeans And Mudslide Hymns“

2011er New West/Blue Rose Veröffentlichung, die nahtlos an den Vorgänger „The Open Road“ anknüpft, identische Band und ein qualitativ zuverlässiger Hiatt, der in den letzten Jahren seine Gefolgschaft nie enttäuscht hat. Wer sich nichts aus Roots-/Country-/Blues und straightem Rock macht – Finger weg, Ansonsten: Kaufen! Als Vinyl erhältlich.

Ha Ha Tonka | „Death Of A Decade“

Ambitionierte „Americana“-Platte, beseelt von The Band oder ähnlichen Verdächtigen, vom Hörer Besitz ergreifender (sehr alternativer) Country-Rock, kein Poco-Feeling, qualitativ astrein, würdiger Nachfolger der 09er „Novel Sounds Of The Nouveau South“.
Als Vinyl lieferbar.

Dave Alvin | „Eleven Eleven“

Zwischen Roots-/ und Blues-Rock pendelnde LP der Extraklasse des Grammygewinners und Kritikerlieblings Dave Alvin. Ein Saitenarbeiter „Extraordinaire“ – unglaublich, dass mir Alvin bisher verborgen blieb. Tipp der Roots-Ikone „Chill“. Danke! Als Vinyl erhältlich.

David Grissom | „Way Down Deep“

Sehr schönes, leider zu kurzes, Gitarrenalbum in bester Exile/Sticky Fingers/Main Offender Manier, aus dem schier unerschöpflichen Austin-Fundus. Play It Loud, Baby!!

Steve Earle
„I‘ll Never Get Out Of This World Alive“

Der Hardcore Troubador, der sich im Titel auf einen Hank-Williams-Song beruft, sprüht vor Spielfreude. Klasse-Album in der eben nicht an Qualtiätsmangel leidenden Gesamtwerkschau des Rootspioniers bevor es das Genre überhaupt gab. Klasse Produktion von T-Bone Burnett, oder trotz T-Bone an den Reglern, keinerlei Effekthascherei. Und das Buch? Dito, siehe unten! Vinyl gibt‘s obendrein.

Hank Shizzoe | „Live At BRCP 2010“ …►

Nach dem sich der erste Schock über die Abwesenheit von Oli Hartung und Michel Poffet gelegt hat, bleibt nur noch ein Fazit: Rockin‘ – Rockin‘ – Rockin‘ !!! – eine beseelte, knochentrockene Rockshow des Slidemeisters, die an die Kollaboration mit Sonny Landreth locker heranreicht. Saustark auch Felix Müller am Bass, souverän wie immer Christoph Beck an den Becken…

BAP | „Halv So Wild“

Schlechter Start zur Fukushima-Katastophe, da geht der Titel nicht durch, aber mehr Stones war nie drin in einem BAP-Album, ohne Soundkleisterei der früheren Bombastrocker Heuser und Büchel. Mein Favorit: „Woröm Dunn Ich Mir Dat Ejentlich Ahn?“, der Abrechnung mit Fußballlegionären und der Leidensfähigkeit der Fans vorgenannter Personen. Kopfnicken und Gänsehaut. Gute Besserung Wolfgang N. Als Vinyl lieferbar.

Deadman | „Live At Saxon Pub“ …►

Debüt auf Blue-Rose des Austin-Sechsers, der sich konsequent zwischen Jam-Rock, The Band, Little Feat und Van Morrison bewegt. Zuckersüße Harmonien, im, bitte beachten, positiven Sinne, drei rockende Gitarren, flirrende Wurlitzer, passt alles perfekt zusammen. Schon erstaunlich, was in einer kleinen Kneipe alles aus- und eingeschenkt wird.

Westernhagen | „Hottentottenmusik“

Nein, bitte nicht schon wieder eine überflüssige Live-Platte mit drögen „Ihr-seid-die-Größten-Ansagen“, das braucht niemand mehr. Obacht, der frühere Träger des orangenen Unterhemdes kehrt zumindest musikalisch auf die Straße zurück und singt wieder geil und laut. Saugute Live R & B-Platte, das was er schon immer am besten drauf hatte, kommt ohne die 327. Version von „Sexy“ aus, bietet dafür mit dem „Pfefferminzblues“, „Nureyev“ und vor allen Dingen mit „Lichterloh“ beste dreckige Rockmusik. Bitte mehr davon – auch von dieser Band. Einen besseren Live-Westernhagen gab es wohl noch nie, jaja, eventuell während der JaJa-Tour. Könnte sein.

Carolyn Wonderland | „Peace Meal“ …►

Jetzt endlich eine Blues-Scheibe in der Liste, wurde auch Zeit. Die inzwischen 40jährige Texanerin glänzt mit einer exzellenten Veröffentlichung. Musikalisch viel näher an Janis Joplin (What Good Can Drinkin‘ Do?) als beispielsweise an Bonnie Raitt. Kurzweiliges Album das keine Fragen offen lässt und zusätzlich durch den ausdrucksstarken Gesang (Golden Stairs) besticht. Kommt auf den Live-Kalender für 2012.

Baskery | „Fall Among Thieves“ …►

Nett anzuschauende Schwedenschwestern die auf der Bühne alles andere als nett sind, sondern unerhört Dampf machen. Stilstisch? Roots-Punk! Yeah!! Angucken, live sind die der Knaller! Gibt‘s auch als Schwarze Scheibe!

Jeff Finlin | „The Tao Of Motor Oil“

Kritiker-/ und Chill-Liebling, wieder einmal ein toller Tipp, der die nicht vorhandene Lücke zwischen John Hiatt und His Bobness schließt. Coole Rootsmusik mit leicht knarziger Stimme, wie könnte es bei dem Vergleich auch anders sein.

Rolling Stones
„Some Girls • Deluxe-Edition“

Prachtausgabe der 78er Stones-Antwort auf Punk- und Discomätzchen, zum Prachtpreis, Zeitgeist pur. Die Box besteht aus dem offiziellen CD-Remaster, einer Unreleased-Bonus-Track-CD (die, man ahnt es schon, zum großen Teil auf Boots erschienen sind), einer DVD mit Promo-Clips, eine 7" Beast Of Burden, einem 100seitigen Buch, einem Helmut-Newton-Druck, 5 Postkarten und, uffz, einem LP-Poster. Wichtiger als die zweifellos opulente Aufmachung ist die Tatsache, das sich auf dem Original mit „Beast Of Burden“ und „Some Girls“ zwei der besten Stonesnummern aller Zeiten befinden. Dem Fan, der den Preis von
ca. 90 € aufbringen kann, sei der Kauf empfohlen.

Rory Gallagher
„Notes From San Francisco“

Unveröffentliches Album von 1978, von dem es freilich das meiste schon gab, und ein 79er Livealbum, zusätzlich ein 38seitiges Büchlein. Schöne Aufmachung, guter Sound, für Fans eine lohnende Investition!

Sicher, hier fehlt einiges, z. B. die „Top Hat Crown…“ von den Heathens, so überzeugt hat mich das Album dann auch wieder nicht und der Abgang von Colin Brooks wiegt sehr schwer. Mal sehen, wo die Reise hingeht.

Weiter geht‘s mit einigen, wenigen Büchern:

Steve Earle
„I‘ll Never Get Out Of This World Alive“

Quasi-Erstlingswerks des Altmeisters der „Handmade Music“, bittersüße Südstaatenballade um Doc Ebersole der Hank Williams mit einer Überdosis Morphium auf dem Gewissen hat und fortwährend von Hank‘s Geist heimgesucht wird. Doc, der Hardcore-Junkie, hält sich mit illegalen Abtreibungen im Milieu von San Antonio über Wasser und erfährt beinahe Heilung durch eine geheimnisvolle Mexikanerin. Doch dann kommt alles anders…
Ein wirklich großes Buch eines großen Songwriters. Schöner Nebeneffekt für Spätgeborene: Wir können Hank Willians „live“ erleben!

Wolfgang Niedecken und Oliver Kobold
„Für ‘ne Moment“

Autobiografie des Kölschrockers, lesenswert, interessant das Horst Köhler mehr Credibility erhält als Major, wer aber auf Schmutzwäsche aus ist, wird mit dem Buch nichts anfangen können. Sehr schöne Schilderung von den Anfängen zum „Jetzt“, kommt einer Zeitreise gleich – mit viel Lokalpatriotismus.

Keith Richards „Life“

„This is them Life. Believe it or not I haven‘t forgotten any of it.“
„Es gibt zwei Arten von Lebewesen auf dieser Welt, die einen Atomschlag überstehen können, Kakerlaken und Keith Richards!“
(Bill Clinton, der Laudator bei der Verleihung des Norman-Mailer-Preises an Keith Richards) – Ohne Worte!

Michael Rauhut
„Das Kunden-Buch“ – Blues in Thüringen

Eine einmalige Mischung aus Freiheitsdrang, Subtilität, Alkohol und Sex einer revoltierenden Jugend im Osten der Republik, die im Südstaatenblues den passenden Soundtrack fand.
Perfekt recherchiert! Respekt!!


… und noch ein Film, der mich sehr bewegt hat.

Sophie Heldman
„Satte Farben vor Schwarz“

Berührendes persönliches Endzeitdrama um den todkranken Fred (Bruno Ganz) und seine Ehefrau Anita (Senta Berger). Die 50jährige Ehe endet nach der Diagnose nicht im Desaster, sondern zeigt Liebe über den Tod hinaus. Brillante Darsteller ohne verklärende Romantik wo es nichts zu verklären gibt. Dem Tod wird der Schrecken genommen. Nüchtern aber grandios. Regt sehr zum Nachdenken an.